Für die pure Ausübung eines Freizeitsportes ins Gefängnis? So weit hätte es für einen wegen anderer Delikte vorbestraften Maschinenbaumeister kommen können, der mit seinem Gleitschirm seit vielen Jahren auch international an verschiedenen Schauplätzen flog. Die erforderlichen Lizenzen dafür konnte er nicht vorzeigen. Wegen mehrfachen Verstosses gegen das Luftfahrtgesetz stand er jetzt vor dem Amtsgericht in Schweinfurt.
Von 2011 bis 2014 habe er trotz Bewährung in anderer Sache ohne Flugschein 60 Mal am Startplatz in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) abgehoben, warf ihm die Staatsanwältin vor. Aber der 58-Jährige wehrte sich. Er habe bereits in den 1980er Jahren eine französische Lizenz gemacht. Die sei über die Jahre abgelaufen. 2008 habe er, nachdem er bei einem Flug mit einem Passagier aufgefallen war, einen Kurs zur deutschen Gleitschirmprüfung gemacht. „Ich war der Meinung, ich hätte daraufhin die Lizenz beantragt“, sagte er. Kopien der vom Fluglehrer abgezeichneten Unterlagen zeigte er der Richterin. So auch von einer weiteren Schulung. Als er aber ab 2012 für ein Jahr im Gefängnis saß, habe seine Frau beim Umzug die Antragsformulare vielleicht aus Versehen weggeworfen.
Wurde Passwort missbraucht?
Die Zahl der Flüge stritt der Angeklagte ebenso ab, obwohl sie im Internet auf dem Streckenflugportal des Deutschen Hängegeleiterverbands (DHV) dokumentiert sind. „Da hat jemand anders für mich Flüge hochgeladen“, so der Angeklagte. Es sei durchaus üblich, dass mehrere Fliegerkameraden das persönliche Password kennen. Auffällig war, dass auch während seiner Haftzeit vereinzelt Flüge hochgeladen worden waren.
Mit Fragen an den Vorsitzenden des Hammelburger Gleitschirmfliegervereins versuchte sich die Richterin in die Materie einzuarbeiten. „Werden bei Ihnen die Flugscheine vor dem Start kontrolliert?“, wollte sie von dem Zeugen wissen. „Jetzt schon“, sagte dieser. Man habe dem Angeklagten auch aus haftungsrechtlichen Gründen ein Flugverbot aussprechen müssen. Und: Es sei unüblich, dass man seinen Fliegerkameraden das Password für den Online-Wettbewerb überlasse, stellte er auf Nachfrage klar.
Die Richterin hinterfragte die Zuverlässigkeit des Online-Portals. So seien dort auch Flüge mit einer Fluggeschwindigkeit von null Stundenkilometern aufgezeichnet. „80 bis 90 Prozent der Flüge haben so nicht stattgefunden“, folgerte die Verteidigerin, um den Angeklagten von den aufgezeichneten Flügen auf seinen Namen zu entlasten.
Vorwürfe gegen den DHV
Stets blieb Unsicherheit von Richterin und Staatsanwältin im Umgang mit der Materie spürbar. Sie stimmten dem Vorschlag der Verteidigerin zur Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit zu. Allerdings muss der Angeklagte eine Geldauflage von 2500 Euro bezahlen. Die Staatsanwältin rückte von der Forderung nach 3000 Euro ab, weil der Angeklagte angab, im Krankenstand seit einem Jahr monatlich nur 700 Euro zu bekommen.
Im Raum stehen blieb der Vorwurf gegen den DHV, dass dort womöglich für einen Flugschein hinterlegte Daten verloren gegangen sein könnten. „Beim DHV läuft auch mal was krumm“, so der Angeklagte. Vielleicht seien seine Daten bei der Digitalisierung abhandengekommen.
„Wir nehmen das sehr ernst“, sagt DHV-Sprecher Bernhard Liebermeister auf Nachfrage der Redaktion zur Verwaltung der Fluglizenzen. Der DHV handelt dazu im behördlichen Auftrag des Luftfahrtbundesamtes, ähnlich der zentralen Führerscheinstelle. „Würde etwas wegkommen, dann wäre das peinlich“, gibt der Sprecher zu bedenken. Der Angeklagte ging in seinen Vorwürfen weiter. Er habe vor einem halben Jahr „nochmals“ die weitergehende B-Schein-Prüfung absolviert und warte bis heute auf Zusendung der Lizenz.
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T, T