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GEROLZHOFEN: Mikrobiologie sieht einen Pilz als Ursache für „Blutwunder“

GEROLZHOFEN

Mikrobiologie sieht einen Pilz als Ursache für „Blutwunder“

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    Über die Geschichte eines Bakteriums: Stadt- und Museumsführerin Evamaria Bräuer begrüßte den Chefarzt der Geomed-Klinik, Dr. Manfred Klein, zu seinem Vortrag „Hostienfrevel oder Blutwunder  Die kirchen- und kunsthistorische Bedeutung eines Bakteriums“ im Rahmen des Begleitprogramms der Ausstellung „Mitten unter uns“.
    Über die Geschichte eines Bakteriums: Stadt- und Museumsführerin Evamaria Bräuer begrüßte den Chefarzt der Geomed-Klinik, Dr. Manfred Klein, zu seinem Vortrag „Hostienfrevel oder Blutwunder Die kirchen- und kunsthistorische Bedeutung eines Bakteriums“ im Rahmen des Begleitprogramms der Ausstellung „Mitten unter uns“.

    Der Vortrag „Hostienfrevel oder Blutwunder – Die kirchen- und kunsthistorische Bedeutung eines Bakteriums“ lockte am Donnerstag rund 30 Gäste in die Rüstkammer des alten Rathauses. Referent Dr. Manfred Klein, Chefarzt der Geomed-Klinik, führte die Zuhörer an die Anfänge seiner Recherchen zurück: Das Bild „Das Wunder der heiligen Hostie“ des italienischen Malers Paolo Uccello zeige in sechs kleinformatigen Darstellungen unter anderem eine vermeintliche Hostienschändung durch jüdische Bürger sowie deren Verbrennung auf dem Scheiterhaufen.

    Auf den Darstellungen sei mitunter die Blutspur einer Hostie abgebildet, so Klein. Diese Blutspur hänge mit einer Unterstellung gegenüber jüdischen Bürgern im Mittelalter zusammen: Diese hätten angeblich Hostien mit Schusterahlen durchstochen, um die Hostien zum Bluten zu bringen.

    Die Bilderserie habe ihn an eine Erzählung erinnert, die sich in einer Kirche in Bolsena zugetragen haben soll: Auf einer Reise nach Rom habe ein Mönch in Bolsena gesehen, wie in der Eucharistiefeier vermeintliches Blut auf das Leintuch unter dem Hostienteller tropfte.

    Sowohl das Bild in Urbino als auch die Erzählung von Bolsena hatten Manfred Klein dazu veranlasst, nach dem gemeinsamen Grund der blutenden Hostien zu recherchieren. Hierbei habe er festgestellt, dass das Phänomen bei stärkehaltigen Nahrungsmitteln schon länger bekannt sei. Bereits Pythagoras beschrieb um 600 vor Christus eine blutrote Färbung auf Brot. Auch Alexander der Große sei bei der Belagerung von Tyros auf dieses Phänomen gestoßen.

    Auffällig fand der Chefarzt, dass die Blutwunder erst ab dem zwölften Jahrhundert aufgetreten seien. Eine Erklärung biete, dass das damals für Messfeiern übliche, gesäuerte Weizenbrot auf Hostien mit ungesäuertem Weizenmehl umgestellt worden sei. In der Folgezeit habe man die Blutwunder neben den Vorwürfen von Brunnenvergiftung und Ritualtötung christlicher Kinder häufig dazu benutzt, jüdische Bürger zu verfolgen.

    Die Grundstruktur der sogenannten Hostienschändung entstamme einer Legende aus dem Jahr 1290, so Klein. Demnach hätte ein Jude eine Hostie gekauft und versucht, sie zu zerstören. Sie habe sich in Fleisch und Blut verwandelt, und der Jude sei konvertiert. Die Legende habe sich im damaligen römischen Reich deutscher Nation mit dem Unterschied verbreitet, dass die betreffenden Juden nicht konvertierten.

    Juden beschuldigt

    Stattdessen hätten sie die Hostie malträtiert, bis sie blutete. Dieses Blut hätten sie angeblich für ihre Rituale benötigt, so Klein. Außerdem beschuldigte man die Juden als jene, die Christus ans Kreuz schlagen ließen und so sein Blut vergossen.

    So habe man 1298 in Röttingen Juden eine Hostienschändung vorgeworfen. Daraufhin sei es zu einem Pogrom gekommen, bei dem 5000 Juden ihr Leben verloren. Davon seien unter anderem die Städte Rothenburg, Würzburg, Bamberg, Nürnberg und Gerolzhofen betroffen gewesen.

    Meist hätten Adlige im Zuge solcher Ausschreitungen das Vermögen jüdischer Bürger vereinnahmt, so Klein. Auch die Gemeinden hätten durch die scheinbar wundersamen Ereignisse profitiert, indem sie Wallfahrtsorte aufbauten, die als bedeutende Wirtschaftsfaktoren anzusehen seien. Ausschreitungen aufgrund blutender Hostien habe es bis ins 19. Jahrhundert gegeben. Das letzte Blutwunder sei im Mai 1859 in einem Dorf in der Nähe von Sedan gewesen.

    Erst 1819 habe man in einem italienischen Dorf bei Padua den Bezirksarzt Dr. Sette mit einer Untersuchung beauftragt, als man blutrote Flecken auf kohlehydrathaltigen Speisen fand. Sette sei aufgrund mikroskopischer Untersuchungen von Pilzen ausgegangen, die den Namen „Serratia marcescens“ erhielten. Schließlich habe später die junge Wissenschaft der Bakteriologie „Serratia marcescens“ als Bakterium klassifizieren können.

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