Allein mit der Stimme ein Buch beim Vorlesen zum Leben zu erwecken, ist nicht einfach. Jedes Jahr stellen sich Sechstklässler, vor allem Mädchen, dieser Aufgabe beim Vorlesewettbewerb des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Auf Landkreisebene wetteiferten nun elf Kinder. Marie Kaiser aus Sennfeld, Schülerin der Realschule Schonungen, wird als Siegerin den Kreis auf der nächsten Wettkampfebene, der unterfränkischen, vertreten.
„Ein Sieger, viele Gewinner“ lautet das Motto dieses Vorlesewettbewerbs. Organisatorin Katharina Bötsch von der Wernecker Buchhandlung Lesezeichen erinnerte vor der Preisvergabe in der Wernecker Mittelschule daran, dass alle elf Teilnehmer bereits Klassen- und Schulsieger aus allen Schularten im Landkreis sind. Dass sie also schon bewiesen haben, wie gut sie (vor-)lesen können.
Zunächst mussten die zehn Mädchen und ein Junge eine selbst gewählte Buchstelle präsentieren. „Mädchen in diesem Alter fällt das leichter als Jungen“, wusste Gabriele Freiberg, Leiterin des Staatlichen Schulamtes Schweinfurt, angesichts der geringen Jungen-Quote. Sie war eine der Juroren gemeinsam mit Rebecca Jacoby von der Landesfachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen, Joachim Schröder, dem ehemaligen Rektor der Grundschule Werneck, Manuel Peter vom Schulverband und Heike Edelmann von Radio Primaton.
Die Auswahl des Textes war ein Bewertungskriterium neben Lesetechnik und Interpretation. Wie sicher und flüssig liest der Sechstklässler, wie deutlich ist die Aussprache, wie das Lesetempo, die sinngemäße Betonung? Können die Vorleser den Text inhaltlich und atmosphärisch erfassen und die Stimmung an das Publikum vermitteln?
Gerade beim zweiten Wettbewerbsteil war das gefragt. Dort musste ein unbekannter Text drei Minuten lang vorgelesen werden. Das frisch gedruckte Siegerbuch des Börsenvereins diente als Lesefutter: „Last Secrets“ von Richard Dübell lautete der anspruchsvolle Text. Es ging um die Zwillinge Franziska und Fynn und ihren Urahn Eugene Vidocq, der sich als Geist in ihre Träume schlich.
Dass der Text für manche Elf- und Zwölfjährige schwierig war, dass bei Fremdwörtern, englischen oder französischen Ausdrücken oder langen Wörtern manche ins Stocken geriet, war die Folge. Buchhändlerin Bötsch ermunterte alle Teilnehmer, die Buch und Urkunde erhielten, zum Weiterlesen. Für die Siegerin Marie Kaiser keine Frage: Die Elfjährige verschlingt Romane und Fantasy-Bücher, erzählte sie. Und sie nahm ganz selbstbewusst einen weiteren Preis an: im Morgenradio bei Radio Primaton das Wetter vorlesen.