Wipfeld und die große Welt – das war einmal vor vielen Jahren, verkörpert durch die Literaten Conrad Celtis (1459 bis 1508), Engelbert Klüpfel (1733 bis 1811), Nikolaus Müller (1748 bis 1833) und Eulogius Schneider (1756 bis 1794). Nun kehrt diese Zeit wieder zurück in Form des neuen Literaturhauses. Für 30 000 Euro wurde das historische Anwesen 1 in der Bachgasse von der Gemeinde gekauft, auf 800 000 Euro belaufen sich die Kosten für Sanierung und Renovierung, „darunter 600 000 Euro staatliche Zuschüsse“, so Bürgermeister Peter Zeißner, der sich mit seiner kleinen Kommune somit auf Augenhöhe befindet mit München und Nürnberg. Denn nur in der Landeshauptstadt, in der Mittelfranken-Metropole und nun eben im Weinort am Main gibt es in Bayern ein Literaturhaus.
Fränkische Autoren
Im Wipfelder Haus sollen im Erdgeschoss und auch im Außenbereich fränkische Literatur und Werke fränkischer Autoren lebendig präsentiert werden. Der erste Stock ist den vier großen Söhnen Wipfelds gewidmet. Nicht in Form einer Vitrinen-Ausstellung, sondern audiovisuell. „Damit ist der Besucher aktiv eingebunden“, betont Dagmar Stonus vom Kultur-Dienstleister FranKonzept, dem die Leitung des Projektes Literaturhaus Wipfeld übertragen worden ist.
Am 2. Oktober anlässlich des 550. Geburtstages von Celtis wird das Literaturhaus eröffnet. Doch schon jetzt kommt Leben in die schmucke Bude. Mit dem interaktiven Schülerschreib-Wettbewerb „Auf und davon“ zum Thema „Zeit-Reise“. Schüler der ersten bis zehnten Klassen aus den Landkreisen Schweinfurt und Kitzingen schreiben dabei zusammen mit den Kinder- und Jugendbuchautoren Krystyna Kuhn (Lohr), Karin Schaffner (Schweinfurt) und Reinhold Ziegler (Mömbris) selbsterfundene Geschichten. Und erst am Ende erfahren die Schulklassen, mit welchem Autor sie ihre Story zusammengebastelt haben. „So bleibt das Ganze spannend“, erklärte Stonus nun bei der Startveranstaltung, zu der sich neben den Autoren auch Vertreter von Gemeinde, Schule und Jury eingefunden hatten.
Bei aller Unterschiedlichkeit sollte eines bei den Geschichten gleich sein: Sie starten stets am Mainufer in Wipfeld – dort, wo Conrad Celtis vor über 500 Jahren auf einem Floß seiner Heimat „Ade“ sagte. Es folgten abenteuerliche, inspirierende Reisen nach Italien, Österreich und Ungarn. Heute gilt Celtis laut Literaturhaus-Pressemitteilung „als der bedeutendste Frühhumanist und Dichter seiner Zeit in Deutschland“. GPS-Fans unter den Wettbewerbsteilnehmern können übrigens locker auf den Spuren des berühmten Mannes wandeln. Das Literaturhaus hat am Mainufer eine Markierung platziert mit den Koordinaten 49°55'17''N/10°10'44''O.
Auch dies, vor allem aber natürlich der Lockruf der Autoren, sollte motivieren zum Mitmachen. Krystyna Kuhn, die Slawistik, Germanistik und Kunstgeschichte in Würzburg, Göttingen und zeitweise auch in Moskau und Krakau studiert und als Redakteurin in einem Software-Unternehmen gearbeitet hat, ist seit 1998 freiberufliche Autorin von Romanen, Jugendbüchern und Kurzgeschichten. Gerade ist ihr sechster Erwachsenen-Roman fertig geworden.
Erzählen und mitmachen
Karin Schaffner ist nicht nur Autorin, sondern auch Erzieherin und Liedermacherin. Und ihr Schreib-Repertoire ist beeindruckend. Als da sind: Kurzgeschichten für Kinder von drei bis acht Jahren, die den Kindern auf den Rücken erzählt/gemalt werden, spannende Geschichten, die Kinder in Turnstunden in Bewegung umsetzen, also selbst erleben, Geschichten zum Vorlesen und Spielanregungen für Kinder und Eltern, ferner Gedichte, Sprachspielerisches und Zungenbrecher sowie Kreisspiele, Spiellieder und Tänze.
Reinhold Ziegler schreibt seit 30 Jahren für Jugendliche und junge Erwachsene, darunter so erfolgreiche Titel wie „Es gibt nur zwei Richtungen, Mister“ oder „Version 5 Punkt 12“. Seine Romane erscheinen in vielen Sprachen und heimsten Preise ein, unter anderem im Jahr 1990 den staatlichen Förderpreis des Bayerischen Kultusministeriums. Viele seiner Kurzgeschichten erscheinen in Schulbüchern.
Im Übrigen: Conrad Celtis kehrte nie nach Wipfeld zurück. Was dem ehrgeizigen Literaturhaus-Projekt aber sicherlich keinen Abbruch tut.
Daten & Fakten
Schülerschreib-Wettbewerb Die Anmeldung für Schulklassen läuft noch bis 15. Mai via Internet oder über die an allen Schulen in den Kreisen Schweinfurt und Kitzingen verteilten Unterlagen. Eine Jury mit Vertretern des Verbands Deutscher Schriftsteller, der Schulen, der Presse und des Literaturhauses nimmt die Prämierung vor. Die Preise überreicht Landrat Harald Leitherer im Rahmen der Literaturwoche am 11. Oktober im Literaturhaus. Zu gewinnen gibt es unter anderem Exklusiv-Lesungen der beteiligten Buch-Autoren, zudem werden die prämierten Geschichten publiziert. Informationen im Internet: www.literaturhaus-wipfeld.de