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KREIS SCHWEINFURT: Mit dem Geld der Schwiegermutter

KREIS SCHWEINFURT

Mit dem Geld der Schwiegermutter

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    Im Juni vergangenen Jahres hatte das Amtsgericht Schweinfurt einen Kaufmann aus dem Landkreis zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt, weil es überzeugt war, dass der Mann Geld seiner dementen Schwiegermutter veruntreut hatte. Außerdem wurde ihm damals auferlegt, 30 000 Euro zur Wiedergutmachung an die alte Dame zurückzuzahlen. Gegen dieses Urteil hatte der 59-Jährige Berufung eingelegt, weshalb sich jetzt die Zweite Kleine Strafkammer des Landgerichts mit dem Fall beschäftigen muss.

    „Die Verhandlung wird ergeben, dass die Vorwürfe unbegründet sind“, ließ der Angeklagte seinen Anwalt verkünden. Das klang in der Urteilsbegründung der ersten Instanz, die der Vorsitzende Richter nun in Auszügen verlas, freilich ganz anders. Die Angelegenheit geht auf das Jahr 1976 zurück, als das spätere Opfer und ihr Mann ihr Haus einer Tochter – der Ehefrau des Angeklagten – überschrieben. Ein Vertrag sicherte den beiden Senioren Wohnrecht und Pflege auf Lebenszeit. 2001 starb der Mann, 2003 erkrankte die heute 86-Jährige an Demenz. 2003, 2004 und 2005 ließ sich der Angeklagte Vollmachten von seiner Schwiegermutter unterzeichnen.

    Mehrere Vorfälle ließen die Geschwister der Ehefrau hellhörig werden. Als die Schwiegermutter 2006 für einige Zeit ins Krankenhaus kam, tauchte eine Anzeige im Internet auf, in der die Wohnung der Schwiegermutter und die Dachwohnung zum Verkauf stand. 2007 begann der Kaufmann damit, die Wohnung umzubauen – aber nicht auf Rechnung seiner Frau, der Hausbesitzerin, sondern mit dem Geld der dementen Schwiegermutter.

    Immer wieder hob er Geld von deren Konto ab oder überwies Summen zwischen 700 und mehr als 10 000 Euro an Handwerker, teilweise bevor irgendwelche Leistungen erbracht worden waren. Von den 75 000 Euro auf einem Wertpapierkonto der alten Dame blieben am Ende nur noch 261 Euro übrig. Verurteilt war der Kaufmann aber nur wegen der Veruntreuung von rund 35 000 Euro – nämlich für die 13 Zahlungen, die er nach dem 7. Oktober 2008 getätigt hatte.

    An diesem Tag hatte ihn der Schweinfurter Rechtsanwalt, den das Gericht auf Antrag der Verwandten als Kontrollbetreuer eingesetzt hatte, aufgefordert, jede Umbautätigkeit und jeden Zugriff auf das Konto der Schwiegermutter zu unterlassen. Trotzdem hob er schon am nächsten Tag 15 000 Euro ab. Auch sein eigener Rechtsanwalt soll ihn, so das Amtsgericht, informiert haben. Das ließ der Angeklagte nun durch seinen Anwalt abstreiten: weder sein damaliger Anwalt noch der Kontrollbetreuer hätten ihm gesagt, dass er den Umbau der Wohnung nicht mit dem Geld der Seniorin finanzieren dürfe. Die Anwälte sind als Zeugen für einen der nächsten Verhandlungstage geladen.

    Erschwerend kam für das Amtsgericht hinzu, dass die schwer demente Seniorin von den Umbauten in ihrer Wohnung nicht profitiert hatte. Abgesehen davon, dass sie nichts mehr wahrnehmen konnte, wurde die Wohnung überhaupt nicht behindertengerecht umgebaut. Vielmehr wurde der Wohnwert gesteigert, davon hatte sich das Gericht bei einem Vor-Ort-Termin im vergangenen Jahr überzeugt.

    Insgesamt fünf Termine hat die Zweite Kleine Strafkammer für die Berufung veranschlagt. Zeugen werden befragt, jede einzelne Handwerkerrechnung kommt auf den Tisch. Vor allem wird die Frage gestellt, so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, was sich der Angeklagte bei allem gedacht hat.

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