Großer Andrang beim Einführungsvortrag „Herzrhythmusstörungen Teil 1“ von Prof. Dr. Karl Mischke, seit 1. Juli neuer Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Leopoldina-Krankenhauses. Schnell war der Vortragssaal mit Zuhörern gefüllt, vielen anderen musste der Wiederholungstermin am 20. September um 18 Uhr angeboten werden.
Medizin auf einem hohen Niveau, das sei auch seine Maxime. Doch immer müsse man dabei den Patienten im Auge behalten: Was ist der Nutzen, was ist das Beste für ihn? „Denn nicht alles, was machbar ist, ist auch unbedingt gut für den Patienten“ betont der neue Chefarzt.
Bei Rhythmusstörungen unterscheidet man schnelle und langsame, sowie lebensbedrohliche und nicht bedrohliche Herzrhythmusstörungen. Ausführlich erläutert Mischke den Aufbau und die Funktion des Herzens, besonders die Aufgabe des Sinus- und AV-Knotens. Bei Herzrhythmusstörungen wird zunächst versucht, sie mittels EKG zu identifizieren. Die elektrophysiologische Untersuchung misst die elektrische Impulsgebung und ihre Ausbreitung direkt im Herzen. Auch ein Ereignis-Rekorder kann zum Nachweis von Rhythmusstörungen direkt unter die Haut implantiert werden.
Gutartiges Herzrasen
Anfallsartige Beschwerden beginnen und enden plötzlich, dauern einige Minuten bis Stunden, wobei das Herz häufig regelmäßig schlägt. Die Herzfrequenz liegt oft zwischen 140 und 180 Schläge/Minute, manchmal ist sie so hoch, dass der Puls kaum noch fühlbar ist. Während des Anfalls bestehen Schwächegefühl, Schwindel, Druck auf der Brust oder auch leichte Übelkeit.
Beenden kann man gutartiges Herzrasen durch Luftanhalten plus Bauchpresse, oder durch Rhythmusmedikamente, verhindern kann man es durch dauerhafte Einnahme dieser Medikamente. Allerdings sei dieser medikamentösen Behandlung eine elektrophysiologische Untersuchung und eine Ablation (Verödung) der abnormen Strukturen in der Umgebung des AV-Knotens oder von zusätzlichen Verbindungen zwischen Vorhof und Herzkammer vorzuziehen. Sie erreiche in den meisten Fällen eine endgültige Heilung von plötzlichem Herzrasen, sagt Mischke.
Das Stolperherz (Extrasystolen)
Die Beschwerden beim Stolperherz sind Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Schwitzen, Brustschmerzen, Angst, Schwindel, verstärktes Wasserlassen, aber auch keine Beschwerden. Als Ursachen gelten Stress, Herzkrankheiten, Kalium- und Magnesiummangel, Schilddrüsenüberfunktion, Medikamenten-Überdosierung, Arzneinebenwirkungen, Genussgifte – häufig sind aber keine Ursachen zu finden.
Je nach dem Ergebnis einer umfassenden Diagnostik kommen folgende Therapiemöglichkeiten in Frage: Keine Therapie bei Extraschlägen ohne eine zugrunde liegende Erkrankung. Falls eine solche jedoch vorliegt, sollte das Grundleiden behandelt werden. Oft sei es besser, mit leichtem Herzstolpern unbehandelt zu leben. In Einzelfällen, bei schwerer Beeinträchtigung, seien Rhythmusmedikamente angebracht, eventuell eine Katheterablation. Generell empfiehlt Mischke einen kritischen Umgang mit Rhythmusmedikamenten.
Bedrohliche Rhythmusstörungen
Hier geht es um Rhythmusstörungen, die zu einem plötzlichen Herztod führen können: Die Kammertachykardie und das Kammerflimmern, also abnorm schnelle Herzschläge, die hier von den Herzkammern ausgehen. Der Patient spürt bei einer Herzfrequenz von 160-180 Schlägen/Minute oft nur allgemeines Unwohlsein, bei einer Frequenz von 200-220 Schlägen kommt es zu einem weiteren Abfall des Blutdrucks mit Schwäche, Schwitzen, Engegefühl in der Brust, Luftnot, Todesangst. Bei noch höheren Frequenzen: Weiteres Absinken des Blutdrucks. Abnahme Durchblutung des Gehirns, Bewusstlosigkeit droht. Schlägt das Herz noch schneller, bricht der Kreislauf zusammen: Herz-Kreislauf-Stillstand.
