Jahrzehntelang war für die Justizvollzugsanstalt (JVA) Hadergasse, im Volksmund „Villa Rosa“, der nördliche Nachbar das Parkhaus Hadergasse mit seiner fensterlosen fetten Außenmauer – für ein innerstädtisches Gefängnis unter Sicherheitsgesichtspunkten ideal. Das wird sich ändern: Das Projekt „Neue Hadergasse“ sieht an der Stelle der fensterlosen Parkhausmauer Studentenapartments vor – mit freiem Blick in den Gefängnishof und auf die Hälfte der Hafträume.
Für JVA-Chef Robert Hutter ist diese Planung unter Sicherheitsaspekten ein Albtraum. Sicht-, Ruf- und Wurfkontakt zwischen Wohnungen des Studentenheims und den Gefangenen der JVA sowie dem JVA-Hof müssten unter allen Umständen verhindert werden. Entweder müssten die Planung geändert, also der Baukörper etwa so gedreht oder die Fensterfront in die Gegenrichtung geplant werden, sodass Kontaktmöglichkeiten verhindert werden, oder zwischen JVA müsste die Mauer erheblich erhöht und ein Sichtschutz aufgesetzt werden. Denn das Studentenwohnheim solle mit 13 Meter Höhe die Villa Rosa“ auch noch um rund drei Meter überragen.
„Wir haben davon aus Ihrer Zeitung erfahren“, sagt Hutter. Im Vorfeld sei die Justizvollzugsanstalt als Nachbar nicht in die Planung einbezogen worden. Der Chef der Würzburger Justizvollzugsanstalt, der die „Villa Rosa“ angegliedert ist, wendet sich an diese Zeitung, weil aus seiner Sicht die sechs bis acht Treffen innerhalb eines Jahres von städtischen Fachleuten, darunter die Referenten Jochen Müller (Hochbau) und Jürgen Mainka (Baujurist), dem Staatlichen Bauamt und der JVA bisher zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt hätten.
Seit 1880 stehe an dieser Stelle ein Gefängnis, das die Stadt Schweinfurt als Landgerichtsbezirk mit Land- und Amtsgericht und Staatsanwaltschaft auch heute noch brauche, so Hutter. Für gut drei Millionen Euro sei es in zwei aufwändigen Schritten renoviert und erweitert worden. Letzten Sommer habe eine Experten-Arbeitsgruppe, welche die Sicherheit von Gefängnissen im Innenstadtlage überprüft, den hiesigen Sicherheitsstandard als „sehr gut“ eingestuft. Aber da stand das Parkhaus noch. Mit der Planung „Neue Hadergasse“ ändere sich das gravierend.
Ruf- und Sichtkontakt auf nur 25 Meter zwischen den Apartments des Studentenwohnheims und den Hafträumen sei aus mehreren Sicherheitsgründen nicht akzeptabel: Zum einen könnten auf diesem Weg Informationen zu Häftlingen ausgetauscht werden, die dort wegen Verdunklungsgefahr einsitzen; zweitens könnte von außen auf Gefangenentransporte „eingewirkt“ und schließlich drittens auch Gegenstände wie Handys oder Drogen aufs Anstaltsgelände geworfen werden.
Weder auf die Erhöhung der Mauer auf zehn, elf Meter, noch auf andere Vorschläge, wie eine Drehung des angrenzenden Baukörpers Richtung Stadtmauer oder Einbau der Wohnheim-Fenster nach Norden hin statt zum Gefängnis – „die Stadt hat sich auf nichts eingelassen“. Dass sie für eine Mauererhöhung nur einen geringen Festbetrag zahlen will und nicht wie vorgeschlagen, die Hälfte, sei aus Sicht des Justizministeriums nicht akzeptabel.
Dabei muss die Stadt den Bebauungsplan „Neue Hadergasse“ erst noch durchbringen. Den gibt's noch gar nicht – und die JVA könnte versuchen, ihre Sicherheitsbelange vor Gericht durchzusetzen. „Das wollen wir nicht“, sagt Hutter, aber dass er die Sicherheit der Anstalt gewahrt sehen will, auch für die 30 Bediensteten, für die er Verantwortung trägt, daran lässt er keinen Zweifel.
Was sagt die Stadt dazu? Die Sicherheitsbedenken der JVA würden im Rahmen des laufenden Bebauungsplanverfahrens geprüft und abgewogen. Das sei auch in den zuständigen Gremien noch nicht erfolgt, sondern wegen der Verhandlungen mit dem Staat zurückgestellt worden. Beim Studentenwohnheim handle es sich um eine Planung der Investoren, nicht der Stadt. Ein konkreter Bauantrag fürs Wohnheim liege noch nicht vor.
Weil die Gefängnismauer ein Bauwerk der Staatlichen Bauverwaltung sei, könne die Stadt zu Kosten und Gestaltungsfragen keine Angaben machen, so Baldauf weiter. Was den Sichtschutz betrifft, so liefen die Verhandlungen zwischen Stadt und Freistaat derzeit. Bevor die abgeschlossen seien, „wollen wir uns hierzu öffentlich nicht äußern“.