„Herdprämie“, „Wickelvolontariat“ oder „Gebärmaschine“ – kontrovers und emotional wird zurzeit über Familienpolitik diskutiert. Der Bezirksverband der Liberalen hatte zu diesem Thema mit der Bundestagsabgeordneten Miriam Gruß eine Rednerin eingeladen, die wie die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin mit der Bezeichnung „Rabenmutter“ keinerlei Probleme hat.
Die Augsburgerin Gruß sieht sich stellvertretend für die neue Mutter-Rolle im Land: Sie will Karriere und Kind unter einen Hut bekommen. Während die 31-jährige Mama eines kleinen Sohnes den Liberalen aus Unterfranken erklärt, wie moderne Familienpolitik aussehen soll, liest zu Hause ihr Mann – wie so häufig – die Gute-Nacht-Geschichte vor.
„Es ist schwer, beides miteinander zu vereinbaren“, gibt sie unumwunden zu. Gerade deshalb will sie in Zeiten, in denen sich das klassische Familienbild zunehmend wandelt, eine neue Politik mitgestalten und für die FDP in den Wahlkampf einbringen. Erfahrung hat sie trotz ihres relativ jungen Alters jedenfalls genug. „Glauben Sie mir, in den drei Jahren habe ich so gut wie alle Betreuungsmodelle ausprobiert.“
Ihr Hauptanliegen lautet deshalb: „Es darf keine Monopolstellung der klassischen Familie geben.“ Noch immer lege die Koalitionsregierung Vätern und Müttern zu viele Steine in den Weg. So müsse die Kinderbetreuung bereits im nächsten Jahr und nicht erst 2013 kommen. Und beim geplanten Betreuungsgeld von 150 Euro werde zu wenig auf die individuelle Förderung im wichtigen Alter bis zu fünf Jahren geschaut. Das Geld werde wieder einmal nur nach dem „Gießkannenprinzip“ unters Volk gebracht. „Man muss sich nicht wundern“, so Gruß in Schweinfurt, „wenn dieses schon als Schnapsgeld für die Eltern bezeichnet wird.“
Die junge Mutter mit Karriere-Job fordert deshalb durchdachte Konzepte. Jene, die sie in Schweinfurt vorstellte, stießen bei den liberalen Parteifreunden fast ausschließlich auf Zustimmung. Lediglich die von den Jungen Liberalen und Gruß präsentierte Idee einer Privatisierung der Kindergärten fand weniger Anklang. Die FDP plant, dass Gutscheine das umstrittene Betreuungsgeld ersetzen sollen; diese könnten die Eltern in Krippen oder bei Tagesmüttern einlösen. Dazu, so Miriam Gruß, müsse sich aber auch noch die Akzeptanz für eine solche Betreuung ändern: Während in Frankreich bereits 62 Prozent der Mütter hierzu bereit wären, sind es hierzulande gerade einmal sieben Prozent. Da sich die Arbeitszeiten zunehmend ändern, müssten künftig solche Einrichtungen flexiblere Öffnungszeiten anbieten.
Zusätzlich wollen die Liberalen Eltern-Hotlines einrichten. Zudem kann sich die Bundestagsabgeordnete eine Leih-Oma-Betreuung vorstellen: „Das beste Modell ist immer noch Oma und Opa. Vielleicht ist es nicht die eigene, und sicherlich würden sich einige hier einbringen wollen“, glaubt Gruß. Zu guter Letzt brauche Deutschland mehr „Väterfreundlichkeit“, auch in der Personalpolitik der Unternehmen. Hier spricht sie wieder aus eigener Erfahrung. „Auch mein Mann wurde von seinem Arbeitgeber unter Druck gesetzt, weil er mit Kind nicht so flexibel sein konnte wie ein Kollege ohne.“