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SCHWEINFURT: Inklusion beginnt im Kopf

SCHWEINFURT

Inklusion beginnt im Kopf

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    Ein Menschenrecht: Spätestens seit der UN-Behindertenrechtskonvention (2009) sind auch Vereine und Institutionen im Bereich der Inklusion gefragt, denn „Mittendrin-Sein ist ein Menschenrecht“.
    Ein Menschenrecht: Spätestens seit der UN-Behindertenrechtskonvention (2009) sind auch Vereine und Institutionen im Bereich der Inklusion gefragt, denn „Mittendrin-Sein ist ein Menschenrecht“. Foto: Foto: dpa/picture Alliance

    „Ich sing' einfach gern!“ ruft Carmen Wenzel, und gibt sogleich eine Kostprobe ihres beachtlichen Könnens. Die temperamentvolle Frau bereichert regelmäßig mit ihrer Stimme den Chor „Cantamus“ des sozialpsychiatrischen Dienstes der Caritas. Hier singen Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam. Auch Wolfgang Walter gehört dazu; außerdem sind beide als Tischtennisspieler im Verein Solidarität Schweinfurt aktiv und schwimmen gerne.

    Die stark Sehbehinderten sitzen gemeinsam mit weiteren sechs Teilnehmern einer Diskussionsrunde zum Thema „Leben in der Gemeinde - im Verein mitmachen“ auf der Bühne der Rathausdiele. Von Moderator Torsten Schleicher werden sie nach ihren Beweggründen für ihr Engagement im Verein und ihren Erfahrungen damit befragt. Viktoria West schwärmt von der Atmosphäre beim Kurs „Türkische Küche“ im Interkulturellen Begegnungszentrum für Frauen (IBF); sie spricht aber auch darüber, wie „doof“ es sich anfühlt, einzige Behinderte in einer Gruppe von „Normalos“ zu sein.

    Der 13-jährige Luca Rudlof ist als Bogenschütze Mitglied im Schützenverein Grafenrheinfeld. Der mehrfache Deutsche Meister im Behindertensport zählt seine vielen Auszeichnungen schon nicht mehr - schwierig wird es für ihn als Rollstuhlfahrer aber, wenn er im Winter einen nicht barrierefreien Zugang zur Trainingshalle überwinden muss. Im Verein fühlt er sich gut angenommen und hat viele neue Freunde gewonnen. Sein Trainer Siegbert Hofmann, selbst stark sehbehindert, berichtet von anfänglichen Vorbehalten gegenüber der Aufnahme Behinderter in den Verein.

    Drei engagierte Frauen ergänzen die Runde: Ute Höfner leitet den Chor „Cantamus“, der den Abend unter anderem mit einem jubelnden „Halleluja, dankeschön!“ umrahmte. „Musik heilt die Psyche. Man vergisst, was einen belastet“, sagt sie. Vieles sei machbar, Unterschiede zur Arbeit mit „normalen“ Chören gebe es kaum. Vielleicht müsse man Text und Musik individueller vermitteln, Angst vor der Arbeit mit Behinderten brauche aber kein Chorleiter zu haben. Offenheit und Willkommenskultur seien jedoch unabdingbar. Das bestätigt Susanne Berweck, Vorstandsmitglied des IBF: „Man muss es einfach auf sich zukommen lassen.“ Neu, aber spannend sei die Inklusion aus Veranstaltersicht. Und Imke Plettau ruft zum „Mut für Öffnung!“ auf. Sie leitet das Projekt „Freizeitnetzwerk“ der Lebenshilfe Schweinfurt. Ihr Wunsch ist es, dass sowohl Behinderte wie Nichtbehinderte auch im Bereich der Freizeitgestaltung selbst initiativ werden. Das Netzwerk, so Plettau, biete sich als Plattform, Ansprechpartner, Vermittler und Berater allen an, die in diesem Bereich kooperieren wollen.

    Zu Beginn der Veranstaltung hatten Rita Weber, Leiterin der Offenen Hilfen der Lebenshilfe, Raphael Kießling, Leiter der Freiwilligenagentur GemeinSinn, und Schirmherr Kurt Vogel, Kreisvorsitzender des Bayerischen Landes-Sportverbandes, einen vielfältig zusammengesetzten Zuhörerkreis begrüßt. Mit Gunda Voigts, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Kassel, war eine in der Kinder- und Jugendarbeit und in der Aktion Mensch engagierte Referentin zum Thema „Mittendrin sein - Auf dem Weg zu einer Teilnahme für alle in Vereinen, Verbänden und Kirchengemeinden“ gewonnen worden.

    Sie lenkte den Fokus auf Gruppenbildungen in der Gesellschaft, forderte einen Perspektivenwechsel von „ich bin behindert“ hin zu „ich werde behindert“ - durch die Gesellschaft nämlich, die Menschen stigmatisiert, mit Etiketten versieht und nicht einfach als Kind, Jugendlichen oder Erwachsenen wahrnimmt. Dabei, so Voigts, hätten alle Menschen dieselben essentiellen und existentiellen Themen. Spätestens seit der UN-Behindertenrechtskonvention (2009) seien auch Vereine und Institutionen im Bereich der Inklusion gefragt, denn „Mittendrin-Sein ist ein Menschenrecht“. Wie aber kann sich ein geschlossenes Milieu wie ein Verein bewegen? Hierzu erläuterte Voigts einige Fragen aus einem gemeinsam von Diakonie Deutschland, Aktion Mensch und AG der Evangelischen Jugend in Deutschland entwickelten Inklusions-Check: Wie offen will ich sein? Wie offen wollen wir als Team sein? Wie offen ist unser Treffpunkt? Wie offen sind unsere Angebote? Wie offen sind wir für Ideen von Menschen, die sich engagieren möchten? Wie offen sind wir für neue Kooperationspartner?

    Abschließend rief Voigts dazu auf, sich jetzt und gemeinsam auf den Weg zu machen, denn: „Inklusion beginnt im Kopf“.

    Informationen zum Freizeitnetzwerk gibt es unter www.lebenshilfe-schweinfurt.de, Tel. (0 97 21) 64 64 53 83.Den kompletten Inklusions-Check findet man unter www.evangelische-jugend.de/willkommen

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