„Die wahre Poesie kündet sich dadurch an, dass sie, als ein weltliches Evangelium, durch innere Heiterkeit, durch äußeres Behagen, uns von den irdischen Lasten zu befreien weiß, die auf uns drücken.“ Moderator Jimij Günter zeigte sich beim schrillsten Song-Contest der Stadt selbst von der Muse geküsst – und feuerte seine Ausnahme-Künstler mit den unsterblichen Worten des Altmeisters an.
Auch sonst war beim Gegen-Grand Prix im Stattbahnhof viel Klassik angesagt – vom klassischen Reinfall bis hin zum leuchtenden Einfall. Für das Duo Klampmeyer aus Mainz gab es das „Köstliche Riesenleberwurschtbrot“ plus Gurke und Tomate: Ihre lebende Nachttischlampe überzeugte zwar weniger gesanglich (selbst Vorbild Grönemeyer jault schöner), dafür aber als originellster Beitrag des Abends.
Ein echter Goldjunge: Andreas „Kümmel“ Kümmert aus Schaippach bei Gemünden. Mit seinem ruhigen, seelenvollen Gitarrensolo „Dark Clouds“ räumte der 22-jährige Debütant aus dem Stand die Trophäe der Szenezeitschrift „Kosmischer Penis“ ab, in Gold und XXL-Format.
Das gute Stück in Silber Metallic, nebst Keyboard, gab es für „Akustikeintopf“ – die Wülfershäuser besangen als Vater und Sohn die amourösen Verwirrungen einer Patchworkfamilie. Mit naturfarbenem Pullermann auf einem Kasten Bölkstoff und Platz 3 landete das Wollmützen-Duo von Saitengezimmer, dank einer rassigen „Balkan Fiction“.
Ansonsten in der Pimmel-Parade mit dabei: Der Hambacher Chansonier Markus König, in diesem Jahr weit abgeschlagen. Der Jugend die Meinung geigte der Lokalmatador des Landratsamts, Wozniak, nebst einem Kosmischen Bassmusikanten. Eher in die (Radler-) Hose ging der Beitrag eines Duos aus Frammersbach, über das haarige „Schwarze Loch“ in uns allen.
Ungewohnt brav: Der Bamberger Borderline-Barde Else Admire und sein verstrahlter Schmachtfetzen über die „Kugelfischer von Nagasaki“. Einen respektablen letzten Platz (von 16) belegte der Karlstädter „Mister Turmkaufhaus“ am Harmonium, auf einem musikalischen Rundgang durch das gleichnamige Einkaufsparadies.
Monsieur Larson und der Valdezz aus Würzburg folgten 2009 dem Trend zu gesanglichen Edeldepression. Aus Oberhausen am Rhein kam Sebastian Müller alias „Captain's Diary“ angesegelt: Mit einem schmissigen Gitarrensolo landete er auf Platz 4. „Macht die Ohren zu und hört auf die Musik“, forderte Soma, der einen Trommler als Verstärkung mitgebracht hatte. Partyhitverdächtig: „Tschägga & Ulsen“ aus Abersfeld, deren Abgesang auf Schießer-Unterhosen und dem „Abend vor dem Morgen danach“ wahre Begeisterungstürme auslöste.
Bei Botox Boy und Fichte scheiterte der Auftritt schon am Kleingedruckten (ihres Texts) - die Brüder hatten allerdings nur vertretungshalber vorbei geschaut. Als zartes Blümlein im Akkustiksumpf ließen Unhold und Minne einen Bänkelgesang erblühen, Dudelsack inklusive. Für den Absacker sorgte Hard Rocker Hans „Hans'n Roses“ Füßer, der außer Konkurrenz dem legendären Opferbaumer Most huldigte.
Knallbunt wie das Programm: die rasch wechselnde Garderobe von Assistentin Angelique, dieses Jahr aus Paris eingeflogen. Das Publikum stimmt per Karte ab.
Ein überraschender Sieger, mit dem auch Moderator Jimij nicht gerechnet hat. Aber wie dichtet Goethe so schön über das Maskottchen des Grand Prix de la Chanson de Penivision: „Doch Meister Iste hat nun seine Grillen, und lässt sich nicht befehlen noch erachten. Auf einmal ist er da, und ganz im Stillen erhebt er sich zu allen seinen Prachten.“