Es war keine ganz billige Idee des 30-jährigen gelernten Kaufmanns, von seinem Auto die drei Pfandsiegel abzureißen und falsche Nummernschilder anzubringen. Mit einer Geldstrafe von 3600 Euro bedachte das Amtsgericht Schweinfurt jetzt den rechtswidrigen „Siegelbruch“ und den „Kennzeichenmissbrauch“.
27. Oktober 2011, 14 Uhr: Ein Beamter des Finanzamts Schweinfurt klebt zwischen Türen und Karosserie des Autos des Angeklagten drei leuchtend rote Pfandsiegel, ferner schraubt er die Nummernschilder ab und nimmt sie mit. Grund: Der Halter hat 7000 Euro Schulden beim Finanzamt, und dessen Bediensteter das Fahrzeug des 30-Jährigen hiermit gepfändet. Das soll ihn zum Begleichen der Steuerschuld bewegen.
Der 30-Jährige aber reißt die Siegel ab, die er für „Papierschnipsel“ gehalten haben will – und schraubt ein paar Tage später anstelle der vom Finanzer einkassierten Kennzeichen die entstempelten alten Nummernschilder eines Vorgängerfahrzeugs drauf. Er habe nämlich nicht gewusst, dass das Auto gepfändet worden sei. Beides bleibt dem Finanzbeamten nicht verborgen, als er wenige Tage später – nachdem der Steuerschuldner sich noch immer nicht gerührt hatte – nachschaut, ob das Vehikel auch noch da ist.
Dass er unerlaubt amtliche Siegel aufgebrochen und falsche Kennzeichen angebracht hat, sieht der Angeklagte nicht ein, beziehungsweise beruft sich auf einen Verbotsirrtum. Die Siegel, nach mehrtägiger Abwesenheit erst entdeckt, habe er für Papierschnipsel gehalten, und mit seinen entstempelten alten Nummernschildern könne er doch machen, was er will, solange er mit dem Auto nicht herumfährt. Er habe die Schilder angebracht, weil er Probleme mit der Polizei befürchtet habe, wenn das Auto ohne Kennzeichen auf öffentlichem Gelände steht.
Als der Beamte dem Gericht ein solches Siegel vorlegt, auf dem „Finanzamt Schweinfurt“ steht, halten Richterin wie Staatsanwältin die Verwechslung mit einem belanglosen ein Papierschnipsel für ausgeschlossen, eine reine Schutzbehauptung. Dass der Angeklagte nicht gewusst haben will, dass er kein entstempeltes, nicht für das Fahrzeug bestimmtes Kennzeichen anbringen darf, sei ebenfalls wenig überzeugend. Außerdem schätze Unwissenheit nicht vor Strafe, so die Vorsitzende.
Ein Unrechtsbewusstsein habe der 30-Jährige während der ganzen Verhandlung nicht erkennen lassen, sagt die Anklagevertreterin und fordert für den Mann, der wegen zweier Verkehrsdelikte und eines Computerbetrugs in 20 Fällen vorbestraft ist, eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung und eine Geldauflage von 1000 Euro. Die Einzelrichterin sieht noch einmal von einer Freiheitsstrafe ab und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen a 30 Euro: 3600 Euro – gut die Hälfte der Steuerschuld, die der Mann damals nicht begleichen wollte – und nach Siegelbruch und Kennzeichenmissbrauch doch ganz flott bezahlt hat. Auf sein Auto wollte er wohl doch nicht verzichten.