Schilder, Steine, Möbel, Bilder, Figuren, Apparate und Geräte. Das Industriedepot hinter der Feuerwache am Hainig, ist so etwas wie eine Mischung aus Wunderkammer und Dachboden-Sammlung. Für Historiker wie Thomas Ruppenstein die dingliche Überlieferung der Stadt Schweinfurt. Für Unbedarfte auf den ersten Blick ein liebenswerter Mischmasch. Und für Menschen wie Gerd Ott liegt hier ein Teil ihres Lebens. Ott, 81, war 13 Jahre bei Fichtel & Sachs. „Ich bin einer der letzten Sachs-Kälteleute“, sagt er voller Stolz und legt los. Zeitzeugen-Führung im Depot. Sehr spannend, sehr witzig, sehr informativ – und bis die Klappstühle aufgestellt werden für die Zuhörer auch etwas anstrengend. Nicht jeder ist so fit wie Gerd Ott mit seinem 81 Jahren, dem das alles nicht ausmacht. Er ist in seinem Element.
Ernst Wilhelm Sachs wollte in den 50-er Jahren ein zweites Standbein für die Firma. Idee: Kältemaschinen produzieren. Sachs kaufte eine Firma in Essen auf, die in der Branche tätig war. 16 Millionen Mark sollen geflossen sein, sagt Ott. Die Firma wurde quasi komplett abgebaut, verladen, mit dem Zug nach Schweinfurt gebracht. Ott, gelernter Autoelektriker, hatte eine Zusatzausbildung bei Bosch gemacht, bevor er Sachser wurde. Den Kühlschranklehrgang. Deswegen war er natürlich sofort dabei, als die Firma Männer suchte, die mit Kälte zu tun hatten, wie Ott sich erinnert. Und er erinnert sich gut. „Es ist über 54 Jahre her, dass ich bei der Sachs-Kälte war, aber es kommt mir vor wie gestern.“,
Die Dinger der Essener Firma haben funktioniert, aber Ingenieursarbeit, wie man die in Schweinfurt machte, war das nicht. „Gerumpelt und geeiert hat's.“ Rumgewurschtelt haben die in Essen, sagt er. Sachs dagegen: Echte Qualität.
Die Mission von Ott und den andren: Kältemaschinen von Grund auf aufmöbeln. Und das haben sie getan. Konnten sogar Schweißtechniken, die sonst nur die Amis drauf hatten. Da ist Ott noch heute stolz drauf. Groß sei die Angst vor Industriespionage gewesen, erinnert er sich. So sensationell war die Schweiß-Technik für die gasfeste Klemmenführung.
Zwischenfrage aus dem Publikum: Waren die Kühlgeräte für Privathaushalte gedacht? Nein, sagt Ott. Rein gewerblich. Hersteller von Haushalts-Kühlschränken gab es genug. Zurück zur Geschichte der Sachs-Kälte. Lang wurde getüftelt, dann produziert. Nach eineinhalb Jahren gingen nach Otts Erinnerung täglich 20-30 Maschinen raus. Die waren zwar Meisterwerke der Ingenieurskunst, modern, ausgereift. Aber im Vergleich zu denen der Konkurrenz „zu schwer, zu groß und zu teuer.“ Und dann ist passiert, was Ott noch immer ärgert: „Die haben die Kälte nach drei Jahren sterben lassen.“ Das mit dem zweiten Standbein Kältetechnik blieb ein Experiment. Und Ott durfte noch ein Jahr die Abteilung abwicklen.
Zum Schluss erzählt er noch die Anekdote, wie sich der Konsul (Willy Sachs) zum Besuch in der neuen Abteilung angemeldet hat. Alles was er wissen wollte, war allerdings: „Wo sind die Wickelmädli?“ So hießen die Arbeiterinnen, die laienhaft Draht für Spulen wickelten. Die hat er besucht, und dann war er weg, der Konsul.