Es herrschte nicht nur eitel Sonnenschein, beim Diskussionsabend mit Anja Weisgerber, zum Thema "Klimakrise". Die Begrüßung im Kolping-Hotel übernahm Christoph Appel von den "Grünen", zugleich Mitglied der NGO (Nichtregierungsorganisation) "Campact". Rund 60 Besucher waren beim Vortrag mit anschließender Debatte dabei und kritisch gestimmt. Die Politik lasse sich beim Klimaschutz viel zu sehr von der Wirtschaft dominieren, lautete der Tenor. Auf kleinen gelben Kärtchen durften die Diskutanten der Bundestagsabgeordneten ihre Anliegen mitgeben. Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035 lauteten zwei Kern-Forderungen.
Der Klimaschutz ist mit den "Fridays for Future"-Protesten wieder in aller Munde. In zwei Wochen will sich Weisgerber mit Schülervertretern treffen. Es werde sowohl national wie international etwas gemacht, um den "Gordischen Knoten" zu durchschlagen, sagte die Klimaschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion. Nur: "Klimaschutz ist nicht nur Umweltpolitik." Es gehe ebenso um Wirtschaft, Finanzen, Verkehr, um Arbeitsplätze und die Bereitschaft des einfachen Bürgers, mitzumachen.
Die Einberufung eines ressortübergreifenden "Klimakabinetts" durch Angela Merkel sei das richtige Zeichen. In Paris und Kattowitz habe man konkrete Ziele beschlossen. Ärmere Länder erhielten Unterstützung, um in erneuerbare Energien zu investieren. Die reichen Industrienationen würden ermuntert, sich nach dem "Klingelbeutel-Prinzip" ambitionierte Klimaziele zu stecken. Trotz Trump: In den USA seien Bundesstaaten wie Oregon oder Kalifornien bereit, auf ihrer Ebene Klimaschutzpolitik zu betreiben. Europa sei Taktgeber, mit Emissions-Zertifikaten und jüngst verschärften Grenzwerten: "Wir müssen der Autoindustrie die Daumenschrauben anziehen."
Von der LED-Umrüstung bis zu lokalen Klimaschutzprogrammen
Auch Deutschland sei Vorreiter, mit über 100 Maßnahmen, um den Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um mehr als die Hälfte des Stands von 1990 zu reduzieren: von der LED-Umrüstung bis zu lokalen Klimaschutzprogrammen, auch in Schweinfurt. Man sei auf dem Weg zum Klimaschutzgesetz. Für die Wirtschaft seien die neuen Technologien, wie Speichertechnik, Batterie-Recycling oder Brennstoffzellen, eine "Riesenchance". Bis 2022 könne man eine Million Elektrofahrzeuge erreichen (die eigentlich bis 2020 kommen sollten), bis 2040 den Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien von derzeit 40 auf 65 Prozent. "Der Gebäudebereich ist ein schlafender Riese", sagt Weisgerber, die staatliche Förderung für Sanierungen fordert und an eine ökologische Steuerreform denkt.
Der Saal hört die Botschaft wohl, vielen fehlt aber der Glaube. "Wir haben keine Zeit mehr", sagt Christoph Appel. Das mit den "Daumenschrauben" der Politik funktioniere bei der Autoindustrie ebenso wenig wie bei der Kohle. Auch eine Anhängerin der protestierenden Schüler ist da. Ihr sind die Maßnahmen viel zu unkonkret, sie vermisst den großen Wurf, vom Problem "Sojaanbau" bis zur Stärkung der Schiene. Schon mit einer Geschwindigkeitsreduzierung auf der Autobahn könne man drei Prozent Emissionen einsparen, sagt Erich Waldherr.
Auch SuedLink-Gegner sind vertreten: Die Milliarden Euro, die mit der Hochspannungs-Trasse "verbuddelt" würden, ließen sich besser für eine dezentrale Energieversorgung verwenden, heißt es. Letztlich würde mit SuedLink doch nur wieder Kohlestrom transportiert. Auch der Kirchliche Umweltberater Christof Bärhausen übt Kritik, etwa an 80 000 Arbeitsplätzen, die durch die "EEG-Verballhornung" in der Solarbranche verloren gegangen seien. Während fossile und atomare Brennstoffe immer noch subventioniert würden. "Es ist nicht fünf vor 12, es ist schon zehn nach 12", warnt Bärhausen. Warum gebe es in Deutschland noch Billig-Inlandsflüge?
Stromtransport vom Norden ist notwendig
Die Parlamentarierin sieht manches differenzierter: Ganz ohne Stromtransport vom windreichen Norden in den Süden gehe es nicht. Selbst die Grünen seien nicht gegen SuedLink. Man arbeite bereits am Kohleausstieg, bis spätestens 2038. "Mir geht es auch zu langsam", sagt Weisgerber: "Ich bin ein Stück weit die Grüne in der CSU." Nur: Deutschland sei die einzige Industrienation, die neben dem unumkehrbaren Kernkraftausstieg nun auch noch das Kohle-Aus bewältigen müsse. Die Abgeordnete warnt davor, dass es "Transformations-Verlierer" geben werde. Auch um deren Anliegen müsse man sich kümmern.
