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Schleerieth: Kammersieger: Steinmetz aus Schleerieth arbeitete am Ulmer Münster

Schleerieth

Kammersieger: Steinmetz aus Schleerieth arbeitete am Ulmer Münster

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    Paul Schneider beim Ausarbeiten einer Vierung am Ulmer Münster.
    Paul Schneider beim Ausarbeiten einer Vierung am Ulmer Münster. Foto: Schneider

    Hoch hinaus ging es für den jungen Schleeriether Paul Schneider, der seine Steinmetz- und Steinbildhauerlehre an der Münsterbauhütte des Ulmer Münsters absolviert hat. Auf 30 bis 70 Meter Höhe arbeitete er mit an der laufenden Sanierung des Hauptturms. Ganz oben aber stand er als bester Prüfling der Handwerkskammer Ulm und als drittbester im "Ländle" Baden-Württemberg.

    Reine Gewöhnungssache ist so eine Höhe, meint der 19-jährige Kammersieger aus der Schleeriether Steinmetzfamilie Schneider. Auch wenn er zugibt, dass ihm anfangs auf dem Gerüst am Kirchturm schon etwas mulmig war. Aber "da wackelt nichts", verweist er auf die Sicherheit, die bei der Arbeit in luftiger Höhe gilt.

    Am Hauptturm des Ulmer Münsters arbeitete der angehende Steinmetz Paul Schneider bei der Sanierung mit.
    Am Hauptturm des Ulmer Münsters arbeitete der angehende Steinmetz Paul Schneider bei der Sanierung mit. Foto: Paul Schneider

    Dass sich der damals 16-Jährige 2018 für eine Lehre in dem Handwerksberuf entschied, lag nahe. "Ich habe von klein auf in unserem Betrieb beim Vater und Großvater gesehen, welche Arbeit sie machen, das hat mir auch gefallen", meint der groß gewachsene Paul Schneider. Die Vielseitigkeit des Steinmetzberufs begeistert ihn: "Weil aus Stein so viel Verschiedenes hergestellt werden kann", "weil man dabei mit den Händen arbeiten kann" und "weil man am Ende auch das Ergebnis seiner Arbeit sehen kann".

    Auch der Großvater arbeitet als Steinmetz

    Im elterlichen Betrieb wollte er seine Lehre nicht absolvieren, sondern "mal was anderes sehen." Er wandte sich nach dem Realschulabschluss an den gebürtigen Grettstadter Andreas Böhm, der bei seinem heute 81-jährigen Großvater Berthold Schneider einst das Steinmetzhandwerk in Schleerieth gelernt hatte und heute in Ulm der Hüttenmeister ist. "Bewirb' dich halt mal", hatte der ihm geraten. Und es hat geklappt.

    Das Gesellenstück von Paul Schneider, ein Maßwerkssegment für ein gotisches Fenster.
    Das Gesellenstück von Paul Schneider, ein Maßwerkssegment für ein gotisches Fenster. Foto: Paul Schneider

    Die Bauhütte des Ulmer Münsters pflegt und restauriert seit dem Mittelalter fortlaufend das Kirchengebäude mit dem höchsten Kirchturm der Welt, dem 161 Meter hohen Westturm. 2018 wurde die Arbeit der Münsterbauhütte sogar zum nationalen immateriellen Kulturerbe erklärt.

    Steine ausbessern, wie Plomben in einem Zahn

    "Am Anfang der Lehre musste ich am Übungsstück eine ebene Fläche klopfen", erinnert sich Paul Schneider. "Da zeigt sich, ob jemand Talent hat", weiß sein Vater Klaus Schneider. Geübt hat der Auszubildende dann, wie die sogenannten Vierungen, also Neuteile, in das Bauwerk mit Vierungsmörtel eingefügt werden. "So wie Plomben in einen Zahn".

    Drei Generationen der Schleeriether Steinmetzfamilie Schneider: (links) Betriebsinhaber Klaus Schneider, (Mitte) Senior Berthold Schneider und (rechts) Geselle Paul Schneider.
    Drei Generationen der Schleeriether Steinmetzfamilie Schneider: (links) Betriebsinhaber Klaus Schneider, (Mitte) Senior Berthold Schneider und (rechts) Geselle Paul Schneider. Foto: Silvia Eidel

    Ab dem zweiten Lehrjahr arbeitete der Junge an der zu Ende gehenden Baustelle am Hauptturm des Münsters mit. Die Arbeiten werden dabei immer weit im Voraus geplant. "Im Winter haben wir die Stücke in der Werkstatt aus Sandstein vorgearbeitet, im Sommer haben wir sie dann eingesetzt."

