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WAIGOLSHAUSEN: Es gibt noch mehr Gräber

WAIGOLSHAUSEN

Es gibt noch mehr Gräber

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    Aus erster Hand: Zum Abschluss der Flächengrabung stellte Grabungsleiter Oliver Specht (links im Bild vor einem Tisch mit keramischen Kleinfunden)) der Öffentlichkeit die Untersuchungsergebnisse vor.
    Aus erster Hand: Zum Abschluss der Flächengrabung stellte Grabungsleiter Oliver Specht (links im Bild vor einem Tisch mit keramischen Kleinfunden)) der Öffentlichkeit die Untersuchungsergebnisse vor. Foto: Foto: Gerald Gerstner

    „Das beeindruckende“ bei der Ausgrabung auf dem Kirchenareal ist für Grabungsleiter Specht der „Gesamtbefund“. Zum Großteil freigelegt wurden die Kirche mit ihrer Vielzahl an einschneidenden Um- und Neubauphasen und der außen herum liegende Friedhof, erklärt der Archäologe. Specht stelle die Untersuchungsergebnisse beim Spatenstich vor.

    Gefunden wurden die Grundmauern einer zehn Meter langen, mindestens frühgotischen steinernen Saalkirche. Das Fundament in Lehmbindung und mit fischgrätig aufgeführten Steinlagen mache eine Datierung auf das 11./12. Jahrhundert „denkbar“, so Specht. Bemerkenswert sei, dass Bestattungen auch diese älteste Saalkirche überlagern. Dies könnte auf einen weiteren hölzernen Vorgängerbaus schließen lassen. Auch die Anfänge des Friedhofs datiert Specht in den Zeitraum 11./12. Jahrhundert, „wenn nicht sogar früher“. Was ein indirekter Nachweis dafür wäre, dass der Ort älter ist als 1060, dem Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung.

    Weiter freigelegt wurden die Mauerreste einer zwiebelschalenförmigen Verbreiterung des mittelalterlichen Saalbaus auf 11,5 mal 16 Meter. Bei der Ausführung dieses barocken Kirchenbaus sind unterschiedliche Bauabschnitte erkennbar. Manches spricht laut Specht für einen spätgotischen Vorgängerbau dieser „echterzeitlichen Kirche“ von 1609. Sicher ist, dass die Kirche 1861 nach Westen verlängert wurde. Stützenreihen zeigen die Lage der Empore im Westen.

    Da die Befunde durch die Ausgrabung zerstört werden, musste alles für eine wissenschaftliche Auswertung dokumentiert werden. So wurden die Grundmauern fotografiert und in Zeichnungen „steingerecht aufgenommen“. Erdgruben wurden tachymetrisch erfasst, die Maße in einem CAD-Plan aufgenommen. Für jede einzelne Bestattung wurde in einem Formular Art, Maße, Ausrichtung und die Lage der Skelettteile sowie Störungen des Befundes festgehalten. Schädel wurden mit Handschuhen geborgen, um spätere genetische Untersuchungen nicht zu stören.

    Neben Bestattungen in Leinentücher konnten auch Sargbestattungen belegt werden. Darauf deuten Nägel-Funde hin. Zu den Besonderheiten zählte eine große Zahl Kleinstkind-Bestattungen in Hohldachziegeln an den Traufseiten der Kirche. Dahinter stand die damalige Vorstellung, dass die noch ungetauften Kinder durch das abfließende Regenwasser nachträglich getauft werden, erklärt Specht. Insgesamt konnten 352 Bestattungen „in situ“ (lateinisch „am Platze“) werden. Diese sehr große Serie stellt laut Specht „quasi einen anthropologischen Querschnitt durch die Bevölkerung Waigolshausens vom 11./12. Jahrhundert bis nahezu zur Industriealisierung dar“. Für eine weitere Untersuchung wurden die Skelette daher zur Anthropologischen Staatssammlung nach München gebracht. Zahlreiche Einzelknochenfunde wurden für eine Wiederbestattung eingesammelt.

    Vollständig freigelegt haben die Grabungen bis auf Gründungstiefe der neuen Kirche die im Boden schlummernde Geschichte nicht. Es gibt noch weitere Bodenverfärbungen und Gräber, sagt Sprecht.

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