Das Groschenheft gibt es heuer 40 Jahre. Herausgeber Andreas Erbar hat sich deshalb – mit Blick auch auf das Rückert-Jahr – ein „besonderes Titelbild“ gewünscht. Er fragte beim Schwebheimer Fotografen Peter Leutsch an. Der nahm den Impuls auf und machte sich ans Werk. Das Endprodukt ziert die Maiausgabe des Veranstaltungsmagazins: Friedrich Rückert – in Blau. Eine solche Ansicht vom Orientalisten auf seinem Denkmal wird es wohl nicht mehr geben.
Leutsch weiß um die Einmaligkeit, merkt im Gespräch mit der Reaktion aber ganz bescheiden an: „Ich hoffe, mit diesem Bild einige Betrachter anzuregen, das Denkmal und Rückerts Werk beim nächsten Vorbeigehen mit anderen Augen zu betrachten und neue Beachtung zu schenken“.
Der Fotograf hat sich nicht zum ersten Mal mit dem Rückert-Denkmal beschäftigt
So wie das bei ihm auch wegen des „Auftrags“ der Fall war. Natürlich kennt Leutsch den Dichter Rückert. „Aber wie gravierend meine Bildungslücke war, das wusste ich nicht“, lacht er. Der auf Werbung und Industriefotos spezialisierte Fotograf beschäftigte sich also erst Mal intensiver mit dem Dichter und vor allem auch dem Denkmal bevor er loslegte mit einer Arbeit, deren Umfang er anfangs nicht umriss.
Am Ende „hatte ist 40 Stunden investiert“, berichtet Leutsch.
Angenommen hat er Erbars Bitte dennoch gerne, zumal sich Leutsch eines Fotos vom Rückert-Denkmal erinnerte, das er vor fast 25 Jahren für ein CD-Cover Schweinfurter Musiker machte. Schon der damalige Umgang mit dem Rückert-Denkmal habe ihn gereizt. Es nun nochmals „anzugehen empfand ich als sehr spannend“. Dieses Mal habe er aber nicht wie damals „mit zu vielen Farben ablenken wollen“. Sein aktueller Plan: Konzentration auf Details, akzentuierter mit Licht arbeiten, auch einer mystischen Anmutung wegen.
Das Umgebungslicht machte eine akribische Vorbereitung nötig
Leutsch fertigte einen Beleuchtungs- und Ablaufplan, nachdem er die Lichtsituation vor Ort studiert hatte. Wobei ihn – eine Randbemerkung – wunderte, dass die Stadt das Denkmal im Rückert-Jahr nicht mit vier Lampen illuminiert, ins Licht rückt.
Da nun aber das Umgebungslicht die individuelle Beleuchtung des Denkmals stark einschränkt, entschied sich Leutsch für die so genannte Lightpainting-Technik, dem Malen mit Licht, in diesem Fall mit Blitzlichtern, wie er das beschreibt.
Um das Denkmal seinen Vorstellungen entsprechend zu beleuchten, musste er aber eine Lichtquelle haben – ein bis zwei Meter über dem Kopf Rückerts. Vom Boden aus bedeutete das eine acht Meter lange Teleskopstange, die er mit im Baumarkt gekauften Aluminiumrohren selbst fertigte.
Viele weitere Probleme waren zu lösen: Blitzgeräte müssen aus Entfernung ausgelöst werden, ein Anschluss für die Funkauslösung plus manuelle Auslösung war nötig. Damit der Saft nicht ausgeht, mussten zur Sicherheit weitere Akkus her. Und: Zum Zeitpunkt der Aufnahmen war der Brunnen noch nicht in Betrieb. „Wasser muss ich also mitbringen, 100 Liter Wasser im Fass, und eine Gießkanne einpacken“. Erfreulicherweise sei aber alles perfekt gelaufen, auch weil das Wetter in den drei Stunden an einem Freitag von 20 bis 23 Uhr hielt.
Der fertige Bild entstand aus 30 geblitzten Einzelbelichtungen
Noch ein Wort zur Aufnahmetechnik: Normalerweise wird beim Lightpainting der Kameraverschluss bei möglichst völliger Dunkelheit geöffnet. Mit einer Dauer-Lichtquelle, z.B. Taschenlampe, werden sichtbar zu machende Bildpartien „angemalt“.
Weil es am Markt aber wegen Leuchtquellen nicht dunkel ist, machte Leutsch Einzelaufnahmen, fügte diese etwa 30 geblitzten Belichtungen in der Bildbearbeitung zusammen und stimmte sie nach seinem eigenen ästhetischen Empfinden aufeinander ab.
„Diese Aufnahmetechnik erlaubt es, am Computer die Beleuchtung nachträglich ähnlich einzusetzen wie im Fotostudio“, erklärt er. Auch das fließende Wasser, entsprungen einer Gießkanne, wurde in einer separaten Aufnahme festgehalten und in der Bildbearbeitung eingefügt. Und die Farbe ist angelehnt an das Blau-Magenta, die corporate-design-Farben im Rückert-Jahr. Assistiert hat Leutsch sein Freund, der gelernte Fotograf Martin Ludwig aus Schweinfurt.
„Mir gefällt der Gedanke, dieses Bild nicht nur als technische Herausforderung, sondern auch als meine kleine, persönliche Hommage an das Genie Friedrich Rückert, den Erbauern des Denkmals und dessen Symbolik anzusehen“, sagt Leutsch. Seit er das „einmalige“ Foto gemacht hat und sich deshalb auch wieder intensiv mit Friedrich Rückert beschäftigt hat, „gehe ich mit einem anderen Blick am Denkmal vorbei“.