Horst Fuchs ist ein vielbeschäftigter junger Mann. Tagsüber arbeitet er in der Werkstatt der Lebenshilfe in Schonungen und schreinert Spielzeug aus Holz. Einmal die Woche hat er Redaktionssitzung für das Magazin der Offenen Behinderten Arbeit (OBA), für das er Artikel schreibt, Interviews führt und Comics zeichnet. Der Mittwoch ist immer für den Clubabend im Evangelischen Jugendhaus reserviert, wo er seine Freunde trifft. Horst liebt es außerdem, in Museen und ins Kino zu gehen oder an seinem Laptop zu sitzen. Nur mit Sport hat der 38-Jährige nicht so viel am Hut.
Was ihn von anderen seines Alters unterscheidet ist, dass er das alles nicht ganz ohne Hilfe bewältigen könnte. Horst ist einer von rund 600 Menschen mit Behinderung aus der Region Main-Rhön, die das Freizeit- und Bildungsangebot der OBA in Schweinfurt nutzen, das so umfangreich ist, dass die Schweinfurter bayernweit mit an der Spitze stehen. Sagt Herbert Rupp, der Leiter der OBA, die zum Diakonischen Werk gehört. Kaum war das Projekt 1975 gegründet, war Horst Fuchs aus Werneck auch schon Mitglied.
Er hat viele Reisen und Ausflüge mitgemacht, Kurse besucht, er hat Freundschaften geschlossen und die Entwicklung zu immer mehr Öffnung und Integration in der Gesellschaft miterlebt. Wo es in anderen Städten möglicherweise noch Nachholbedarf gibt, das ist in Schweinfurt erreicht, sagt Sozialpädagoge Reinhold Stiller. Man kennt die OBA-Leute an der Theaterkasse, in den Museen, bei der vhs. Vieles geht über persönliche Kontakte, das kann ein Busfahrer sein oder die Musikerin Petra Eisend, die erst kürzlich im Rahmen einer Ausstellung von OBArt-Künstlern im Mehrgenerationenhaus einen Trommelworkshop und ein Konzert angeboten hat. „Wir sind überall, und wir sind integriert“, sagt auch Erzieherin Ingrid Licha.
Besonders stolz ist man über die inzwischen 15-jährige Kooperation mit dem Celtis-Gymnasium. OBA-Leute besuchen Schulklassen und reden über Themen wie Selbstbestimmung und Sexualität. Darauf freut sich auch Horst schon immer, abgesehen davon, dass dabei noch ein Artikel für das hauseigene Magazin „Kurz & gut“ herauskommt. Einige der Schüler wurden aufgrund dieser Erfahrung ehrenamtliche Mitarbeiter bei der OBA, von denen es insgesamt rund 140 gibt – neben den sechs hauptamtlichen. Die vielen Ehrenamtlichen werden gebraucht, denn das Programm ist inzwischen sehr umfangreich. Neben den beliebten Freizeiten, Urlaubsreisen und Tagesausflügen gibt es Fortbildungskurse bei der vhs, die OBArt-Kunstwerkstatt, eine Zauberharfengruppe, das Zeitungsteam und seit neuestem Nordic-Walking.
Gut 150 Menschen zwischen sieben und 65 aus der ganzen Region treffen sich regelmäßig in den sogenannten Clubs. Da wird geredet, gespielt oder gekocht, es gibt Vorträge, Selbstverteidigungskurse oder Ausflüge. Ziel ist immer: möglichst viel Selbstbestimmung. Ein Problem gibt es: lange Wartezeiten für die Clubs, die nach den Tagen benannt sind, an denen sie stattfinden. „Mehr geht leider nicht“, sagt Herbert Rupp. Das Ganze sei immer ein finanzieller Drahtseilakt.
Damit ist er beim Thema Finanzierung. Rund eine halbe Million Euro schwer ist der Haushalt der OBA. Bislang gibt der Freistaat Bayern 25 Prozent, als Zuschuss zu den Personalkosten, der seit 1989 aber nicht mehr erhöht wurde. Die OBA selbst bringt rund 40 Prozent Eigenanteil auf, meist aus Spenden. Schafft sie das nicht, muss die Diakonie das Defizit ausgleichen. Stadt und Landkreis gaben auf freiwilliger Basis rund 30 Prozent. Diesen Anteil übernimmt künftig der Bezirk.
Ob sich damit etwas ändert, in welche Richtung auch immer, konnten Rupp und Stiller nicht sagen. Eine freiwilliger Bereich wie die Offene Behindertenarbeit stehe letztendlich immer zur Disposition, gibt sich Herbert Rupp eher pessimistisch, während Reinhold Stiller die positive Seite der Entwicklung sieht: „Ambulante Dienste sollen gestärkt werden, das ist die Hoffnung.“