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SCHWEINFURT: Mit Aufklärung Gerüchte im Keim ersticken

SCHWEINFURT

Mit Aufklärung Gerüchte im Keim ersticken

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    Druck herrscht in der Erstaufnahmeeinrichtung nicht mehr, was bei derzeit rund 200 Flüchtlingen kein Wunder ist. Erst vor wenigen Tagen kamen die somalischen Eheleute Ibrahim Mohamad und seine Frau Safiyo mit ihrem sechs Monate alten Buben Mubashir an. Kontaktprobleme haben sie wie die beiden Freunde und Helfer, Polizeihauptkommissar Robert Seidenzahl und Polizeihauptmeisterin Karoline Große, keine.
    Druck herrscht in der Erstaufnahmeeinrichtung nicht mehr, was bei derzeit rund 200 Flüchtlingen kein Wunder ist. Erst vor wenigen Tagen kamen die somalischen Eheleute Ibrahim Mohamad und seine Frau Safiyo mit ihrem sechs Monate alten Buben Mubashir an. Kontaktprobleme haben sie wie die beiden Freunde und Helfer, Polizeihauptkommissar Robert Seidenzahl und Polizeihauptmeisterin Karoline Große, keine. Foto: Foto: Vladimir Budin

    Mit einer Situation wie sie zum Jahreswechsel 2015/2016 in der Erstaufnahmeeinrichtung herrschte, rechnet die Schweinfurter Polizeispitze nicht mehr. Da in der ehemaligen US-Kaserne künftig aber mehr Asylbewerber aus afrikanischen Ländern aufgenommen werden sollen, schließt Polizeichef Detlev Tolle neue Diskussionen nicht aus. „Das dürfte in den nächsten Monaten wohl die auffälligste Änderung sein“.

    Das zuätzlich, weil noch weitgehend unklar ist, ob die Conn Barracks in Geldersheim mit Asylbewerbern belegt wird, erklärt der stellvertretende Inspektionsleiter Michael Libionka. „Aber egal was kommt: Die Bevölkerung kann weiter auf uns zählen, die Sicherheitslage ist bestens, alles im Griff“, sagen Tolle und Libionka.

    Die anfangs große Zahl an Asylbewerbern hat die Schweinfurter Polizei nicht überrascht. „Wir waren gut vorbereitet“, sagt Polizeioberrat Libionka. Bereits Mitte 2014, als die ersten Flüchtlinge an den Grenzen standen, wurde ein Notfallplan erstellt. Um einen Bus mit bis zu 70 Personen, darunter Kleinkinder, aufnehmen zu können, wurden Räume bei der Polizei in der Mainberger Straße vorgehalten. Die kontaktierten Rettungsdienste hätten diese ersten Flüchtlinge mit Essen, Trinken und medizinisch versorgen können.

    Durch Aufklärung Ängste nehmen

    Nötig wurde der Plan nie, weil die Erstaufnahme rechtzeitig vor dem großen Sturm fertig wurde, eine „Glanzleistung“ von Stadt, Regierung und anderen Unterstützern, sagt Tolle. Das sei mit ein Grund dafür gewesen, dass es „bei uns zu keiner Zeit zu nennenswerten Ausschreitungen gekommen ist“, obwohl Ledward zeitweise sechsfach überbelegt gewesen sei.

    Die Polizei hatte zuvor auch die Einrichtungen in Zirndorf, Deggendorf und München besucht. „Mit diesem Wissensvorsprung haben wir uns präpariert“, schildert Libionka. Man besprach sich mit der Staatsanwaltschaft, knüpfte mit anderen Behörden und Sozialdiensten ein Netzwerk, schulte Kollegen in ausländerrechtlichen Fragen.

    Die Polizei hatte also keinerlei Probleme? „Doch natürlich“, sagt Tolle. Viele Flüchtlinge sprechen arabisch, Dolmetscher fehlten. Einige Kollegen hatten Angst, sich mit Krankheiten zu infizieren. „Aber wir fanden Lösungen.“ Bezogen auf dieses Problem wurden beispielsweise Hygieneausrüstungen beschafft. Im Dialog mit Medizinern sei auch schnell klar geworden, „dass wir uns falsche Sorgen gemacht haben“. Es habe sich wieder bewahrheitet, dass man durch Aufklärung Ängste nehmen könne.

    Alarm ging los

    Dann die vielen Brandmeldealarme: Asylbewerber, die schreckliche Angst vor Bombenangriffen hatten, wurden dadurch in Panik versetzt und liefen in großer Zahl ins Freie. Auch das sorgte für Diskussionen. Aber auch hier klärte sich schnell alles auf: Bewohner hatten PET-Wasserflaschen unmittelbar auf dem Herd erwärmt, der Kunststoff schmolz und löste die Brandmeldung aus.

