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GEROLZHOFEN: Im Sperrmüll lag ein echter Geiger

GEROLZHOFEN

Im Sperrmüll lag ein echter Geiger

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    Das 52 mal 42 große Ölgemälde auf Hartfaserplatte zeigt zweifelsfrei den Südtiroler Ferienort Kolfuschg in der Nähe von Cortina d'Ampezzo. Es ist sauber gerahmt und trägt die Signatur des Malers. Auf der Rückseite trägt das Bild eine knappe Beschreibung in nicht ganz einwandfreiem Deutsch: „Colfuschg mit der Sella-Gruppe, Dolomitten, Tyrol“. Schulz vermutet, dass die Aufschrift nicht vom Maler, sondern vom ersten Besitzer stammt.

    Mit großer Detailtreue

    Der Vergleich des Bildmotivs mit einer aktuellen Aufnahme von Kolfuschg zeigt, dass Geiger das Hochgebirgsszenario mit sehr großer Detailtreue gemalt hat. Geigers Werk enthält auch zahlreiche andere Gebirgsmotive. Der kleine Ort Kolfuschg liegt auf 1645 Metern Seehöhe und gilt als der höchstgelegene Ferienort in Südtirol. Das Dörfchen schmiegt sich an den Fuß des mächtigen Sella-Massivs und befindet sich heute innerhalb des italienischen Nationalparks Puez-Geisler.

    Bei der bildprägenden Kirche handelt es sich um die Pfarrkirche St. Virgil, ein spätgotisches Gotteshaus, das an der Straße zum Grödner-Joch steht. Die Kirche wurde zum ersten Mal 1419 erwähnt. Der Turm mit spitzbogigen Schallfenstern, den bemalten Eckquadern und der Zwiebelhaube existiert heute noch genau so, wie ihn Geiger gemalt hat. Die schroffen Felswände der Sella bilden zusammen mit dem Kirchlein das Bilderbuch-Motiv, mit dem Kolfuschg bis heute um Touristen wirbt.

    Mit der Vita von Philipp Johann Bruno Geiger hat sich Heimatforscher und Hobbyarchäologe Hans Koppelt intensiv befasst. Nach seinen Recherchen wurde der Maler 1875 in Frankfurt am Main geboren. Als er 1906 die Oberfränkin Gretchen Eckardt heiratet, trägt er die Berufsbezeichnung Kunstmaler und Kellner. Bereits acht Jahre später wird die Ehe schon wieder geschieden.

    Vermutlich ist Geiger um diese Zeit schon Soldat im Ersten Weltkrieg, so Hans Koppelt in dem Buch „de geroldeshova – Balling und Geiger malten in Gerolzhofen“. Zum Beleg dafür führt Koppelt zwei Bilder mit Motiven aus der Gegend um Warschau an. Weitere Lebensstation des seit 1923 wieder verheirateten Künstlers sind Erlangen, Münnerstadt und Bad Neustadt/Saale. Seit 1932 lebt Geiger dann mit seiner zweiten Frau Priska Fritz in Gerolzhofen bei dem Fuhrunternehmer Hans Greß und später bei Glasermeister Walter in der Grabenstraße.

    Anstellung am Finanzamt

    Am Finanzamt Gerolzhofen fand er eine Anstellung. damit war der wirtschaftliche Rahmen zum Malen geschaffen. Seine Bilder benutzt er oft als Zahlungsmittel bei Geschäftsleuten in Gerolzhofen und Umgebung. In Prichsenstadt standen Geiger-Bilder, unter ihnen das bekannte Tormotiv, in Kommission im Schaufenster des Kaufladens Link.

    1940 tritt Geiger eine neue Stelle an. Bei der Unterfränkischen Überlandzentrale in Lülsfeld (ÜZ) besetzt er den Empfangsschalter und die Telefonvermittlung. Dort muss es ihm gut gefallen haben, denn er beendete sein Arbeitsverhältnis erst 1947 im Alter von 72 Jahren. Sein Ruhestand dauert zehn Jahre. Er stirbt am 10. Februar 1957 in Gerolzhofen.

    Geigers Bilder waren schon zu Lebzeiten sehr gefragt. Sein Werk enthält auch zahlreiche Gerolzhöfer Motive wie etwa die Gertraudiskapelle oder den Bibraturm mit dem 1994 abgebrochenen so genannten Säuhirtenhaus. Den materiellen Wert des gefundenen Bildes schätzt Bertram Schulz nicht sehr hoch ein. Wohl aber ist es ein Dokument. Schulz wird deshalb auch die Stadtführer über Geiger und sein Werk aufklären und sie bitten, bei Museumsführungen auf ihn hinzuweisen.

    Im Zweifelsfall Anruf

    Was aber, wenn dem bisherigen Besitzer jetzt die Augen über die Bedeutung des Gemäldes aufgehen und er es zurückhaben möchte? Rein rechtlich, so klärt der Leiter der Polizeiinspektion Gerolzhofen, Erster Polizeihauptkommissar Winfried Werner, auf, gibt jemand, der Sperrmüll an die Straße stellt, sein Hab und Gut nicht für jedermann frei, sondern nur für den Abholer, in diesem Fall also den Landkreis. In der Regel ist es dem Sperrmüll-Besitzer aber egal, wenn jemand anderes den Müll mitnimmt. Dagegen hat auch die Polizei nichts. „Solche Dinge werden in der Regel strafrechtlich nicht verfolgt, weil kein öffentliches Interesse daran besteht.“

    Um Missverständnissen aus dem Weg zu gehen, bittet Bertram Schulz künftig alle Gerolzhöfer, die Tourist-Information unter Tel. (09382) 90 35 12 zu verständigen, wenn etwas auf den Sperrmüll wandern sollte, das museale Bedeutung haben könnte. Schulz wird sich dann die Gegenstände ansehen und entscheiden, ob er sie fürs Museum brauchen kann.

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