Wer den "Gott des Gemetzels" liebte, könnte "Bella Figura" mögen. Beide Beziehungskomödien schrieb die französische Schriftstellerin Yasmina Reza; beide Stücke handeln von Paarbeziehungen, bei denen einiges im Argen liegt und die im Fortschreiten der Handlung eskalieren. Während es der "Gott des Gemetzels" 2011 in der Verfilmung starbesetzt mit Christoph Waltz, Kate Winslet und Jodie Foster auf die große Kinoleinwand schaffte, war "Bella Figura" nun in einer Inszenierung des Euro-Studio Landgraf im Theater der Stadt Schweinfurt zu sehen. Auch hier durfte sich das Publikum über eine hochkarätige Besetzung freuen. Die aus Film und Fernsehen bekannten Schauspieler Heio von Stetten und Doris Kunstmann spielten neben Julia Hansen, Nina Damaschke und Boris Valentin Jacoby.
Erst Essen gehen oder doch lieber gleich zur Sache kommen
Die erste Szene handelt auf einem Parkplatz vor einem teuren Restaurant irgendwo in Frankreich. Der anzugtragende, kurz vor der Privatinsolvenz stehende Mittvierziger Boris (Heio von Stetten) und seine langjährige Geliebte Andrea, die eine Vorliebe für kurze Kleidchen, zu viele Zigaretten, Alkohol und Pillen hat, wollen den Abend miteinander verbringen. Doch der sollte unter keinem guten Stern stehen. Das komödiantische Drama beginnt, als die Entscheidung, etwas essen zu gehen oder lieber "gleich zu vögeln", gefällt werden muss. Letzteres "Wäre mir ohnehin lieber", stellt Boris klar. Andrea gefällt die Antwort nicht. Und weil auch noch die Frau des Ehebrechers das Restaurant ausgesucht hat, kippt die Stimmung gänzlich.
Die nächste Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten. Beim Verlassen des Parkplatzes fährt Boris eine alte Dame an. Zu allem Übel ist Yvonne (Doris Kunstmann) die Schwiegermutter der Freundin von Boris Frau und hat heute Geburtstag. Yvonne ist nichts Ernsthaftes passiert und so laden sie, ihr Sohn Eric und ihre Schwiegertochter Francoise die beiden Unfallverursacher zum Geburtstagsessen ein. Die wollen nicht wirklich, aber nach dem Unfall einfach zu verschwinden, wäre auch peinlich. So nimmt das Unheil weiter seinen Lauf.
Quickie in der Restaurant-Toilette
Zu Beginn sind alle fünf Beteiligten noch bemüht eine "Bella Figura", zu deutsch "Gute Figur", zu machen. Doch spätestens als herauskommt, dass Boris seine Frau und damit die beste Freundin von Francois betrügt und die beiden bei einem Quickie in der Toilette des Restaurants erwischt werden, fallen die Masken. Der Reihe nach feinden sich die Beteiligten in scharfzüngigen Dialogen gegenseitig an, spielen sich aus oder gehen kurzzeitige Allianzen ein und trinken dabei immer mehr Sekt. Ein Ruhepol dabei ist die scheinbar so tüdelige Yvonne, die in ihren kurzen, ironisch-pointierten Anmerkungen, die Situationen trefflich beschreibt.
Mehrmals versuchen Boris und Andrea der Situation zu entkommen. Einmal springt das Auto nicht an. Einmal fährt das Taxi ohne sie ab. Die kuriosen Umstände zwingen sie immer wieder zum Bleiben, sodass sich die zwar witzig-unterhaltsamen Diskussionen weiter im Kreis drehen, ohne dass es aber die Handlung voranbringt. So ist der Zuschauer beinahe froh, als Boris seinen Wagen doch zum Laufen bekommt und nach fast zwei Stunden alle den Heimweg antreten. Damit endet das Stück und lässt den Zuschauer amüsiert, aber etwas ratlos zurück. Die Handlung beschränkte sich auf das Zusammentreffen der Protagonisten und deren Diskussionen. Einen echten Höhepunkt und ein beschließendes Ende fehlten. Der Zuschauer bleibt mit der Frage zurück, wie es wohl mit den beiden Paaren und Yvonne weitergeht.