Kaum jemand unter 30 dürfte sich an die Zeit vor Arthur Arnold als Euerbacher Bürgermeister erinnern. 24 Jahre lang leitete der mittlerweile 66-Jährige die Geschicke der Gemeinde, immer an seiner Seite als "zweiter Mann", Ewald Schirmer. Aus einer politischen Gemeinschaft wurde Freundschaft, gegenseitig trugen sich die beiden durch bessere und schlechtere Zeiten. Vor der letzten Kommunalwahl entschieden sie, dass es Zeit sei, den Staffelstab weiterzugeben. Im Gespräch über die zurückliegenden vier gemeinsamen Legislaturperioden ist beiden eine tiefe Wertschätzung füreinander sowie Zufriedenheit über das Erreichte anzumerken.
Schon vor der Wahl als Team verabredet
Die Entscheidung 1996 als Bürgermeister zu kandidieren, kam "nicht aus dem hohlen Bauch", wie Arnold, seit 1990 im Gemeinderat, beschreibt. Zwei Jahre zuvor begann er sich Gedanken über das Was und Wie zumachen. "Die Frage ist dann, mit welchen Menschen geht man das an? Auf wen kann man sich verlassen?", beschreibt Arnold. So kam er auf Schirmer. Dieser war nach einigen persönlichen Gesprächen sofort angetan: "Arthur hat mir seine Pläne vorgestellt und beim Obbacher Dorffest 1996 mitgeteilt, dass er mich gerne als zweiten Bürgermeister mit Obbacher Sichtweise dabei hätte." Zwar habe Arnold in Euerbach durch die frühe Festlegung auf Schirmer kritische Töne einstecken müssen, "aber wir haben das dann durchgezogen. Arthur hat nicht taktiert und gemauschelt, sondern wir haben versucht, geradlinig zu arbeiten." Bereut hat Arnold seine Wahl nicht. Als er 2008 einen Herzinfarkt erlitt oder im letzten Jahr wegen der schweren Krankheit seines Sohnes für die Familie da sein musste, stellte Schirmer seine Zuverlässigkeit stets unter Beweis.
Günstiger Zeitpunkt für einen Aufbruch in die Zukunft
Die Zeit, wirklich nachhaltig vor Ort gestalten zu können, war zum Amtsantritt günstig. "Es gab damals einen Generationenwechsel im Gemeinderat. Zuvor hatte sich die Gemeinde vornehmlich auf Pflichtaufgaben konzentriert, nun fing man an, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzten und sich auf diese einzurichten", erklärt Arnold. Unter dem Leitbild "drei Dörfer eine Gemeinde" galt es einerseits das Kirchturmdenken der einzelnen Gemeindeteile abzubauen, andererseits die dortigen Potentiale zu nutzen. Für die Sömmersdorfer Sicht der Dinge wurden Hermann Gessner, später Manfred Peter als dritte Bürgermeister gewonnen.
Auf die Frage, ob die Umsetzung beider Leitbilder (Faszination Kultur und Natur) gelungen ist, antwortet Arnold: "Das typische Dorfdenken bleibt, aber das muss nicht unbedingt negativ sein. Ein Einheitsbrei war nie das Ziel." Dennoch sind "die Spitzen der früher herrschenden Spannungen zwischen den Dörfern abgebaut, Neid gab es ebenfalls nicht. Wir investierten stets dort, wo es notwendig war", meint Schirmer. Viel Dynamik entwickelte die Gemeinde über die Jahre, große Projekt wurden in allen drei Dörfern fertiggestellt oder zumindest angestoßen. Davon zeugen beispielsweise die Dorferneuerung in Obbach, der Kindergartenneu- sowie der Schulanbau und die Erschließung neuer Gewerbeflächen in Euerbach oder die Entwicklung des Passionsspielortes Sömmersdorf. Ebenso war Arnold eine der treibenden Kräfte hinter der interkommunalen Allianz Oberes Werntal. "Da ist zwischen uns Bürgermeistern ein ganz enges Vertrauenverhältnis entstanden und ich kann nur empfehlen, die Allianz gut weiterzuführen", lautet Arnolds positive Bewertung.
Manche Entscheidung hat dem einen oder anderen schon wehgetan
Natürlich lief nicht immer alles reibungslos und mit breiter Zustimmung in der Bevölkerung. "Es gab Entscheidungen wie beispielsweise Straßenbaubeiträge in Euerbach, die schon dem ein oder anderen wehgetan haben", so Arnold, der anfügt: "Dass es da gelegentlich schwerfiel freundschaftlich miteinander umzugehen ist nur verständlich." Weitere kritische Themen waren beispielsweise Windkraft und einige Maßnahmen bei der Obbacher Dorferneuerung, die im April 2016 zu einer Blockade des Ortsausgangs Richtung Euerbach durch die Anlieger führten. Dennoch seien die meisten Entscheidungen laut Schirmer richtig gewesen, wie die Unterstützung von Gemeinderat und Wählern beweist: "Das Gremium hat unseren Weg über vier Perioden mitgetragen und abgewählt worden sind wir ebenfalls nicht." Zudem war intensiver Meinungsaustausch für Arnold noch nie ein Problem, im Gegenteil: "Wenn es beispielsweise in Bürgerversammlungen richtig zur Sache ging und man gefordert war, hat das auch sehr viel Spaß gemacht."
Das selbst entschiedene Ausscheiden bedeutet laut Schirmer viel für die Eigenbewertung: "Andernfalls hätte in der Rückschau immer das Negative überwogen." Doch wie schaut der Ruhestand nun aus für das scheidende Führungsduo? "Die Pfadfinder und der zu ihnen gehörende Zeltplatz sind ja mein Hobby, zudem bin ich privat mit Arbeit ebenfalls sehr eingespannt", gibt Arnold Einblick in seine künftige Zeitgestaltung. Und auch Schirmer wird es als Vorstand des TSV Obbach, Schöffe und Mitglied im Kirchenvorstand nicht langweilig werden.