"Mein Leben ist ein Zopf", hat Angelika Hiller einmal gesagt, "der dritte Strang ist das Wort."
Außer mit Poesie beschäftigt sich die Würzburgerin auch noch mit Musik und bildender Kunst. Die Konzertsängerin ist unter anderem Dozentin für Gesang der Musikhochschule Würzburg. Die Malerei entdeckte sie für sich in einer langen Reha-Phase nach einem Unfall, Schicht für Schicht.
Mittlerweile bringt sie es auf sieben Kunstbände, auf Radiosendungen mit Gedichten und auf zahlreiche Ausstellungen in Frankfurt, Österreich, Bayern.
"Nicht alles geht auf, nicht alles erklärt sich", meint Angelika Hiller in Geldersheim in einem Gedicht über das Lebenswerk eines Künstlers als Collage: "Spalten sind entstanden - so nicht beabsichtigt, und schaffen einen Durchblick zum Dahinter." Immer wieder zeigen sich in diesem Lebenskunstwerk, trotz vielem Verwischten, Unfertigen und scheinbar Gescheiterten, "vage Spuren von Zärtlichkeit und ein kleines Eck strahlendes Blau."
Vertraute Wahrnehmungen gibt es auch bei Hillers Stadtplanansichten, die derzeit in den Gaden zu sehen sind. Die Malerin hat historische Karten gesichtet und sie in assoziative Bilder verwandelt, mit neuen Formen und Farben, Ecken und Kanten, aber auch mit Zartem und manchmal Zerbrechlichem. "Arnstein wird mit seinem runden Stadtkern zur Schnecke gemacht", formulierte es Claudia Cebulla in ihrer Laudatio als Vorsitzende des Gadenvereins.
Würzburg erhielt die Form eines Drachen in einem bereits verkauften Gemälde. Der Residenzgarten wird zum Zwillingspaar. Kitzingen erblüht als Blume am Main. Auch Geldersheim selbst ist zu sehen, mit seiner markanten Lebensader, mit der alten Straße zwischen Prag und Paris. Ebenso das bastionsbewehrte Schweinfurt, als Gartenstadt mit Räderwerk, im Stil des Barockkupferstichs von Matthäus Merian.
Ein wenig erinnern die Bilder an Renaissance-Künstler Arcimboldo: Der war ein Hofmaler, der aus Gemüse, Tieren, Waffen oder Büchern verblüffende Porträts "hoher Herren" arrangiert hat.
Inspiriert wurde Hiller von der Barbarossa-Pfalz Gelnhausen, deren Grundriss sie an einen Kaisermantel erinnert hat. Der Blick in alte Stadtpläne beflügelte die Fantasie. Bei Hiller dienen solche prachtvollen Symbole bürgerlichen Selbstbewusstseins nicht mehr zur Orientierung, sondern der Umorientierung, hinein ins Reich der Fantasie. "Kunst ist nur dann interessant, wenn sie einen Bezug zur Welt hat", zitierte Cebulla die Schweizer Kunstwissenschaftlerin Bice Curiger.
Musikalisch begleitet wurde die Vernissage durch Sarah Gross, Preisträgerin bei "Jugend musiziert", mit der Mandoline.
Zu sehen sind die Stadtpläne zu den Öffnungszeiten der Gadengalerie, sonntags von 15 bis 17 Uhr bis zum 16. Dezember.