„Die Woche fängt schon gut an“, soll der legendäre Räuber Kneißl geflachst haben, als man ihn zur Hinrichtung führte. Soviel Galgenhumor brauchte es in der ausverkauften Disharmonie nicht. Lisa Fitz forderte mit ihrem neuen Programm am Montag einfach nur „Mut“. Den bewies die blonde Aktrice aus dem Rottal schon mit ihrem knapp sitzenden Dirndl.
Als Trojanisches Pferd würde sich die einstige Hitparaden-Moderatorin gern mal jodelnd in den Musikantenstadl schleichen: „Außen Pferd, innen Krieger.“ Da kokettiert die charismatische Kabarettistin mit den Katzenaugen, Jahrgang 1951, dann doch: Sie hat sich auch äußerlich gut gehalten, Protest hält jung.
Ja, der Mut: Woher nehmen, in Zeiten von „German Angst“, „Massenresignation“ und „Lemming-Denke“? Die Fitz zitiert Woody Allen: Das Einzige, was zwischen ihm und seinen Zielen stehe, sei er selbst. Oder John Wayne, der sagte, man muss erst die Todesangst überwinden, bevor man sich in den Sattel schwingt. Wir sind die Riesen unserer Träume, im alltäglichen Leben aber meist angstvolle Zwerge.
Als erste Mutprobe soll jemand aus dem Publikum auf die Bühne kommen. Oder der Reporter der Zeitung, dieser „Skorpion aus dem Dunkel“, wenn der sich traut? Das wäre ja noch schöner. Am Ende geht Rosi nach vorn. Eine wackere Frau. Und holt sich Fitz' Buch ab: „Der lange Weg zum Ungehorsam.“
Als Linke wirkt Fitz fast schon wieder konservativ. Der Charakterkopf aus bajuwarischer Künstlerdynastie hat einen urigen Cadillac unten vor der Kulturwerkstatt geparkt, einen Teddybär auf dem Rücksitz, Kennzeichen „PA-NK 1“ (was „Punk“ bedeuten könnte, oder „Panik“?). „Mut-Mut-Mut“ lässt sie oben das Publikum skandieren. Oder eine Oma über Skinheads spotten, die nach der Chemo auch noch ortopädische Schuhe nötig haben. Sie spricht über Neonazis, die geheime Botschaften über Zahlencodes austauschen – etwa 18 für AH, Adolf Hitler, Reihenfolge im Alphabet, Initialen und so. „13-21-20“ wäre auf dem T-Shirt demnach ein Chiffre für Mut. Braucht ja nicht jeder Nazi zu wissen, dass man sowas hat.
Eva Hermans kluge Schwester
In bildgewaltigem Monolog sinniert die Hebertsfeldenerin übers Fernsehen, das das Lagerfeuer abgelöst hat, um das die Neandertaler-Horde vormals saß. Und das jetzt der totalen Vereinsamung namens Internet zum Opfer fällt. Allein ist dort trotzdem niemand, dank „Sackerbörg“ und der CIA. Das ganze Land im Überwachungswahn, eine „Edel-DDR“. Zivilcourage hätte es nötiger als Soldatenmut, als Aufhetzung zum Krieg, schimpft Lisa Fitz in Uniform, sei es nun mit Lügen von Vaterland oder von Demokratie. Derb die Seitenhiebe auf die „Bundespanzlerin“, die für Milliarden Euro Leos nach Saudi-Arabien liefert, wo Frauen geprügelt werden, sobald sie Auto fahren. Dafür würde Merkel im Sudan ausgepeitscht, als Frau im Hosenanzug.
Wenn Lisa Fitz so richtig in Rage ist, wird sie zur großen, linken, klugen Schwester von Eva Herman, heute Wahrheitssucherin im Internet. Geißelt Medienmanipulateure und Zeitungszaren a la Murdoch, die Verschwörungen der Mächtigen und Reichen, das Abspeisen der Dummen mit Nachrichtensalat. Mit „I bin bläd“ hat sie schon 1972 die selige Unwissenheit besungen. Fitz gegen den Filz: „Die Lüge muss nur groß genug sein, damit jeder sie glaubt.“ Hat Hitler (leider) richtig erkannt. Heute fahren wir alle „die Deppenstraße durchs Tal der Ahnungslosen, ins Land der zerronnenen Hoffnungen“. Her mit der Gitarre: „Sei wachsam!“ nennt sich der Hymnus von Reinhard Mey auf das selbstständige Denken. Die Freiheit nutzt sich ab, wenn sie nicht benutzt wird.
Die Männer des 20. Juli, die (alte) SPD, die, das KZ vor Augen, gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hat, das sind die Idole der Powerfrau. Oder Rosa Parks, eine Farbige, die die Aufhebung der amerikanischen Rassengesetze in Gang gesetzt hat. Einfach dadurch, dass sie sich geweigert hat, im Bus einem Weißen Platz zu machen. Aufbegehren als menschliche Grundtugend. Überhaupt, die Frauen und ihr Kampf im „männlichen Triebtreibsand“ Es sind Mut- und Wutmachgeschichten, die manchmal schon wie das Pfeifen im Walde klingen, aber wenigstens mit schmissiger Melodie.
Am Schluss noch etwas Comedy, von wegen „Mut zum Alter“. Die Grande Dame des Protests verzerrt ihr Gesicht, um die Tücken des Faceliftings zu demonstrieren: O Graus und Applaus.