    Sah sich auch die Polizei mit Vorurteilen durch Bürger konfrontiert? Klare Antwort: „Ja“. Manchmal sei es nicht mehr nachvollziehbar gewesen, was da alles gesagt und unterstellt worden sei, sagt Libionka. Bürger behaupteten felsenfest, dass schlimmste Straftaten von Polizei und der Presse verschwiegen würden.

    „Natürlich verfolgen wir jede Straftat und das ohne Ansehen der Person, Herkunft, Nationalität, Geschlecht oder Religion“, stellt Tolle klar. Er bedauert auch, dass – wenn es auch nur einige wenige waren – Bürger darauf beharrten, „dass wir sie angelogen hätten“.

    Es gebe auch eher Banales, etwa die Feststellung, dass Flüchtlinge Markenkleidung trügen. Dass diese Menschen, die teils mit Fetzen am Leib gekommen seien, dieses „Marken-Hemd“ in der Rot-Kreuz-Kleiderkammer erhielten, wissen viele nicht. In der Diskussion werde der Hinweis darauf „aber zum Glück akzeptiert“, wie eingesehen werde, dass ein Handy die einzige Verbindung zur Familie darstellt.

    Die Polizei sagt, dass es aktuell mit Flüchtlingen kaum Probleme gibt, weil nur noch wenige hundert Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung leben. Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge, die auch eine Wohnung fanden, sei froh und dankbar, dass ihr Leben nicht mehr bedroht ist.

    Aber auch unter den Asylbewerbern gebe es eine – wenn auch geringe – Zahl an Menschen, die Straftaten begehen. „Da haben wir manchmal den Eindruck, dass Asyl nur ein Deckmäntelchen darstellt.“ Aber: Ein in Zusammenarbeit mit der Regierung und den Ausländerbehörden erstelltes Konzept sieht vor, dass Asylbewerber, die in sehr kurzer Zeit vorsätzlich viele Straftaten begehen, möglichst schnell durch das Asylverfahren geführt werden mit dem Ziel, sie zur Ausreise zu verpflichten.

    Gruppe unter Beobachtung

    Aktuell muss sich die Polizei mit einer kleineren Gruppe junger Männer befassen, die Ärger macht. Einigen konnten schon mehrere Diebstähle nachgewiesen werden. Sie sind erkennungsdienstlich behandelt, es wurden DNA-Proben genommen, die Staatsanwaltschaft und Ausländerbehörde sitzt mit im Boot. „Diese Täter wissen: Wenn wir nicht aufhören, dann sitzen wir demnächst hinter Gittern“, sagt Tolle. Aber auch hier gelte für die Polizei: „Wir wären ohnehin und unabhängig von der Nationalität oder Herkunft aktiv geworden.“

    Rangeleien in Unterkünften

    Eine viel gestellte Frage beantworten Tolle und Libionka am Ende: Die Polizei hat in Schweinfurt schon über 20 000 Asylbewerber registriert. Die wenigen Straftäter darunter fielen überwiegend durch Diebstahlsdelikte (meist Ladendiebstahl) und durch Körperverletzung auf. Diese waren aber großteils Rangeleien in den Unterkünften unter jungen Männern. Bislang noch gar nicht festgestellt wurden Wohnungseinbrüche durch Asylbewerber.

    Daten & Fakten Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Ledward-Kaserne ist im Juli 2015 eröffnet worden. Das löste in der Bevölkerung viele Fragen und auch Befürchtungen aus. Dass das Thema „Asyl und Sicherheit in Schweinfurt“ im besonderen die Polizei bis heute beschäftigt, verwundert nicht. Seit ihrer Eröffnung gab es unzählige Diskussionen und Gespräche mit Bürgern, in denen die Polizei durch Öffentlichkeitsarbeit aufklärte und viel Falsches richtigstellen konnte – eine Vergewaltigung gab es trotz anders lautender Gerüchte in der Aufnahmeeinrichtung eben nicht. In vielen dieser Gesprächen sei festgestellt worden, dass – trotz aller ergriffenen Maßnahmen wie starke polizeiliche Präsenz in der Kaserne – „das Informationsbedürfnis zur aktuellen Sicherheitslage in Schweinfurt insgesamt nach wie vor vorhanden ist“, wie es Polizeichef, Leitender Polizeidirektor Detlev Tolle formulierte. Mit „Informationen aus erster Hand“ will die Polizei dem nun Rechnung tragen. Tolles Stellvertreter, Polizeioberrat Michael Libionka, hat die am häufigsten gestellten Fragen gesammelt und aufbereitet. In einer heute beginnenden Artikelserie wird – über die jährliche Kriminalstatistik hinaus – ein tieferer Einblick in die polizeiliche Arbeit gewährt. Wobei das Thema Asyl nur ein Teil ist. Berichtet wird auch über andere Felder, beispielsweise über die nach wie vor vorhandenen Probleme mit Gruppen, die sich permanent in der Innenstadt aufhalten. Auch auf den Alkohol und daraus resultierende Gewaltexzesse wird eingegangen. Eine Rolle wird die wachsende Respektlosigkeit gegenüber Polizisten spielen.

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