Es half auch kein Einschmieren der Gelenke mit Rheuma-Salbe: „Lissy ist daheim geblieben“, sagt Kirchweihschäfer Winfried Huppmann. Beim Hammeltanz, dem traditionellen Höhepunkt der Geldersheimer November-Kirchweih am Sonntag, fehlte in diesem Jahr der „Hammel“. Genauer Kirchweihschaf Lissy.
Der Kerwaschaffer hatte sich ob der Gelenkschmerzen des Mutterschafs, das schon seit zwölf Jahren dabei ist, entschieden, ihr den Anmarsch zum „Plua“ zu ersparen. „Sie hat stark gehinkt.“ Das berühmteste Schaf des Golddorfs Geldersheim ist mittlerweile schon recht betagt, nähert sich der schaflichen Altersgrenze von 15 Jahren. Und Tochter Franzi, ein Einzelkind, scheint noch ziemlich menschenscheu. Wahrscheinlich, weil sie anders als ihre Mutter in keiner Herde aufgewachsen ist, vermutet Hobbyschäfer Huppmann.
Nun dämmert langsam die Nachfolgefrage, nachdem die schafsgeduldige, umgängliche Lissy nur einmal vertreten worden ist, vor Jahren durch Kirchweihschaf Max.
Die Galderschummer Kerwa, die seit 1989 wieder in traditioneller Form durch den Verein für Heimat- und Brauchtumspflege gefeiert wird, ist kein Fest wie jedes andere, sondern eine lokale Institution in einem Dorf, das seit diesem Jahr offiziell eines der schönsten in Bayern ist. Schon 1764 wurde den Geldersheimern durch den Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim dekretiert, am Wochenende vor dem ersten Advent Nach-Kirchweih zu feiern. Daraus entstand die heutige Dorfkirchweih. Schon aus den Zwanziger Jahren gibt es ein altes Foto vom Hammeltanz mit Rummelplatz, der auch an diesem Jahr wieder geboten worden ist.
Am Donnerstag ging's los, als die sieben Fichtenpärli im Gemeinderat „Bätzerli“, kleine Stoffschafe und Lebkuchenherzen, verkauften. Am Freitag folgte der Kirchweihtanz im Fränkischen Hof mit den Körnier Rucksern. Am Samstag gab's Ständerli und das Aufstellen der Fichten, bevor am Sonntag bei Sonnenschein und „Schafskälte“ zugleich der Hammeltanz nach dem Festzug zum Oberdorf angesagt war.
Die Geldersheimer Musikanten spielen Dreher und andere fränkische Rundtänze. Bürgermeister Oliver Brust begrüßt persönlich, natürlich in Tracht, mit Pelzmütze und hochgezwirbeltem Kirchweihbärtle. Auch heuer sind einige Promis dabei, darunter Poppenhausen Bürgermeister Ludwig Nätscher (auch in Tracht) oder Landrat Florian Töpper. Einige befreundete Gasttrachtler aus Oberbayern geben sich ebenso die Ehre wie Besuch aus dem befreundeten Blumenau, deutsche Brauchtumsinsel in Brasilien, wo man mittlerweile ebenfalls „fränkische Kerwa“ feiert – Hammeltanz inklusiv.
Der Rathauschef streut Kleie, damit niemand bei Züpferle oder Rheinländer auf dem glatten Tanzboden ausrutscht. Dann geht's los. Die Fichtenpärli wirbeln in Tracht im Kreis. Erst wird eingetanzt, dann der berühmte Wecker aufgezogen und auf den Strohballen in der Mitte gestellt.
Der Buschen, ein blumengeschmückter Stab, wandert von Pärchen zu Pärchen: Diejenigen, die ihn in der Hand halten, wenn's klingelt, sind das neue Hammelkönigspaar. In diesem Jahr macht es der lange tickende Chronometer besonders spannend. Beinahe wäre die Reihe am Bürgermeister. Stattdessen erwischt es Lena Pröstler und Nico Brembs, die zum ersten Mal dabei und von der „Grafenrheinfelder Kirchweih“ ausgeliehen worden sind. Die neue Königin ist eigentlich Sennfelderin, der König Schwebheimer mit Röthleiner Wurzeln, der Landkreis also bestens vertreten.
„Ich bau dir ein Schloss, so wie im Märchen“, klingt es zur Ehrenrunde. Das Vorjahreskönigspaar Kai Hüser und Sina Kreutzberger übergibt die Insignien der Macht, Zepter und Reichsapfel, bevor im Fränkischen Hof weitergefeiert wird. Am Abend startet dann der Fackelumzug Richtung Untertor, bei dem viele junge Leute dabei sind. Es geht feuchtfröhlich zu und romantisch, passend zum Schneewalzer wirbelt die erste weiße Pracht des Winters herab.
Nico Brembs, der wohlweislich Anorak statt Tracht trägt, gebührt zusammen mit Lena Pröstler die nächste Ehrenrunde. Am Montag feierte dann die ältere Generation den Kerwaausklang. Seniorschaf Lissy wird am Adventssonntag ihren großen Auftritt haben, diesmal im Warmen – in der kuscheligen „Lebenden Krippe“ in den Kirchgaden.