Der Patient ist in wenigen Sekunden bewusstlos und stirbt in den folgenden Minuten, wenn er nicht sofort wiederbelebt wird. In Deutschland versterben etwa 100 000 Menschen im Jahr an einem plötzlichen Herztod. Als Ursache gelten: Koronare Herzkrankheit/Herzinfarkt (75 Prozent der Fälle), Erkrankung des Herzmuskels (15 Prozent). Seltener: Herzklappenerkrankungen oder angeborener Herzfehler.
Im Akuten Notfall: 112
Akuttherapie. Egal, ob bei dem Patienten eine Kammertachykardie vorliegt und er diese bei Bewusstsein erlebt oder ob der Patient infolge von Kammerflimmern bewusstlos zusammenbricht: Es handelt sich immer um einen Notfall, bei dem unverzüglich mit Tel. 112 ein Notarzt/Rettungswagen angefordert werden muss. Bei Herzrasen bei Bewusstsein sollte sich der Patient mit angehobenem Oberkörper hinlegen, bei Herzstillstand sollte ein Helfer sofort mit der Herzdruckmassage beginnen.
Wenn es den Rettungskräften gelingt, einen stabilen Herzkreislauf wiederherzustellen, erfolgt die Weiterbehandlung im neuen Katheterlabor der Klinik mit reduzierter Strahlenbelastung.
Die Therapie
Therapie nach einer erfolgreichen Wiederbelebung: Künstliches Koma, Herzkatheter bei Verdacht auf Infarkt, Wiedereröffnung verstopfter Gefäße, meistens Einsetzen eines Defibrillators, konsequente Behandlung aller Begleiterkrankungen. Vorbeugung plötzlicher Herztod: Beachtung der Beschwerden, die auf eine Herzkrankheit hindeuten: Engegefühl, Schmerzen in der Brust, Atemnot, Schwächegefühl. Warnzeichen, besonders nach Herzinfarkt oder bei Herzschwäche: Schwindel, Ohnmachtsanfälle, abrupt auftretendes Herzrasen. In diesen Fällen ist eine konsequente kardiologische Abklärung dringend notwendig, warnt Mischke.
Am besten sei es natürlich, eine Herzkrankheit nicht entstehen zu lassen, die Risikofaktoren zu kennen und danach zu leben: Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen, Diabetes, erhöhtes Cholesterin. Zur Vorbeugung gehöre auch regelmäßige sportliche Betätigung: Fünfmal pro Woche 30 Minuten sei gut, erklärt Mischke. Und er zitiert zur Bekräftigung den Philosophen Blaise Pascal (1623-1662) „Zu unserer Natur gehört die Bewegung. Die vollkommene Ruhe ist der Tod.“
Zur Person Prof. Dr. Karl Mischke, neuer Chefarzt der Med. Klinik I im Leopoldina, war zuletzt als leitender Oberarzt an der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Aachen tätig, an dem er insgesamt 18 Jahre verbracht hatte. Mischke leitete die dortige „Chest Pain Unit“ zur schnellen Diagnostik und Therapie für Patienten mit akuten Brustschmerzen. Ziel einer solchen Einrichtung ist es, Patienten mit Herzinfarkt oder Angina Pectoris schnell zu identifizieren und einer raschen Behandlung zuzuführen. Er war beteiligt am Aufbau der ersten Herz-Nieren-Station Deutschlands, in der bei Patienten mit Herz- und Nierenerkrankungen ein besonderer Fokus auf die Behandlung von sowohl Herz- als auch Nierenproblemen gelegt wird. Zudem leitete Mischke den Bereich der Rhythmologie. Es sei für ihn eine Freude und Herausforderung, in Schweinfurt die renommierte Medizinische Klinik I von Prof. Dr. Hubert Seggewiß übernehmen und weiterführen zu dürfen, so Mischke.