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SCHWEINFURT: „Hartz IV ist menschenunwürdig“

SCHWEINFURT

„Hartz IV ist menschenunwürdig“

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    Auf dem Podium (von links) sprachen Hermann Ruttmann vom Landesvorstand Die Linke, Betriebsseelsorger Peter Hartlaub, Linke-Abgeordnete in Hamburg Inge Hannemann, Jürgen Wilk von der Schweinfurter Arbeitslosen Initiative SALI und Moderator Wolfgang Günther, ebenfalls SALI.
    Auf dem Podium (von links) sprachen Hermann Ruttmann vom Landesvorstand Die Linke, Betriebsseelsorger Peter Hartlaub, Linke-Abgeordnete in Hamburg Inge Hannemann, Jürgen Wilk von der Schweinfurter Arbeitslosen Initiative SALI und Moderator Wolfgang Günther, ebenfalls SALI. Foto: Foto: Josef Lamber

    Über unwürdige Verhältnisse für Hartz-IV-Empfänger, über willkürliche Sanktionen und Regelsätze und über kaum ins Gewicht fallenden Hartz-IV-Missbrauch – über all das waren sich die Diskutanten in der Disharmonie einig. Aber über Alternativen zum bestehenden Hartz-IV-System fehlte Einigkeit: Reicht eine Rückkehr zum alten Sozialhilfe-System oder muss ein neues System, vorzugsweise mit Grundeinkommen, her?

    Auf der Theater- und Konzertbühne, die mit Tisch und Stühlen zur Podiumsrunde gemacht worden war, sprachen zum Thema „Menschenwürde statt Hartz IV“ durchweg Kritiker der aktuellen Arbeitslosengeld-II-Gesetzgebung: Inge Hannemann, ehemalige Jobcenter-Mitarbeiterin, Linke-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft und bundesweit bekannte Hartz-IV-Kritikerin; außerdem Hermann Ruttmann, der für seinen angekündigten Linke-Parteikollegen Ates Gürpinar eingesprungen war, sowie Betriebsseelsorger Peter Hartlaub, zudem Mitglied der Katholischen Arbeiter-Bewegung KAB, und Jürgen Wilk, nach eigenen Worten „Kleinrentner“ und Engagierter in der Schweinfurter Arbeitslosen Initiative SALI. Als Moderator für den Abend, den die Linke Schweinfurt und SALI gemeinsam veranstalteten, wirkte SALI-Mitglied Wolfgang Günther.

    Positive Seiten konnte dem alten System der Sozialhilfe nur Inge Hannemann abgewinnen: Da habe es Zuschläge für die Anschaffung Weißer Ware gegeben. Und: Im Gegensatz zu damals sei es heute „legitim, dass auch die Wohnung entzogen wird“. Sie kritisierte die Willkür der Arbeitsvermittler, die teils mit Rechten eines Staatsanwaltes ausgestattet seien. Rund 50 Gäste hörten der Autorin von „Die Hartz-IV-Diktatur – Eine Arbeitsvermittlerin klagt an“ zu. Sie selbst habe sich in acht Jahren Arbeit in insgesamt fünf Jobcentern immer geweigert, Arbeitssuchende in Zeitarbeit zu vermitteln. Dafür erntete sie Zwischenapplaus.

    „Menschenwürde statt Hartz IV“ – „das klingt krass“, sagte Hauptrednerin Inge Hannemann im Vorfeld der Veranstaltung. Aber genau das sei das Leben als Arbeitslosengeld-II-Empfänger – menschenunwürdig. Hartlaub kritisierte das „erschreckende Menschenbild“, das durch ein System scheine, das dem Einzelnen zwar die Schuld für seine Arbeitslosigkeit gebe, ihm aber die Verantwortlichkeit entziehe, in dem es ihn „an der kurzen Leine“ halte. Neben dem Sinn des Sozialhilfe-Systems wurde auch über die 30-Stunden-Woche gestritten: Ruttmann war der Meinung, die Forderung einer verkürzten Arbeitswoche sei utopisch.

    Die Linke solle sich sinnvollerweise überlegen, was realistisch zu fordern wäre, wenn es zu einer Koalition komme.

    Dass die 30-Stunden-Woche zu mehr Arbeitsplätzen führen könne, äußerten Gäste aus dem Publikum in der offenen Diskussionsrunde. Podiumsteilnehmer Wilk stellte das sozial-marktwirtschaftliche Gesellschaftssystem in seinem Grundsatz in Frage: Es basiere darauf, dass es keine Vollbeschäftigung geben könne. Auch Sinan Öztürk, der lediglich als Zuhörer gekommen war, forderte in einer Wortmeldung: „Nicht herumdoktern, sondern die entscheidende Frage stellen: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“

    Zwiespältig dürfte Inge Hannemann den internationalen Erfolg ihres Bestsellers empfinden: „Die Franzosen möchten mein Buch übersetzen“, sagte sie. „Weil auch sie die Agenda 2010 durchsetzen.“

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