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Kunsthalle: Sammler Joseph Hierling ist glücklich

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Kunsthalle: Sammler Joseph Hierling ist glücklich

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    Als Joseph Hierling die künftige Heimat seiner Sammlung im August 2005 zum ersten Mal betrat, da planschten noch leicht bekleidete Menschen im Schwimmbecken, dessen Betonwanne hinunter in die Kellerregionen ragte, in denen später einmal seine Gemälde hängen sollten. Als Hierling kürzlich das ehemalige Ernst-Sachs-Bad wieder besichtigte, da stand der 500 Quadratmeter große Saal unter der großen Halle bereit zum Hängen. Und Hierling war glücklich und begeistert über diesen tollen Raum, der nicht schöner sein könne, wie er nicht müde wurde zu betonen.

    Anfang April kommt seine komplette, rund 500 Gemälde umfassende Sammlung Expressiver Realismus, die derzeit in einem Depot lagert, nach Schweinfurt. Mitte April wird gehängt, und zwar nicht nur für die Dauerausstellung unter der großen Halle. Zur Eröffnung der Kunsthalle wird auch der Raum nebenan bespielt, der so genannte Umgang unter dem Innenhof. Etwa 80 bis 90 Bilder werden in der Dauerausstellung Platz finden, der Rest kommt ins Depot und dient als Fundus für eine Wechselausstellung jährlich. So steht es im Vertrag, der die Übernahme der Gemälde als Dauerleihgabe für zunächst zehn Jahre regelt.

    Derzeit arbeitet der Grafik-Designer Karl-Heinz Weppert am Feinschliff des umfangreichen Katalogs, der zur Eröffnung erscheinen wird. Darin zieht die Hauptautorin Ingrid von der Dollen sehr kluge Verbindungen zwischen den Künstlern, die lange Zeit im Abseits der Wahrnehmung standen und ihren Werken, lobt Hierling die Kunsthistorikerin. Die zeichnet darüber hinaus auch seinen eigenen Weg als Kunstliebhaber, der mit der ersten Begegnung des 17-Jährigen mit dem Maler Rudolf Brüder begann. Später lernte der Kameramann Hierling Albert Birkle kennen, dessen frühe Gemälde den Grundstock seiner Sammlung bilden. Damals nahezu unbekannt, sind dessen Werke inzwischen in vielen großen Häusern zu sehen. Auch „Die Leipziger Straße“ von 1921 hat der Sammler nach Tokio und Paris ausgeliehen, bevor das große Gemälde nun endgültig in Schweinfurt zu sehen sein wird.

    Auf die Frage nach der Konzeption für die Dauerausstellung spricht Hierling von 80 bis 90 exemplarischen Bildern der besten Vertreter, die er im Zusammenwirken mit Erich Schneider auswählen wird, wobei der Kurator das letzte Wort habe. Beim Durchblättern der Fotos seiner gesamten Sammlung ist ihm aber anzumerken, wie schwer ihm eine Auswahl fällt. Am liebsten würde er wohl alle Künstler zeigen, die die „verschollene Generation“ genannt werden, weil ihr Frühwerk zwischen 1920 und 1930 weitgehend zerstört wurde und sie nach dem Zweiten Weltkrieg gegen den Zeitgeist der Abstraktion malten – was erklärt, warum ihr Spätwerk so lange Zeit im Verborgenen lag. „Trotz der hervorragenden Qualität“, wie Hierling immer wieder betont und an vielen Beispielen belegt.

    Neben Birkle beispielsweise Franz Frank mit „Unterführung in Stuttgart“ von 1929. Dieses große Gemälde galt lang als verschollen. Weil Frank es selbst für eines seiner wichtigsten Arbeiten hielt, wollte er unbedingt ein Foto davon in seiner Monografie haben. Das Werk tauchte aber erst nach seinem Tod 1986 auf und Hierling konnte es erwerben.

    Oder der „Thanatos“ von Walter Becker, das „Selbstbildnis“ von Julius Hüther, „Die nächtliche Straße in Paris“ von Robert Liebknecht, dem Sohn von Karl Liebknecht. Nicht zu vergessen Erich Glette, Alfred Wais oder Franz Gebhardt-Westerbuchberg, um nur einige Namen zu nennen. Zu den wenigen Künstlerinnen dieser Generation zählt auch Käthe Löwenthal. Die Jüdin wurde 1942 deportiert und in einem lettischen Vernichtungslager umgebracht. Ihr Werk wurde bei einem Bombenangriff auf Stuttgart fast vollständig zerstört. Ein Junge rettete nur eine Mappe mit Pastellen, von denen Hierling einige erwerben konnte.

    Der Sammler ist sicher, dass die Besucher begeistert sein werden. So wie damals im Museum Expressiver Realismus in Kißlegg, das der gleichnamige Förderkreis mit Hierling als Mitglied zwölf Jahre lang betrieben und in dem er Teile seiner Sammlung gezeigt hatte. Die sehr konkreten Pläne für ein dauerhaftes Museum nahe München hatten sich zerschlagen. Vergangenheit. Schweinfurt erfüllt alle wichtigen Voraussetzungen: die Sammlung bleibt zusammen, wird sehr gut präsentiert, von Kunsthistorikern betreut und einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Da nimmt Hierling den Nachteil der großen Entfernung zu seinem Wohnort am Starnberger See gerne in Kauf.

    Eröffnung der Sammlung Hierling am Donnerstag, 28. Mai.

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