    In 100 Jahren einmal ums Münster herum

    Ein weiteres Jahr erhielt Paul Einblick in den Erhalt der alten Sandsteine, in die eigentliche Restaurierung. Parallel zur Sanierung des Hauptturms wurden am nördlichen Chorturm ein Gerüst für die nächste Baustelle aufgebaut und erste Steinmetzarbeiten erledigt. "Man sagt ja, dass die Bauhütte in 100 Jahren einmal um die Kirche herum arbeitet", meint Klaus Schneider.

    Etwa 15 bis 20 Steinmetze und drei Auszubildende sind in der Bauhütte beschäftigt, Arbeitgeber ist die evangelische Kirche. Denn das Ulmer Münster ist ein evangelisches Gotteshaus und auch kein Dom, wie es bei einem Bischofssitz der Fall ist, sondern eine Bürgerkirche.

    In der Werkstatt des elterlichen Betriebs arbeitet Paul Schneider jetzt als Steinmetzgeselle mit.
    In der Werkstatt des elterlichen Betriebs arbeitet Paul Schneider jetzt als Steinmetzgeselle mit. Foto: Klaus Schneider

    Zur Berufsschule musste Paul Schneider nach Freiburg in den Blockunterricht. Gesteinskunde, Stilkunde, Schriftzeichnen, aber auch Fachrechnen oder der Umgang mit CNC-Maschinen und Computerzeichenprogrammen waren Unterrichtsinhalte. "Zum Teil werden die Steinstücke heutzutage vom Roboter vorgefräst", erläutert sein Vater. Das heißt: Der Beruf ist körperlich nicht mehr so anstrengend wie früher, nicht alles wird von Hand erledigt, viele Maschinen erleichtern die Arbeit.

    Ein Maßwerkssegment als Gesellenstück

    Als einen Teil seiner praktischen Gesellenprüfung fertigte Paul aus Schleeriether Sandstein ein sogenanntes Maßwerkssegment, ein profiliertes Stück für ein gotisches Fenster. Die spezielle Formensprache des Ulmer Münsters spiegelt sich darin wieder. Souverän bewältigte er auch den zweiten praktischen Prüfungsteil: unter Beobachtung der Prüfer in einer vorgegebenen Zeit nach einer Zeichnung ein Profilstück zu fertigen. Mit der Note 1,6 war er als Ulmer Kammersieger einer der drei besten Auszubildenden in Baden-Württemberg.

    Eine marode Brüstung am Ulmer Münster wird ausgebaut, um in der Werkstatt saniert zu werden.
    Eine marode Brüstung am Ulmer Münster wird ausgebaut, um in der Werkstatt saniert zu werden. Foto: Paul Schneider

    Seine Gesellenzeit hat Paul jetzt im väterlichen Betrieb in Schleerieth begonnen. "Ich hätte zwar auch in Ulm bleiben können, das hat mir immer Spaß gemacht, aber ich wollte daheim einsteigen", erklärt er. Denn er fühlt sich im Dorf verwurzelt, hier sind seine Familie, seine Freunde, sein Fußball.

    Mit ihm steht jetzt die sechste Generation der Steinmetzfamilie Schneider in den Startlöchern. "Ich hatte aber nie Druck und konnte mich frei entscheiden, ob ich das hier machen will", unterstreicht der 19-Jährige. Jetzt will er Erfahrungen als Geselle sammeln und dann schauen, wo er seinen Meister machen könnte. "Man hofft zwar, dass er in den Betrieb kommt", bekennt der 54-jährige Vater. "Aber ich habe ihn nie gedrängt".

    Mit dem 81-jährigen Senior Berthold Schneider, der noch in der Firma mithilft, agieren nun drei Generationen unter einem Dach plus drei angestellte Facharbeiter. Das Büro managt Pauls Mutter. Für eine Weiterführung des uralten Handwerks in der Familie stehen die Zeichen gut.

    Blick auf den eingerüsteten Hauptturm des Ulmer Münsters sowie auf die Strebepfeiler am Kirchenschiff.
    Blick auf den eingerüsteten Hauptturm des Ulmer Münsters sowie auf die Strebepfeiler am Kirchenschiff. Foto: Paul Schneider
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