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HAMBACH: ITM-Blutspenden: Der Geist des sozialen Miteinanders

HAMBACH

ITM-Blutspenden: Der Geist des sozialen Miteinanders

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    Blut für Bargeld: Der thüringische Blutspendedienst ITM aus Suhl bot erstmals einen Termin im katholischen Pfarrheim in Hambach an – und damit im Bereich Schweinfurt Stadt und Land, der bis dato ausschließlich ein Gebiet des Bayerischen Roten Kreuzes gewesen war.
    Blut für Bargeld: Der thüringische Blutspendedienst ITM aus Suhl bot erstmals einen Termin im katholischen Pfarrheim in Hambach an – und damit im Bereich Schweinfurt Stadt und Land, der bis dato ausschließlich ein Gebiet des Bayerischen Roten Kreuzes gewesen war. Foto: FOTO Uwe Eichler

    Blut ist ein besonderer Saft. Früher hat man es auf dem „Feld der Ehre“ vergossen, als etwas Mystisches für die Religion geopfert – aus vermeintlich edlen, selbstlosen Gründen. Darf da, wer heute sein Blut für die Allgemeinheit gibt, schnödes Geld dafür verlangen?

    Ja, man darf, glaubt das Institut für Transfusionsmedizin (ITM) Suhl, das seit Oktober 2008 aus Thüringen nach Franken expandiert. Es bietet den Spendern zehn Euro als „Aufwandsentschädigung“ an, was völlig gesetzeskonform ist. Beim Platzhirsch Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) sind bislang neben der Verpflegung fürs leibliche Wohl nur Geschenke üblich.

    Drohen nun also Verhältnisse wie in US-Amerika, wo die Blutspender tatsächlich für harte Dollar zur Ader gelassen werden? Und gibt nun ausgerechnet ein ehemaliges Bezirksinstitut der DDR den blutsaugenden Vorreiter des Kapitalismus? Das ITM Suhl, das als gemeinnützige Gesellschaft der Stadt Suhl (51 Prozent Anteile) und pikanterweise dem Kreisverband Suhl des Deutschen Roten Kreuzes (49 Prozent) gehört, nimmt das Ganze gelassen. Beim ersten Blutspende-Termin des ITM im Landkreis Schweinfurt im Pfarrheim in Hambach macht Elfi Pfeifer aber keinen Hehl aus der Konkurrenzsituation mit dem BRK. Dessen „Alleinherrschaft“ wolle man in Nordbayern brechen.

    Für alles Weiterführende verweist sie an die ITM-Chefetage. Denn das Verhältnis der gemeinnützigen GmbH zu den Rotkreuzlern ist halt nicht gerade rosig. Erst 2006 hat das ITM einen Rechtsstreit in Thüringen zu Gunsten des freien Wettbewerbs unter den insgesamt fünf Blutspendediensten des Bundeslands gewonnen.

    Eher wenig los

    Der rot-beige Einsatzwagen, ein lang gezogener Mercedes aus den 90ern, sieht recht beeindruckend aus. Doch drinnen im Pfarrsaal ist am Freitagabend eher wenig los. Aber das sei zu erwarten gewesen, meint Elfi Pfeifer, eine ehemalige Kindergärtnerin, die auf Mundpropaganda hofft. Denn künftig möchte man in diesem Bereich vier Termine im Jahr anbieten.

    Mag das 1963 gegründete Suhler Institut auch heute noch weitaus kleiner sein als das BRK – ein zarter Hauch von Rebellion schwingt bei seinem Auftritt schon mit. Auch, weil man nach der Wende die einhundert Arbeitsplätze in Suhl habe halten wollen – statt die Einrichtung nach Niedersachsen ans Rote Kreuz abzugeben, berichtet Pfeifer mit stolzem Unterton. Mittlerweile ist das ITM auf 200 Mitarbeiter angewachsen, zehn mobile Teams schwärmen aus auf der Suche nach Blut für Kliniken. Das Engagement in Franken sei auch ein Stück gelebter Wiedervereinigung, findet die Werbereferentin des ITM. Sie rechnet mit etwa 50 Spendern an diesem Tag.

    Nach und nach trudeln doch einige Spendenwillige ein, darunter auch junge Leute: Nicht unbedingt „overdressed“, aber wohl keine Jäger auf der Hatz nach dem schnellen Euro. Die Stimmung ist betont weltlich, verbindlich und pragmatisch – und damit vielleicht etwas nüchterner, „institutsmäßiger“ als beim BRK.

    Scheinabgabe möglich

    Trotzdem menschelt es. Es wird kantig gegrummelt, geschäkert und gelacht. Infotafeln klären ausführlich über die Prozedur auf – vom Hämoglobin-Test bis zum möglichen „Selbstausschluss“: Wenn man krankheitsbedingt nicht mehr spenden darf, das übrige Dorf aber nichts davon mitbekommen soll, ist auch eine Scheinabgabe möglich. Für ein diskretes Gespräch mit dem Arzt steht eine eigene Kabine bereit. Insgesamt sind fünf Mitarbeiter präsent. Ehrungen für mehrmaligen Aderlass winken am Ende auch, für das BRK geleistete Spenden werden dabei angerechnet.

    Die meisten Besucher scheinen weder sonderlich an Geld noch Glamour interessiert zu sein, es weht der Geist des sozialen Miteinanders. „Es geht um den guten Zweck“, meint ein Mann aus dem Ort. Wie er sind viele einfach froh, eine zeitliche Alternative zu den Rotkreuz-Terminen zu haben. Ein paar Erstspender finden sich auch ein. So eine Hambacherin, die ursprünglich aus Rumänien stammt und nun von Schwester Marina professionell einen halben Liter Lebenssaft abgezapft bekommt.

    Eine Schweinfurterin macht ihrem Ärger über das Rote Kreuz Luft, von dem sie sich gegängelt gefühlt hat. Unter anderem hätten ihre Kinder beim Blutspenden nicht zusehen dürfen, obwohl es doch darum gehen müsse, dem Nachwuchs früh die Scheu zu nehmen. „Ich habe mich gefreut, dass es endlich Konkurrenz gibt“, so die langjährige Spenderin. Konkurrenz belebe bekanntlich das Geschäft.

    Kleine Stichelei

    Fast alle greifen statt zum Wein zu den zehn Euro. Die kann man sich am Tisch abholen, an dem auch die Blutbeutel und Etiketten ausgegeben werden. „Sie bekommen jetzt die Praxisgebühr für den nächsten Arztbesuch“, sagt der Institutsmitarbeiter – und kann sich beim Thema Geld eine kleine Stichelei gegen das Rote Kreuz nicht verkneifen: „Früher hat es das DRK bekommen, jetzt erhalten es die Leute.“ 90 Prozent der Spender würden aber nicht wegen der Entschädigung kommen, so der Eindruck des Transfusionsmediziners. Und so sind die zehn Euro „Blutgeld“ vielleicht einfach nur ein Werbegag des Davids ITM im Kampf mit dem Goliath BRK.

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