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SCHWEINFURT: Erfolgreiche Integration: René ist besonders einsatzbereit

SCHWEINFURT

Erfolgreiche Integration: René ist besonders einsatzbereit

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    Erfolgreiche Integration: René ist besonders einsatzbereit
    Erfolgreiche Integration: René ist besonders einsatzbereit

    Auf die Frage, was er denn am liebsten macht, muss René nicht lange überlegen: Streichen macht ihm besonders viel Spaß. Und dann überlegt er doch noch einmal und sagt: „eigentlich alles.“ Dieses „eigentlich alles“ ist etwas, das René Kratschmer, 20, vielen seiner Altersgenossen voraushat: Ihm macht seine Arbeit Spaß. Jeden Tag auf's Neue.

    René Kratschmer aus Königsberg gehört zu einer Gruppe von Menschen, an die sich seit dem Jahr 2009 eine besondere Form der Förderung der Agentur für Arbeit richtet: Unterstützte Beschäftigung (UB). Mit der UB sollen Menschen mit einer Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden. René hat eine Lernbehinderung. Er braucht einfach etwas länger, um Neues zu verarbeiten. Der übliche Berufsweg hätte ihn nach dem Besuch der Schule zur individuellen Lebensbewältigung der Lebenshilfe in Sylbach in die Werkstatt für Menschen mit Behinderung geführt.

    Aber das wollte René nicht. „Ich wollte immer schon auf den ersten Arbeitsmarkt“, sagt er bestimmt. Und er wusste auch von Anfang an, was er dort machen wollte: Maler werden. Und damit war er Kandidat für den in Schweinfurt ansässigen Integrationsfachdienst (IFD), der im Auftrag der Arbeitsagentur Unterstützte Beschäftigung vermittelt.

    Ansprechpartner und Betreuer beim IFD wurde Karlheinz Mühlbacher. Am Anfang steht immer eine Phase des Kennenlernens. Es werden Stärken und Schwächen des Kandidaten ermittelt, Zielsetzungen erarbeitet, Möglichkeiten abgeklopft. Dann vermittelte Mühlbacher René ein Praktikum in einem kleinen Malerbetrieb in Haßfurt. Was nicht gut funktionierte: „In einem kleinen Betrieb muss jeder alles können. Das war nichts für René“, sagt Mühlbacher.

    Nächste Station: die Malerabteilung der Schweinfurter Firma Amthor. Und hier klappte es. Hier kann René die Facharbeiter mit einfacheren Tätigkeiten entlasten, zum Beispiel beim Abkleben oder Reinigen. Arbeiten, die im Übrigen sehr sorgfältig und genau ausgeführt werden müssen. René tut das, und zwar mit nie nachlassender Begeisterung, die offenbar auch die Kollegen ansteckt: „Am Schluss wollte jeder den René mit auf die Baustelle nehmen“, erzählt Christian Störcher, Assistent der Geschäftsleitung bei Amthor.

    Während des Praktikums blieb Mühlbacher in engem Kontakt mit René und der Firma. Er machte Besuche im Betrieb, wo er nicht nur nachschaute, ob sich René wohlfühlte, sondern auch sondierte, wie die Akzeptanz bei den Kollegen war. Die waren in aller Regel verständnisvoll und hilfsbereit, und wenn doch mal ein Satz wie „Wieso bringt der das jetzt nicht“ fiel, klärte Mühlbacher auf, warum das so ist.

    René steht jeden Morgen um vier Uhr auf, nimmt den Bus von Königsberg zum Bahnhof Haßfurt, den Zug nach Schweinfurt und fährt dann das letzte Stück in den Betrieb im Hafen mit dem Fahrrad. „Dazu sind nicht viele junge Leute bereit.“ Unternehmen müssten sich heute grundsätzlich darauf einstellen, dass Jugendliche im Betrieb „nachreifen“ müssen, weil sie von zu Hause kaum mehr soziale Kompetenz mitbekommen, sagt Störcher, der auch Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren ist. „Das zahlt sich für das Unternehmen dann doppelt aus.“

    „Gerade junge Menschen mit einer Behinderung sind besonders einsatzbereit“, sagt Mühlbacher. „Die wissen, das ist ihre einzige Chance.“ René hat seine Chance genutzt: Am 9. Januar hatte er sein Praktikum angetreten, am 1. Juni hat er bereits einen unbefristeten Arbeitsvertrag unterschrieben – die Daten hat er genau um Kopf. Und darauf sind auch seine Eltern unglaublich stolz. Nun wird René nach Tarif als Helfer bezahlt.

    Eine Erfolgsgeschichte. Für beide Seiten. Sie funktioniert auch, weil er mit Kevin Roßner, dem Leiter der Malerabteilung, einen geduldigen und einfühlsamen Vorgesetzten hat. „René braucht nunmal mehr Betreuung und Anleitung“, sagt Mühlbacher. Roßner könne neue Aufgaben und Arbeitsabläufe gut erklären und nehme sich dafür viel Zeit. Diese Zeit, dieser Mehraufwand des Arbeitgebers also, wird durch einen Eingliederungszuschuss abgegolten, den die Agentur für Arbeit zwei Jahre lang zahlt.

    Christian Störcher ist überzeugt, dass René auch ohne diesen Zuschuss ein wertvoller Mitarbeiter sein wird: „Da ist Renés Bereitschaft, was zu zeigen, seine Motivation. Und viele Tätigkeiten gehen bald in Fleisch und Blut über.“ In der Malermannschaft hat René offensichtlich das ideale Umfeld gefunden. Denn die Kollegen sind auch sonst ziemlich engagiert. Jedes Frühjahr renovieren sie in ihrer Freizeit das Planschbecken im Wildpark. Die Firma stellt nur das Material. „Das ist eine ganz eigene Truppe, die könnte auch gut als eigene Firma laufen“, sagt Störcher stolz.

    Karlheinz Mühlbacher ist sich ziemlich sicher, dass René, wenn er will, sein ganzes Arbeitsleben bei Amthor verbringen kann. Derzeit hat er noch etwa einmal im Monat Kontakt mit ihm. Und er steht bereit, sollte René Rat brauchen, auch wenn die Maßnahme ausgelaufen ist: „Mich kriegst du die nächsten zehn Jahre nicht mehr los.“

    Integrationsfachdienst IFD und Unterstützte Beschäftigung

    Unterstützte Beschäftigung (UB) ist eine 2009 eingeführte Maßnahme der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung. Menschen mit Behinderung sollen nach erfolgreicher betrieblicher Qualifizierung ihre Kompetenzen als Beschäftigte des ersten Arbeitsmarkts einsetzen. Sie umfasst ein betriebliches Training direkt am Arbeitsplatz. Ein geschulter Trainer begleitet im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Qualifizierung vor Ort. Mit Hilfe von Unterstützter Beschäftigung können Unternehmen ohne vertragliche Bindungen und ohne finanziellen Aufwand behinderte Mitarbeiter gewinnen. Im Auftrag der Arbeitsagentur qualifiziert in Schweinfurt der Integrationsfachdienst Menschen im Rahmen der UB mit einer Lernbehinderung im Grenzbereich zur geistigen Behinderung, Menschen mit einer geistigen Behinderung im Grenzbereich zur Lernbehinderung und Menschen mit seelischen Problemen für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Maßnahme dauert in der Regel zwei Jahre.

    Träger des Integrationsfachdienstes Schweinfurt ist die Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi). Die Strukturverantwortung für die Integrationsfachdienste liegt beim Zentrum Bayern Familie und Soziales – Integrationsamt (www.zbfs.bayern.de).

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