"Powercrunches" ist in Weiß auf die schwarze Trainingsjacke gedruckt. Das ist die Sportart, die es Harald Homrighausen angetan hat. Seit 2001 hat er 1,5 Millionen dieser, früher Rumpfbeugen, heute Sit-ups genannten Bauchmuskelübungen absolviert. Mit einer Wette in Sachen Waschbrettbauch fing alles an, dann hat ihn das Fieber gepackt, der Ehrgeiz, mit diesen Übungen ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen.
Der 45-jährige Athlet hat sich Kopfhörer in die Ohren gesteckt, läuft nervös über den grünen Rasen. "Wenn ich erst liege, dann geht's schon", lächelt er. Ziemlich viel hat er sich für diesen 1. Mai vorgenommen: Seinen in 2003 aufgestellten Weltrekord mit damals 5971 Sit-ups will er sich zurückholen. Denn ein 16-jähriger Inder hat ihn mittlerweile mit 8367 Stück überholt.
Mehrere hundert Zuschauer haben sich am Spielfeldrand aufgestellt, beobachten von den Bierbänken unter den schützenden Bäumen aus das Spektakel. Und spannen nach und nach immer mehr Schirme auf, denn der Regen nimmt zu. Harald lässt sich unter einem blauen Pavillon auf seiner Isomatte nieder, setzt eine Sonnenbrille auf und richtet den Ab-Roller. Auf dem Gestänge ist ein Zähler installiert, der beim Antippen mit den Händen reagiert.
"Unter der Sonnenbrille hat er die Augen geschlossen", erklärt Andreas König, der Physiotherapeut von Hombre, wie der Extremsportler genannt wird. König gehört zum Betreuer-Team, dazu der Arzt Gerhard Müller und vor allem Trainer Heiko Kippes. Er ist die Ruhe selbst, er weiß, dass sein Schützling nach monatelangem Training top-fit ist.
Hombre hat seine Musikanlage auf Ohrenhöhe gestellt, der Techno-Rhythmus nimmt ihn mit, irgendwann beginnt er mit seinen Sit-ups. Es ist genau eine Minute nach 17 Uhr. Das notieren die drei Jury-Mitglieder Heiko Kippes, Euerbachs Bürgermeister Arthur Arnold und der aus Sömmersdorf kommende dritte Bürgermeister Hermann Gessner mit. Sie bestreiten einen Teil der umfangreichen Dokumentation, die der Kandidat für die Guinness World Records in London anfertigen muss.
Mit einem Maßstab misst der Trainer den Abstand vom Boden zu Hombres Oberkörper. "Zwei Inches sind vorgeschrieben", hat der Athlet vorher aus London mitgeteilt bekommen. Und das ist seine Chance. Denn diese fünf Zentimeter überbietet er locker. Zwischen sieben und neun liegt er. Dadurch hat er kürzere Wege, kann mehr Sit-ups zeigen.
Die Moderatoren Peter Keller und Robert König lenken jetzt die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf die Sömmersdorfer Garde, die im Regen ihre Tänze zeigt, und auf die Vorführungen der Schweinfurter Kampfsportler vom Verein Budokan 72. Dadurch geht beinahe unter, dass Harald Homrighausen nach 30 Minuten schon 4846 Sit-ups hat. "Er hat seine Fünf-Minuten-Zahl nach dem Anfang erhöht", konstatiert der Bürgermeister bewundernd. Hombre hat offensichtlich seinen Rhythmus gefunden, auch wenn ab und zu ein Krampf im Oberschenkel massiert werden muss.
Hinter dem Pavillon halten noch zwei von anfangs drei Mitstreitern Hombres bei ihren Sit-ups durch. Sie sind Teil einer Idee, möglichst viele Sportfreunde zum Mitmachen zu begeistern, damit auch durch ihre Startgebühr das Spendenkonto für leukämiekranke Kinder gefüllt wird. Dieses Ziel will Harald Homrighausen auf jeden Fall erreichen. 2000 Euro hatte er vor der Aktion bereits gesammelt, einige hundert kommen im Laufe des Abend noch hinzu.
Dafür und für die Organisation des Events haben sich Hombres Freunde Robert König, Reinhold Seißinger, Thomas Schmitt, Burkhard Seufert und Martin Martschoke stark gemacht. Und jede Menge Helfer, Sponsoren und Arbeitskollegen von der Schweinfurter FAG-INA. Wieder eine Gemeinschaftsleistung, wie sie in Sömmersdorf schon von den Passionsspielen bekannt ist. Aber der Regen bremst den Bierumsatz und damit den Erlös der Aktion.
Etwas verbissener werden jetzt die Gesichtszüge von Harald Homrighausen. "Ich kann mir vorstellen, wie die Muskeln brennen", erläutert ein Zuschauer, der selbst Kraftsport treibt und auch Sit-ups, allerdings höhere, absolviert. Um gleich darauf kräftig anzufeuern: "Hopp, auf, weiter". Die Zuschauer sind vom Spielfeldrand an den Pavillon gerückt, ihre "Hombre, Hombre"-Rufe ergänzen das Einheizen von Homrighausens elfjährigem Sohn Steffen und seinen Freunden Felix und Tobias.
Noch lauter ist der Lärm, als nach 55 Minuten der bisherige Weltrekord mit 8929 Sit-ups bereits überboten ist. Fünf Minuten später hat Harald Homrighausen seinen Ab-Roller losgelassen, liegt lächelnd am Boden und lässt sich die Zahl nennen: 9752 Stück. Geschafft!
Als nach einem ersten Kopfstreicheln und Umarmungen der Namensvetter Harald Leitherer mit dem Ehrenteller des Landkreises die sportliche Leistung und das soziale Engagement würdigt, wird Hombres Lächeln immer breiter. Jetzt kann er seinen Sieg genießen, die Glückwünsche von hunderten Menschen entgegen nehmen. Und seiner Frau Karin das Versprechen geben, so einen Rekordversuch nie mehr zu wagen. Lieber will er jetzt mal die Zugspitze hoch laufen.