16. Februar 2013: Es ist bitterkalt. Gegen 17.30 Uhr gibt es in der Jägerstraße einen Riesenknall. Danach ist das Haus Nummer 20 offen wie eine Sardinenbüchse. Die Außenwände von vier Räumen im Erdgeschoss und 1. Stock fehlen – sie hat es einfach weggesprengt.
Großeinsatz von Feuerwehr, Rettungsdiensten, THW, Polizei. Der einzige Bewohner der Doppelhaushälfte wird in ein Krankenhaus gebracht. Die Bewohner der angrenzenden Haushälfte Nummer 18 müssen nicht nur diese Nacht bei Bekannten verbringen. Die Bewohner anderer Häuser werden evakuiert.
Ziemlich genau ein Jahr später ist der schlagzeilenträchtige „Fall“ vor allem versicherungstechnisch – beide Wohnhälften betreffend – noch längst nicht abgeschlossen. Aber wenigstens wohnt die leidgeplagte, auf vier Personen angewachsene Nachbarsfamilie (Nr. 18) nach monatelangem Hoffen und notwendigen Sanierungen wieder im eigenen Zuhause. Von der durch die Gasexplosion stark beschädigte Doppelhaushälfte ist nichts mehr zu sehen, eine neue Stützmauer grenzt zum Unglücksort ab.
Und: Auch strafrechtlich ist die Sache mehr oder weniger erledigt. Der Verursacher, einziger Bewohner und Sohn der Hausbesitzerin (nur zu einem Viertel ist er Miteigentümer) hatte geraume Zeit seine Gas- und Stromrechnung nicht mehr bezahlen können und deshalb mit einem Camping-Gasofen geheizt. Die Polizeipressestelle bestätigte damals auf Anfrage dieser Zeitung, dass die Stromzufuhr zum Unglückshaus zum Unfallzeitpunkt abgestellt war.
Die Brandfahnder der Schweinfurter Kripo stellten später im Abbruchhaus auch einen Gasofen und mehrere Gasflaschen sicher. Offen war lange Zeit noch die Frage Vorsatz oder nicht. Den mittlerweile 39-Jährigen hatte damals eine Boulevardzeitung mit den Worten zitiert: „Ich habe mein Haus in die Luft gesprengt“. Das wäre Vorsatz. Den konnten die mit dem Fall betrauten Brandspezialisten beim Landeskriminalamt aber nicht bestätigen. Die Ermittlungen ergaben, dass der Mann wohl fahrlässig gehandelt hat.
Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt stellte dem 39-Jährigen dementsprechend am Jahresende 2013 einen Strafbefehl wegen „fahrlässigen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tatmehrheit mit fahrlässiger Brandstiftung“ zu, wie Schweinfurts Chefanklägerin Irene Singer auf Anfrage dieser Zeitung bestätigte.
Der 39-Jährige ließ die übliche Einspruchsfrist – sie endete am 14. Dezember 2013 – ohne Reaktion verstreichen. Das heißt: Er akzeptiert den Strafbefehl, der nun Rechtskraft hat, was heißt, dass es zu keiner öffentlichen Verhandlung kommt. Inwieweit allerdings Vater Staat die verlangten 120 Tagessätze zu jeweils zehn Euro, dem wegen der Vermögensverhältnisse niedrigsten Satz erhält, ist offen. Eine Zahlung ist dem Vernehmen nach noch nicht erfolgt.
Der Abriss des Explosionshauses, das wegen des außergewöhnlichen Zustands eine viel besuchte Attraktion war, hatte wegen der Einsturzgefahr erst am 21. März begonnen. Die Arbeiter konnten anfangs nur von einem Hublift aus arbeiten.
Größtes Problem war lange Zeit die gemeinsame Zwischenmauer der beiden Häuser und die teils verbundenen Dachstühle. Der Bau einer zur Absicherung zweiten Stützmauer verzögerte sich dann wegen des notariellen Vertrags, der nötig war, weil diese Mauer auf dem Unfallgrundstück steht. Was damit passiert, ist laut Gerhard Feigl, dem Betreuer der Mutter und Haupteigentümerin, wegen noch nicht geklärter Versicherungs- und Haftungsfragen offen.