Die „kulinarische Einführung in die Bibel“ unter dem Titel „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast“ fängt naturgemäß bei Adam und Eva an – und mit einer recht ungewöhnlichen Botschaft: Fleisch sei in der göttlichen Speiseordnung „nicht vorgesehen“, heißt es da. Der Beweis: die Bibel selbst (1. Mose 1,29f.), die nach der Schöpfungsgeschichte mit einer Essensordnung aufwartet: Den Menschen gibt Gott Pflanzen und Früchte, allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt“ alles „grüne Kraut“. Entsprechend beginnt das erste Kapitel, das Pfarrer Michael Krauß mit dem harten Kern seines Gemeindebrief-Teams – Birgit Wetzel, Christa Ebert und Karin Benz – in über 120 Arbeitsstunden zusammen gestellt hat, mit rein vegetarischen Gerichten.
Dass es auch der banale „Gerupfte“ in die Liste der paradiesischen Gerichte geschafft hat, entspricht dem Konzept des Buchs: Man habe kein Kochbuch mit exotischen Rezepten machen wollen, wie andere, die versuchten, historische Rezepte zu rekonstruieren, sagt Pfarrer Michael Krauß, sondern eines, dass Bibel und Alltag zusammenbringt. Alltag, das sind eben relativ alltägliche Gerichte.
Essen ist ein zentrales Thema, auch in der Bibel, sagt Krauß. Sei es nun das Alte Testament, in dem konkrete Vorgaben gemacht werden, aus denen das Judentum letztlich ableiten, was koscher ist und was nicht; oder auch das Neue Testament, in dem es immer wieder um Essen geht, seine Bedeutung. Bis hin zum Abendmahl. „Alle wichtigen theologischen Themen sind mit Essen verbunden“, sagt Krauß, der mit diesem Buch mehr abliefern wollte, als ein reines Kochbuch. Es sollte das werden, was der Titel verspricht: Eine Einführung in die Bibel, die deren wichtigste Themen aufgreift.
„Die Bibel ist ein Toleranzbuch, auch das wollten wir zeigen“
Michael Krauß Evangelischer Pfarrer
Die Rezepte stammen größtenteils von Mitgliedern der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Zell, Weipoltshausen, Madenhausen und spiegeln wider, was die Menschen gerne essen: Gerupften eben, Käsestangen, Grießbrei, auch mal Käse-Oliven-Creme – und Fleischgerichte. Dass es beim „paradiesischen Essen“ auch in der Bibel nicht bleibt, ist kein Geheimnis. Der Mensch begnügt sich nicht mit Früchten und Pflanzen alleine, irgendwann kommt dann auch Fleisch auf den Tisch – und Gott zeigt sich, letzten Endes, „tolerant“, sagt Pfarrer Krauß, „wie immer“.
Dass Gott tolerant ist, dass die Bibel als solche ein „Toleranzbuch“ ist, in der einst strenge Regeln mehr und mehr aufgeweicht werden, auch das ist ein Teil der Botschaft, die das Buch in Krauß' Augen haben soll. Und so findet sich darin auch das Kapitel „Gerichte gegen religiöse Verkrampfung“, das eine Geschichte aus der Bibel gegen die aktuellen fundamentalistischen Entwicklungen stellt: Die von König Paul, der seinen Untertanen das Essen verbietet; so lange, bis der Krieg gewonnen ist. Sein Sohn und einige andere brechen diese Regel, retten die Lage – und bleiben verschont. In ihren Augen, „weil Gott es so will“, erklärt Krauß. Wer die „kulinarische Einführung in die Bibel“ gelesen habe, kenne ihren Kern, das Wesentliche.
Wer allerdings wenig bibelfest ist, muss schon etwas genauer lesen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Die Bibeltexte, die in das Thema des jeweiligen Kapitels einführen, werden von den Autoren durch historische Erklärungen ergänzt. Illustriert wird das Ringbuch mit Bildern von Pfarrer Krauß, der dadurch mal wieder die Möglichkeit hatte, seiner großen Leidenschaft zu frönen: der Kunst. Außerdem gibt es viele schöne und vor allem unkomplizierte Rezepte – sowohl für Vegetarier als auch diejenigen, die ein Stück Fleisch nicht verschmähen. Wie Krauß selbst, der sich nach Jahren rein paradiesischer Kost darauf verlässt, dass Gott mal wieder ein Auge zudrückt. „Auch wenn's ja eigentlich nicht richtig ist.“
Das Buch „Komm, Herr Jesus, sei du unser Gast!“ ist in einer Auflage von 350 Stück erschienen. Seit Dezember wurden davon bereits 200 verkauft. Erhältlich ist es zum Preis von 16,90 Euro über das Pfarramt: Tel. (0 97 20) 2 66 sowie in den Gastwirtschaften in Weipoltshausen, Madenhausen und Zell. Wer es bestellen möchte, kann dies bei Pfarrer Michael Krauß via E-Mail tun: maintal@gmx.de.