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SCHWEINFURT: Interesse am Polizeiberuf ungebrochen

SCHWEINFURT

Interesse am Polizeiberuf ungebrochen

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    Auf Streife: Sergius Melgaf aus Schweinfurt ist im Herbst fertig mit seiner Ausbildung.
    Auf Streife: Sergius Melgaf aus Schweinfurt ist im Herbst fertig mit seiner Ausbildung. Foto: Fotos: Hannes Helferich

    Mit dem Berufswunsch Polizistin hat sie früh geliebäugelt. Die am Bergl groß gewordene 22-Jährige versucht es nach der Wirtschaftsschule Pelzl – Abschluss Mittlere Reife – dennoch zunächst auf einem anderen Feld. Sie merkt aber bald, dass der erlernte Beruf Fremdsprachenkorrespondentin (Spanisch und Englisch) sie nicht wie erwartet fordert. Für Duygu Tosun ist das Ende ihrer Ausbildungszeit bei der Polizei nun nahe. Im Februar 2014 hat die junge Deutsche mit türkischen Wurzeln sich dann doch ihren großen Wunsch erfüllt.

    Polizist wollen viele werden. Beim Einstellungsberater Ditmar Holzheimer zeigten zuletzt durchschnittlich 500 junge Leute pro Jahr Interesse. Tatsächlich beworben haben sich ungefähr die Hälfte. Eine Information erstaunt: Trotz der schwächeren Geburtenjahrgänge hat der Polizeioberkommissar für den Schweinfurter Raum noch keinen Rückgang festgestellt. In Südbayern haben weit weniger junge Leute Lust auf Polizei. „Ohne die Franken hätten wir Probleme“, sagt der stellvertretender Inspektionsleiter, Polizeirat Michael Libionka.

    Ausbildungsstart ist im März und September. Das und alles Nötige erfahren die Interessierten bei einem Beratungsgespräch. Grundvoraussetzungen sind: 17 bis 25 Jahre alt, deutscher Staatsbürger, über 165 Zentimeter groß und natürlich im bisherigen Leben straffrei.

    Die zweitägige Einstellungsprüfung ist kein Honigschlecken, aber zu schaffen. Sie findet in Bayern in Nürnberg und München statt. Getestet werden das Beherrschen der deutschen Sprache und Grundfähigkeiten (zum Beispiel Gedächtnisleistung). Die kommunikativen Fähigkeiten werden in einer Gruppendiskussion geprüft. Ein multimediales Interview soll die soziale Kompetenz und auch die Belastbarkeit zeigen.

    Dass die meisten beim Sporttest durchfallen, erstaunt wiederum. Auch Holzheimer, weil er jedem Bewerber die Broschüre mit den geforderten Leistungen mitgibt. Wer es nicht schafft, hat Wiederholungsmöglichkeiten. Die Einstellungsprüfung letztes Jahr meisterten 33 Bewerber. „Die Polizei stellt so viele ein, wie sie auch nehmen kann“, berichtet Holzheimer. Die Ausbildung dauert zweieinhalb Jahre, gegliedert in fünf Abschnitte. Zehn Unterrichtsstunden pro Tag sind intensiv, aber die Polizei-Azubis – Durchschnittsalter 21 Jahre – erhalten schon ihr Gehalt, lacht Holzheimer. Im 1. Jahr netto 925, im zweiten 1542 Euro.

    Erfreulich ist die hohe Frauenquote. Rund ein Viertel der Auszubildenden ist weiblich. Dass Polizistinnen, die es in Unform in Bayern erst seit 1990 gibt, nicht mehr wegzudenken sind, hat viele Gründe. Einer ist: Die Hemmschwelle potenzieller Straftäter einer Frau gegenüber ist höher. Dugyu Tosun hat schon erlebt, dass ein Betrunkener dem Streifenkollegen „aggressiver begegnete".

    Die junge Polizistin absolviert im vierten Semester derzeit ihr Dreimonatspraktikum. Ausländerfeindliche Bemerkungen? Hat sie noch nicht erfahren, bisher sei man ihr mit Respekt begegnet. Das erwartet sie auch, weil „ich mich nicht als Ausländerin fühle und selbst freundlich auftrete“, sagt sie selbstbewusst.

    Ihr Kollege Sergius Melgaf kam mit der Familie 1994 aus Kasachstan nach Schweinfurt. Als er noch die Rathenau-Realschule besuchte, war klar: „Ich will Polizist werden, mein Traumberuf“. Auch der 24-Jährige drehte eine Schleife, hat bei ZF Sachs Zerspanungsmechaniker gelernt.

    Wie wichtig Kollegen mit Migrationshintergrund sind, zeigte sich kürzlich bei einem Prozess. Drei junge Männer haben bei einer Kontrolle sechs Beamte auf Russisch beleidigt. Was sie nicht wussten: eine Beamtin beherrschte die Sprache. Auch die porträtierten Polizisten hatten schon solche Erlebnisse: Melgaf sprach bei einer Schlägerei vor einer Diskothek mit dem Rädelsführer plötzlich Russisch. Der sei so perplex gewesen, dass seine Aggression sofort endete. Am Deutschhof staunten nicht einsichtige Jugendliche nicht schlecht, als sie den Platzverweis in russischer Sprache hörten. „Schmeiß den Stoff weg“, rief ein junger Türke dem Kommilitonen bei einer Kontrolle zu. „Lass das mal sein“, antwortete Duygu Tosun. Der Rest war für die Polizei Routine.

    Beide hoffen auf einen Einsatzort in Schweinfurt. Sergius, weil er hier verheiratet ist, für die TG als Judoka kämpft. Die 22-Jährige auch wegen der Familie und der Freunde. „Außerdem kenne ich mich in Schweinfurt aus, das ist doch ein Vorteil“, lacht Duygu, die sich wie ihr Kollege sicher ist: „Jetzt habe ich den absolut richtigen Beruf“.

    Menschen bei der Polizei

    „Hinweise bitte an die Polizei unter Tel. 20 20“. So steht es nahezu täglich in der Zeitung, wenn Zeugen für eine Straftat oder einen Verkehrsunfall gesucht werden. Die Menschen, die bei der Polizei arbeiten, stellt diese Zeitung in einer Serie vor. Im sechsten Teil geht es heute um das Beratergespräch für Bewerber für den Polizeiberuf, die Einstellungstests und die Ausbildung. Im Freistaat gibt es neun Studienorte. Würzburg, Bamberg, Sulzbach-Rosenberg und Nürnberg sind die nächsten und in der Regel auch die Ausbildungsorte für die künftigen Polizisten aus Schweinfurt und Umgebung.

    Seit etwa 2005 sind übrgins mehr als die Hälfte der Bewerber für den mittleren Dienst Abiturienten. Obwohl sie sich mit der Hochschulreife auch für den gehobenen Dienst melden könnten, fahren viele Abiturienten zweigleisig: Im gehobenen Dienst gibt es nur bis zu 120 Plätze pro Jahrgang, im mittleren Dienst demgegenüber über 1000. Die Chancen dabei zu sein, sind über diesen Umweg also weitaus größer. Text: hh

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