(hh) Das Jugendhaus Franz-Schubert-Straße kennt jeder. Dass es die erste Einrichtung der Offenen Jugendarbeit war und von Gisela Garms gegründet wurde, ist nur Insidern bekannt. An die engagierte Kämpferin für die Belange der Jugend erinnert deshalb ab sofort ein Gedenkstein. Standort – natürlich – das Jugendhaus.
Die frühere SPD-Stadträtin Karin Schaffner ist der Motor für die Erinnerung an die 1985 nach schwerer Krankheit erst 60-jährig gestorbene Gisela Garms. In der „Mainleite“, dem Organ des Historischen Vereins, veröffentlichte sie vor geraumer Zeit einen Artikel über Garms' Leben und Wirken in Schweinfurt (wir berichteten). Mit der städtischen Genehmigung für eine Gedenktafel in der Tasche ging es danach ans Spendensammeln. Viele überwiesen Geld, die 1500 Euro der Oskar-Soldmann-Stiftung machten die Realisierung letztlich möglich.
Daran erinnerte bei einer kleiner Feier vor dem Jugendhaus am Montag Werner Bonengel namens der Stiftung. Die von Anne Hess-Willner geschaffene Tafel solle „alle Jugendarbeiter über viele weitere Jahre anspornen“, wünschte sich Bonengel.
Gisela Garms wird im Dezember 1925 in Breslau als Gisela Böhmer geboren. Abitur, nach dem Krieg in Berlin Ausbildung zur Krankenschwester, später Studium der Sozialwissenschaften. Im November 1957 Heirat. Giselas Mann Hilmar Garms kommt als Leiter der Volkshochschule nach Schweinfurt, die Frau im Schlepptau. Das Paar bekommt die Söhne Martin, Klaus und Hanno. Als der jüngste Sohn geboren ist, hat der Vater die Familie schon verlassen.
Blick für soziale Not
Schaffner erinnerte bei der Feier, dass die Erfahrungen als alleinerziehende Mutter ihren Blick für soziale Nöte und Defizite der einfachen Schweinfurter Kinder und Jugendlichen geschärft haben. Die Jungsozialisten, denen Garms angehörte, widmeten sich dem Thema fehlender Spielplätze und speziell dem städtischen Spielhaus. Sie wollten Kindern und Jugendlichen dort einen „Freiraum für persönliche Entfaltung“ schaffen.
Es bildete sich zur Durchsetzung dieser Ziele ein „Förderverein Spielhaus und Abenteuerspielplatz“. Vorsitzende wurde Garms. Schaffner erinnerte, dass Kunsterzieher Herbert Kießwetter damals einen Abenteuerspielplatz plante, „der leider heute noch fehlt“, sagte sie in Richtung Remelé. Schaffner erinnerte auch an die Unterstützung durch den verstorbenen OB Georg Wichtermann und den anwesenden, damaligen Bürgermeister Kurt Petzold. Am 30. März 1974 eröffnete das Spielhaus.
Ab September 1976 wird es Praxisstelle für Berufspraktikantinnen der Fachakademie für Sozialpädagogik, was die tägliche Öffnung ermöglicht. Es gibt eine Kinderkonferenz, eine eigene Wandzeitung. 1979 gründet sich der Jugendclub für die ab 14-Jährigen, das legendäre Sofa, das Martin Garms führte.
Gisela Garms engagierte sich aber auch auf anderen Feldern. Sie vermittelte das erste Frauenhaus, war gegen das KKW Grafenrheinfeld und Atomanlagen. Als aktive Protestantin arbeitete sie in einem Arbeitskreis über Glaubensfragen mit. 1982 erkrankte Garms schwer, verließ die Stadt. Am 4. September 1985 stirbt sie. Der Gedenkstein wird also 25 Jahre nach ihrem Tod enthüllt, in dem Jahr, in dem Garms 85 Jahre alt geworden wäre.
Schaffner freute sich auch, dass alle drei Söhne, die sich aus den Augen verloren hatten, wiedervereint und auch bei der Feier anwesend waren. Für die Brüder dankte Martin (53), der älteste, Karin Schaffner für die Initiative. Über die Anerkennung, könnte sie sie erleben, wäre „meine Mutter glücklich gewesen“. Martin Garms hat einen Blogg eingerichtet für die Schweinfurter, die sich an Gisela Garms erinnern, etwas mitteilen wollen: gisela.garms.eu.
Eine große Frau der Stadt
OB Sebastian Remelé hatte Garms zuvor eine „große Frau der Stadt“ genannt. Ihre Kritik an mangelhaften, zu wenigen Spielplätzen und fehlenden Jugendeinrichtungen sei auf „offene Ohren gestoßen“, sagte er und erinnerte an die heute 80 Spielplätze und sechs Jugendeinrichtungen in Schweinfurt.
Künstlerin Anne Hess-Willner, die Gisela Garms kannte, wollte die von ihr geschaffene Tafel nicht nur als Abbild, sondern als Sinnbild verstanden wissen. Das Portrait zeige, „dass du sie gekannt hast“, lobte Schaffner ihre Arbeit.