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SÖMMERSDORF: Gleiches Ideal, unterschiedlicher Stil

SÖMMERSDORF

Gleiches Ideal, unterschiedlicher Stil

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    Kreuzweg: Am vergangenen Wochenende war die zweite Besetzung der Hauptrollen bei den Fränkischen Passionsspielen Sömmersdorf an der Reihe, hier Jesus-Darsteller Tobias Selzam beim Kreuzweg. Im Publikum waren an diesem Wochenende auch Vertreter von Passionsspielorten aus ganz Europa.
    Kreuzweg: Am vergangenen Wochenende war die zweite Besetzung der Hauptrollen bei den Fränkischen Passionsspielen Sömmersdorf an der Reihe, hier Jesus-Darsteller Tobias Selzam beim Kreuzweg. Im Publikum waren an diesem Wochenende auch Vertreter von Passionsspielorten aus ganz Europa. Foto: Foto: Silvia Eidel

    Ans Kreuz geschlagen wird Jesus bei der Fränkischen Passion mitten im Wald auf einer Freilichtbühne. Auch im niederländischen Tegelen liegt das alte Jerusalem unter freiem Himmel, im österreichischen St. Margarethen ist ein Steinbruch der Spielort. In Erl in Tirol gibt es ein eigenes Passionsspielhaus, in Auersmacher im Saarland ist es eine Saalbühne, in Wintrich an der Mosel eine Pfarrkirche. Die Vielfalt an Passionsspielen war am Wochenende in Sömmersdorf spürbar, als sich zehn deutschsprachige Mitgliedsbühnen der Europassion trafen, der europäischen Dachorganisation der Passionsspielorte.

    Jede Passion hat ihren eigenen Stil, ihre Eigenart, die oft mit der Tradition zusammenhängt, ihren eigenen Reiz. Aber überall wird die Botschaft Christi durch die Passion verkündet. Das ist das verbindende Element der europäischen Passionsspielvereinigung, die vor gut 30 Jahren von Maurice Clos aus Paris ins Leben gerufen wurde. Wie viele Passionsspiele es in Europa gibt, kann Lex Houba aus Tegelen nicht sagen. Es gibt unzählige Passionsdarstellungen, -prozessionen oder Kreuzwegszenerien in Ost- und Südeuropa, und dauernd entstehen wieder neue, meint der Schatzmeister der Europassion, in der 90 Passionsorte organisiert sind. Generalsekretär Josef Lang kennt persönlich 60 davon, fährt im Jahr 10 000 Kilometer, um sich die unterschiedlichen Interpretationen anzusehen, Kontakte zu pflegen, Erfahrungen auszutauschen. So, wie die 40 Europassions-Mitglieder bei den Sömmersdorfer Vorstellungen am Wochenende.

    „Eine große Familie“ nennt Lang seine Europassion: „Es ist schön zu wissen, dass man überall Freunde hat.“ Diese direkte Verbundenheit untereinander ist auch für Vinzenz Rahn aus Tirschenreuth das Besondere an der Europassion. „Jeder weiß, wovon er spricht“, sagt der Oberpfälzer, „weil alle ein gemeinsames Ziel haben“. Er selbst war durch den kürzlich verstorbenen Ehrenvorsitzenden der Sömmersdorfer Passion, Robert Seemann zur Europassion gekommen. Gerade für die jüngeren Passionsspielbühnen sei die Dachorganisation „immens wichtig“, weil man Rat und Hilfe erhalte, weiß der Sprecher des Spielerrats von Tirschenreuth, wo das eher kleine, mundartliche Passionsspiel in einem Saal eine städtische Angelegenheit ist. Dagegen steht ein Verein, wie in Sömmersdorf auch, hinter dem 110 Jahre alten Spiel in Wintrich an der Mittelmosel, erzählt dessen Vorsitzender Heinz Görgen. Ganz klassisch, mit 250 Personen auch aus dem weiteren Umkreis des 1000-Einwohner-Ortes, wird in einer Kirche die Leidensgeschichte gespielt. Verändert wurde über die Jahre nur wenig, lediglich der Urtext von „einigen antisemitischen Passagen“ befreit und sprachlich gefeilt.

    Ganz anders im niederländischen Tegelen: Dort wird alle fünf Jahre mit 400 Darstellern ein völlig neues Passionsspiel inszeniert: mit neuem Text, neuen Kostümen, neuer Musik, neuen Bühnenbauten. „Weil in den 60er, 70er Jahren der Katholizismus bei uns total zurückging, können wir die traditionelle Passion nicht mehr spielen. Da würde keiner kommen“, sagt Lex Houba. Den Zuschauern müsse immer etwas Neues geboten werden, die Verkündigung der Frohen Botschaft muss immer wieder neu verkauft werden. 2010 war daher das ganze jüdische Volk permanent auf der Bühne in eigens gebauten Häusern des alten Jerusalem präsent. Jetzt hat ein Bagger alles abgerissen, für die Neuinszenierung 2015, mit einem Marokkaner als Jesus und einer Frau als Emmaus-Jüngerin. „Die Produktion wird 1,2 Millionen Euro kosten“, sagt Houba.

    Von solchen Größenordnungen sind die neuen Passionsspielorte Eppertshausen und Lippetal – dort wird 2014 erstmals gespielt – weit entfernt. Aber auf Größe kommt es nicht an, sagt Thomas Hummel aus Salmünster bei Bad Soden. Vielmehr werden in seiner Darstellung vor allem junge Leute angesprochen, mit einem immer neuen Motto, das 2014 den Vorurteilen geschuldet ist.

    Solche abzubauen, gerade in Europa, ist auch für Generalsekretär Josef Lang wichtig. Sein Credo: Man muss Europa von unten her zusammenführen, indem sich die Menschen miteinander austauschen.

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