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WERNECK: Leben spenden und empfangen

WERNECK

Leben spenden und empfangen

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    Spender: Simon Hofmann hat mit seinen Stammzellen vermutlich ein Leben gerettet.
    Spender: Simon Hofmann hat mit seinen Stammzellen vermutlich ein Leben gerettet.

    Ich habe die Typisierung lange vor mir her geschoben – Spritzen und ich sind echt keine Freunde“. Die Registrierung als Stammzellen-Spender gehörte für Simon Hofmann zu diesen Dingen, die man schon lange mal anpacken anpacken wollte, wie Keller entrümpeln oder die Steuererklärung. Doch als die Tochter eines Soldatenkollegen an Leukämie erkrankte und in der Veitshöchheimer Kaserne eine große Typisierungsaktion organisiert wurde, da ließ sich auch Hofmann stechen.

    Gut so, denn schon drei Wochen später flatterte ein Umschlag in den Briefkasten der Familie Hofmann: Vater Simon kommt als Lebensretter infrage, schrieb die Stefan-Morsch-Stiftung, in deren Datei er sich hatte aufnehmen lassen.

    Ganz schön große Röhrchen voller Blut musste sich Hofmann abzapfen lassen. Im Labor wurde dann überprüft, ob seine Merkmale tatsächlich denen des kranken Empfängers entsprechen – und tatsächlich, am 22. Januar 2013 kam der Anruf, Simon Hofmann wurde zur Stammzellspende eingeladen. Schon zwei Tage später saß Hofmann im Krankenhaus zur Voruntersuchung. Die Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands älteste Knochenmark-Spenderdatei, hat in Idar-Oberstein eine eigene Klinik aufgebaut.

    „Die haben mich in einem echten Untersuchungsmarathon von oben bis unten durchgecheckt“, erzählt Hofmann. Ein willkommener Nebeneffekt: „Man erfährt, ob mit einem selbst alles okay ist.“ Und es war alles okay, der Weg zur Stammzellspende frei.

    Begeistert ist Simon Hofmann noch immer, dass sich die Oberärztin persönlich ganze zwei Stunden Zeit genommen hat, um ihm genau zu erklären, was auf ihn zukommt. Die Mediziner hatten entschieden, dass Simon Hofmann über die sogenannte periphere Stammzellspende zum Lebensretter werden sollte.

    Das bedeutet, dass er ein Hormon spritzen muss, das seine Stammzellen zum Wachstum anregt. Der Körper produziert dann so viele Stammzellen, dass sie vom Knochenmark ins Blut ausgeschwemmt werden. Ähnlich wie bei einer Dialyse können die Stammzellen dann bei vollem Bewusstsein und ambulant aus dem Blut herausgefiltert werden. Etwa 80 Prozent der Stammzellspenden werden heute mit dieser Methode gewonnen. Bei den restlichen 20 Prozent wird Knochenmark aus dem Beckenkamm herausgeschabt. Das ist dann natürlich mit einer Vollnarkose und einigen Nächten im Krankenhaus verbunden.

    Spritzenhasser Hofmann hätte sich „die härtere Methode“ gewünscht, hätte er entscheiden dürfen. Denn jetzt blieben noch zwei Wochen bis zur Spende – und der große Spritzenmarathon. „Es waren insgesamt elf Spritzen“, berichtet Simon Hofmann und zieht die Augenbrauen hoch, „die musste ich mir morgens und abends selbst in den Bauch spritzen“. Toll fand er das nicht, aber er ist schließlich Soldat und auch sonst ein Typ, der „es dann auch richtig durchziehen will“.

    Die erste Spritze setzte ihm noch seine Frau Katrin, von Beruf Arzthelferin, dann wollte er selbst ran. Sein Rücken schmerzte, das Brustbein tat weh, doch das ist eine ganz normale Nebenwirkung, wenn die Stammzellen aus dem Knochenmark drücken. Aber mit Paracetamol, dem einzig erlaubten Schmerzmittel in dieser Phase, kam Simon Hofmann krankgeschrieben über die Tage.

    Außerdem wusste er zu diesem Zeitpunkt, dass er nicht mehr kneifen darf. Wenn er einen Rückzieher gemacht hätte, wäre der Empfänger der Stammzellspende mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit gestorben. Denn als Vorbereitung auf die fremden Zellen wird das Immunsystem des Empfängers zerstört. Das haben die Ärzte Simon Hofmann klipp und klar gesagt, aber er hätte es sowieso durchgezogen.

    Bei der Spende selbst kam dann ein Venenkatheter im einen Arm, auf der anderen Seite noch einer. Simon Hofmanns Blut floss bei der sogenannten Stammzellapherese aus dem Körper raus, durch die Apheresemaschine und dann zurück in den Körper. Er konnte beobachten, wie sich ein Beutel mit den wertvollen Zellen füllte. Dreieinhalb Stunden saß Hofmann, von einem Haufen Kissen gepolstert, bewegungslos im Sessel, dann war genügend Material zusammen: 430 Millionen Stammzellen spendete Hofmann, 380 waren gefordert gewesen.

    Allgemein kann die Prozedur bis zu fünf Stunden dauern, etwa jeder Fünfte muss am nächsten Tag noch einmal nachspenden. „Es ist eine Gelegenheit, einmal etwas zurückzugeben“, sagt der Vater von zwei Töchtern. Angenehm sei die Spende-Prozedur zwar nicht gewesen, aber er würde trotzdem jederzeit wieder einwilligen.

    Von dem Empfänger weiß er nur, dass es eine Frau ist und dass sie in Deutschland lebt. Simon Hofmann hofft sehr, dass es der Frau inzwischen besser geht und dass sie ihn nach den zwei Jahren Sperrfrist auch kennenlernen möchte. In einigen Wochen darf er einmal bei der Stiftung anrufen und nachfragen, ob die Patientin die Behandlung überlebt hat, erzählt Simon Hofmann. „Mich würde ihre Geschichte sehr interessieren.“ Bald will er ihr den ersten Brief schreiben.

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