Es herrscht Schafskälte in den Glens und Lochs am Main: Das Wetter ist schon mal ein gutes Argument für einen „Schottenabend“. Die Dudelsäcke schluchzen leise, als Stuart und Malcolm, alias Sven Kemmler und Mathias Tretter, die Bühne der Disharmonie betreten, im Kilt. Um „zwei Stunden mit nichts drunter“ über ihre Erfahrungen in der Urheimat von Lassies, Nessie, Haggis, Ceili & Co zu plaudern.
Dazu gibt's, als noch besseres Argument, eine spontane Whisky-Probe. Das Gemäuer ist, wie sich das für die Partnerstadt von Tobar na Mathar, alias Motherwell gehört, von Anfang an ziemlich voll. Die beiden Schottlandexperten dürften es am Ende auch gewesen sein, bei den Flaschen, die sich hier demonstrativ auf dem Tisch drängen, Motto: „Kleines Volk, großes Herz, noch größere Leber.“ Franken verstehen sowas.
Der einstige Würzburger Mathias Tretter war Assistance Teacher in Edinburgh und begeisterte die dortige Jugend mit Parodien auf den Gröfazscheitel (Anmerk. der Red.: der Hitler-Scheitel). Mittlerweile wohnt der Kabarettist in Leipzig, ist Träger des renommierten Deutschen Kleinkunstpreises und begeistert mit seiner Art des politischen Kabaretts.
Der gebürtige Münchner Sven Kemmler studierte mal im legendären Stirling (Braveheart-Schlacht, Mel Gibson-Schlumpfgesicht und so): Biologie, Management Science und Japanisch. Er wurde in der „African Society“ der Uni als weißer Sahneklecks in einem Pott Mousse au Chocolat assimiliert und flog, mangels Talent, aus einer schottischen Punkband. Mehr lässt sich am Ende der Welt nicht erreichen. Eine weitere Erkenntnis: „Wir können nicht saufen wie die Schotten. Weil wir sonst sterben.“ Ein bisschen mit kaledonischen Trinksitten vergleichbar scheint aber das Komasaufen: „Vorglühen“ nennt sich das Poem des eigenwilligen Poetry-Slammers mit torfiger Harry Rowohlt-Stimme, über die Vorhölle jugendlicher Alkis hierzulande.
Stuart Kemmler gibt die Geschichte von den drei falschen Mäcs zum Besten, die das „Leben im Einklang mit Malz und Schaf“ zum Einsturz bringen: Big Mäc, Marie Claire McDouglas und iMac. Bösewichte, die durch zwei schottische Kraftkerle gebannt werden. Kemmler verwurstet nebenbei sein Kabarettprogramm „Englischstunde“ mit einem Crashkurs in Schottisch. Vor allem die Whisky-Verkostung zwischendurch hebt die Stimmung des Publikums. Am Ende heben sich die Schottenröcke der Referenten: mit überraschenden Einblicken.
Kein großer Wurf, aber nett
Der Schottenabend geizt nicht mit rauchigen, gut abgehangenen Klischees über die verdienstvollen Erfinder von Autoreifen, Telefon und Regenmantel. Manche Geschichte klingt dabei „a wee bit strange“: a weng seltsam. Ay. Wie der Versuch, einen Baumstamm in die Heide zu schmeißen, halt. Was bleibt, ist kein großer Kabarett-Weitwurf, aber ein kurzweiliger Behelfsbrücken-Bau, über die klaffenden Mentalitätsgräben Europas hinweg.