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MEININGEN: Heulende Wölfe, schaurige Nächte

MEININGEN

Heulende Wölfe, schaurige Nächte

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    Das Dschungelbuch: Action ist angesagt beim diesjährige Weihnachtsmärchen des Meiniger Theaters. Im Bild Peter Liebaug (Mutter Wolf) und Reinhard Bock (Vater Wolf).
    Das Dschungelbuch: Action ist angesagt beim diesjährige Weihnachtsmärchen des Meiniger Theaters. Im Bild Peter Liebaug (Mutter Wolf) und Reinhard Bock (Vater Wolf). Foto: Foto: Foto Ed

    Die Zeiten, in denen ein Weihnachtsmärchen voller Poesie in einem großen Theatersaal auf ein empfängliches junges Publikum traf, scheinen – von Ausnahmen abgesehen – vorbei. Falls es sie überhaupt jemals als hehre Leitkultur in Theatern gegeben haben sollte. Die vorweihnachtlichen Theatervollversammlungen der lieben Kleinen gehorchen mehr denn je ganz eigenen dramaturgischen Konzepten. Die haben weniger mit Poesie zu tun, als mit Strategien, die stets drohende Unruhe im Publikum zu verhindern. Auch beim „Dschungelbuch“, dem diesjährigen Meininger Weihnachtsmärchen, ist das so.

    Diese Dramaturgie muss bei 700 Sprösslingen – deren Altersspektrum, aus welchen Gründen auch immer, auf 3 bis 14 ausgedehnt wurde – der Tatsache genügen, dass die Aufmerksamkeitsphasen der jungen Zuschauer immer kürzer werden. Zumindest, wenn sie in Massen erscheinen. Das heißt in der Meininger „Dschungelbuch“-Fassung der Regisseurin Saskia Kuhlmann: Nach spätestens vier Minuten Normalgeschehen auf der Bühne muss es einen Knaller geben. Zum Beispiel: Ein Riesennashorn läuft von links nach rechts über die Bühne. Die Affenbande brüllt. Balu pinkelt in die Ecke (na ja!).

    Kaa, die Schlange, sucht Frischfleisch. Oder man bezieht das Publikum in den Tiersprachunterricht ein. Noch besser: Man untermalt die Handlung musikalisch und setzt immer wieder einen flotten Song ins Geschehen. Dazu hat sich Komponist Stefan Groß als indischer Musikant am Bühnenrand platziert. Zu guter Letzt Nebelschwaden, Urwaldgebrüll, Wolfsgeheul und eine unheimliche Vollmondnacht – und wir sind auf der sicheren Seite.

    Das sind völlig legitime Tricks für den erfolgreichen Ablauf eines Weihnachtsmärchens im Theater. Die Meininger bauen sie geschickt in die Handlung ein. Langeweile kommt dabei nicht auf. Die Aktionen sind gut getaktet. Die Songs passen. Das Bühnenbild von Christian Rinke ist zauberhaft, ebenso sind es die Kostüme von ihm und Arndt von Diepenbroick (von dem auch die papiernen Tiermasken stammen). Und die Schauspieler tanzen, turnen, tapsen und trampeln durch den Dschungel, dass es eine Freude ist.

    Phillip Henry Brehl ist als Mogli ein junger Springinsfeld, der jubelt und johlt und heult und sich am Ende mit Frack und Melone in den Dschungel der Großstadt aufmacht, um die uralte Botschaft vom respektvollen Umgang des Menschen mit der Natur zu verkünden. Seine Freunde im Tierreich stehen ihm im Urwald mit leicht erhobener moralischer Pfote zu Seite, Renatus Scheibe als tapsiger Bär Balu und Anna Krestel als wendiger und wachsamer Panter Bagira. Peter Liebaug und Reinhard Bock mimen Moglis Wolfselternpaar so treu umsorgend, dass man als zwölfjähriges Pubertier gerne die ungewisse Freiheit wählt, um die Gesetze des Dschungels kennenzulernen. Ulrike Walther (alternierend mit Evelyn Fuchs) ist als Schlange Kaa eine Meisterin der Selbstinszenierung. Und Vivian Frey als Schakal Tabaki könnte mit seinem „Wo lebte ich den lieber, als hier im Dschungelfieber?“ als informeller Mitarbeiter der Dschungelmafia durchgehen. Shirgan, der Herrscher des Dschungels, ist leider nur als Stimme zu hören.

    Die äußeren Bedingungen für die erfolgreiche Überquerung des aufgewühlten Weihnachtsmärchenozeans stimmen also. Und trotzdem fehlt der Inszenierung etwas, das man die poetische Seele der Geschichte nennen könnte. Das letzte Mal, dass diese Seele im Meininger Theater gesichtet wurde, ohne die lieben Kleinen zum Gähnen zu bringen, ist schon einige Jahre her. Der „Kranich im Schnee“ – der Geist des zauberhaften Weihnachtssmärchens von 2011 – hat im Meininger Theater leider kein Winterquartier bezogen.

    Vorstellungen im Großen Haus bis zum 21. Dezember. Informationen: Tel. (0 36 93) 45 12 22 oder 45 11 37. www.das-meininger-theater.de

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