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KOLITZHEIM: Gericht kippt Kolitzheimer Satzungen

KOLITZHEIM

Gericht kippt Kolitzheimer Satzungen

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    Mit Bescheiden vom 22. Oktober 2004 hatte die Gemeinde Franz Nickel zu einem weiteren Beitrag für die Entwässerung und für die Wasserversorgung herangezogen. Grund war der Ausbau eines Dachgeschosses. Bei der Nachberechnung des Beitrags für die Entwässerung setzte die Gemeinde mit 18,20 Euro pro Quadratmeter nicht den Beitrag für ein Dach- oder Kellergeschoss, sondern für eine Vollgeschossfläche an.

    Bescheide aufgehoben

    Gegen die Bescheide legte Franz Nickel mit sieben weiteren Gernachern Widerspruch ein. Doch die Gemeinde erkannte den Widerspruch ebenso wie das zu Rate gezogene Landratsamt Schweinfurt nicht an. So zog Nickel vor Gericht und legte Klage gegen die gemeindlichen Satzungen ein. Nach mündlicher Verhandlung kam nun das Verwaltungsgericht zu dem Urteil, das die Bescheide der Gemeinde und des Landratsamts an Franz Nickel und seinen Mitstreiter (sechs waren inzwischen abgesprungen) aufhebt und die Kosten des Verfahrens der Gemeinde Kolitzheim aufbrummt.

    „Kosten viel zu hoch“

    Doch nicht nur das Argument, die volle Verrechnung des Dachgeschosses sei unrechtmäßig, führte Franz Nickel ins Feld. Als Bauingenieur und Mitinhaber des Ingenieurbüros Donnermann & Partner (Kolitzheim) hat er selbst schon einige Baugebiete innerhalb der Gemeinde geplant und abgerechnet. So fand er heraus, dass die für seine Abrechnung herangezogene Kostenschätzung für das Baugebiet „Am Gerolzhöfer Weg“ (Bauabschnitt II) die tatsächlich angefallenen Kosten um beinahe 100 Prozent übersteigen. Seiner Meinung nach sind auch alle übrigen von der Gemeinde angesetzten Kosten für die Neubaugebiete viel zu hoch. Dies hat er auch in seiner Klagebegründung vorgebracht.

    Die Gemeinde sagt dagegen, eine Beitragskalkulation enthalte teilweise in die Zukunft gerichtete Schätzungen. Eine Preissenkung auf dem Tiefbausektor, wie sie bei den Erschließungs- und Baumaßnahmen in den Kolitzheimer Ortsteilen eingetreten ist, sei nicht vorhersehbar gewesen.

    Trotzdem entschied das Gericht, dass Kläger Franz Nickel in seinen Rechten verletzt worden sei. Es stützt sein Urteil vor allem auf die ständige Rechtssprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH). Beim Ausbau eines Dachgeschosses komme es nicht auf die subjektiven Ausbau- oder Nutzungsvorstellungen des Bauherrn an. Entscheidend sei vielmehr, ob der Bauherr sich durch den Ausbau unter objektiven Gesichtspunkten einen Nutzen durch die gemeindliche Wasserversorgung oder Abwasseranlage verschafft. „Das Dachgeschoss muss sich in seinem gegenwärtigen Zustand über das normale Maß einer Speichernutzung hinaus objektiv für eine Nutzung eignen, die den Vorteil aus der gemeindlichen Einrichtung erhöht“, lautet der Orientierungssatz des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, Urteil vom 18. 10. 1996, Az. 23 B 95.3447).

    In der Kolitzheimer Satzung aber heißt es im Paragraf 5, Absatz 2: „Keller und sonstige Nebengebäude werden herangezogen, wenn und soweit sie gewerblich oder zu Wohnzwecken genutzt werden. Dachgeschosse werden nur herangezogen, soweit sie ausgebaut sind.“ Damit, so das Würzburger Gericht, sei nur etwas über die subjektive Vorstellung des Bauherrn gesagt. Weil diese unzureichende Definition der Gemeinde weit reichende Bedeutung für das gesamte Beitragsgefüge habe, erklärte das Gericht die Kolitzheimer Satzungen für insgesamt nichtig.

    Franz Nickel wendet sich nun auch gegen die Aussage von Bürgermeister Horst Herbert vor dem Gemeinderat, die aus dem Jahr 2001 stammenden Satzungen seien damals geltendes Recht gewesen. Das Urteil des BayVGH stamme aus dem Jahr 1996. „Somit war die Satzung schon nach damals geltender Rechtssprechung falsch.“ Auch die Satzung von 2001 war erst entstanden, weil die vorangegangene Satzung aus dem Jahr 1988 in ihrem Gebührenteil ebenfalls nichtig war. Da war noch Erich Henkelmann Bürgermeister, bis diese Satzung 1998 vom jetzigen Bürgermeister geändert wurde. Im Grunde, so Franz Nickel, sind in Kolitzheim also alle seit 19. März 1986 erlassenen Herstellungsbeiträge und Gebührenbescheide für die gemeindliche Entwässerungseinrichtung und Wasserversorgung in der Höhe falsch und zu Unrecht erlassen worden. „Dies ist ein trauriger Rekord“, kommentiert Nickel, zumal der gleiche Bürgermeister mit denselben maßgebenden Personen der Gemeindeverwaltung alle beiden falschen Satzungen zu verantworten haben und laut eigenen Aussagen im Amtsblatt vom 20. Juli 2007 die Gemeinde den Prozess erwartungsgemäß verloren habe.

    Bürgermeister Horst Herbert indes beruft sich auf die Aussage des Landratsamts Schweinfurt vom 29. August 2001, in dem der Gemeinde bestätigt wird, dass bei diesen Satzungen hinsichtlich der Beitragsmaßstäbe keine Bedenken bestünden. Herbert bleibt deshalb dabei: Aus damaliger Sicht waren die Satzungen ordnungsgemäß und nach damaliger Rechtslage auch gültig. Sie seien erst jetzt rückwirkend für nichtig erklärt worden.

    Neue Satzung

    Die neue Satzung der Gemeinde soll nun so aussehen, dass bei ausgebauten Dachgeschossen der Zusatz „für Wohn- oder gewerbliche Zwecke“ wegbleibt, dieser Passus dagegen für Kellerräume bestehen bleibt.

    In der Praxis ändert sich für fast alle Kolitzheimer nichts. Die alten Bescheide bleiben bestandskräftig. Nur die Kläger bekommen erst einmal ihr Geld zurück, bevor ihre Beiträge neu berechnet werden.

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