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Im Traum muss er töten

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Im Traum muss er töten

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    Hartwig Ebersbach in der Sparkassengalerie.
    Hartwig Ebersbach in der Sparkassengalerie. Foto: FOTO LASZLO RUPPERT

    SCHWEINFURT Der Traum vom brennenden Mann war das Schlüsselerlebnis. Bis zu diesem Moment Mitte der Sechziger hatte der junge Leipziger Hartwig Ebersbach ganz in der Tradition der Alten Meister gemalt. Nun musste er eine neue Form suchen. Der brennende Mann, das war er, mit den zwei Polen Animus und Ratio, dem glühenden Bauch und dem kühlen Kopf. "ich und es" nannte er es fortan.

    Viele Jahre später wurde er für den "brennenden Mann" ausgezeichnet. Er habe die wilde Malerei zehn Jahre vorweggenommen, hieß es in der Laudatio. Und wirklich - der erste Eindruck in der neuen Ausstellung der Sparkassengalerie ist: wild und bunt. Als ob da einer wie in einem Rausch auf die Leinwand losgegangen wäre, Farbmassen aufgetürmt und dann in ihnen gewühlt habe.

    Ein langer Weg

    In Wirklichkeit ist es ein langer Weg, der meist mit einem Traum beginnt. Er träumt von brennenden Kirschbäumen, Tieren, die er schlachten muss, von weißen Elefanten, die ihn auf einer Fähre zum anderen Ufer, in eine neue Welt also, geleiten. Dieser Traum kam übrigens kurz vor einer Japanreise, von der er an dem Tag zurückkehrte, als die Mauer geöffnet wurde.

    Aber zurück zum Weg. Beim Erwachen macht sich Ebersbach erste Notizen, es folgen Skizzen, quasi ein Traum-Drehbuch, kleine Figürchen aus Knete, die Ebersbach auf der Leinwand vorzeichnet.

    Mit einer schmalen Maurerkelle trägt er - ganz altmeisterlich, wie er es gelernt hat - Ölfarbe aus der Büchse auf, baut das Bild ganz langsam auf. Illusion von Körperlichkeit entsteht.

    An diesem Punkt angekommen, zieht er Schuhe und Strümpfe aus, tritt barfuß ins Bild und beginnt, es tanzend zu vollenden. Dabei ist er in so tiefer Konzentration, wie in Trance, dass er nichts wahrnimmt.

    Was mit dem Bild passiert, lässt sich nicht mehr beeinflussen. So überlegt er bis zu diesem Punkt gearbeitet hat, so intensiv überlässt er sich jetzt dem Unbewussten. Das heißt, er spielt in seiner Malerei wie in einem rituellen Akt seine Träume nach.

    Ein oft quälender, sehr drastischer Prozess, man denke nur an das Bild vom Traum, in dem er ein Reh töten muss. Und dann fest stellt, dass er seine Tochter zerteilt hat. Ein andermal träumt er, wie er einen Hammel tötet, aus dessen Kopf mit dem Blutstrahl Häupter heraus fließen. Später liest er von der Geburt der Athene aus dem Haupt des Zeus.

    Der Wuppertaler Professor Dr. Bazon Brock hatte bei einem Besuch im Leipziger Atelier von Ebersbach die Vision vom Künstler als Haruspex, als Eingeweide-Schauer. In etruskischer Zeit betrieb der Haruspex aus den Eingeweiden von Opfertieren Wahrsagung.

    Hartwig Ebersbach liest in sich selbst. "Das alles bin ich", sagt er. Der brennende Mann, der brennende Kirschbaum, vor allem der Kaspar, sein Alter Ego, zu DDR-Zeiten als Schutzfigur entwickelt. Zu Zeiten, als der Staat ihn kontrollierte, Haft androhte, seine Kunst harsch kritisierte.

    Weniger Träume

    Heute ist der Kaspar nicht mehr so deutlich dargestellt, verwandelt sich in eine Signatur. Hartwig Ebersbach träumt weniger. Dafür wird die Sehnsucht stärker, er fühlt sich "Lethe" näher, dem mytischen Ort des Vergessens. Der 66-Jährige empfindet Sehnsucht danach, Abstand zur Welt zu finden.

    Hartwig Ebersbach "Kaspar Fanta- sien", Sparkassengalerie, bis Ende Juli.

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