Vor einem Jahr hat die Finanz- und Wirtschaftskrise das Druckhaus Weppert im Hafen voll erwischt. Die Aufträge der Großindustrie brachen dramatisch weg, Einnahmen und Liquidität ebenso – das Unternehmen musste wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. Es wurde samt seiner Belastungen abgewickelt, Personal und Maschinen auf eine neu gegründete „Druckhaus Weppert Schweinfurt GmbH“ übertragen.
In diese stiegen neben dem bisherigen Geschäftsführenden Gesellschafter Norbert Hettrich Tanja Hammerl und Torsten Fischer, die Geschäftsführer der „Flyeralarm GmbH“ (Würzburg), mit ein – seither geht es imposant bergauf. Jüngster Beleg ist die 1,5 Millionen Euro teure Druckmaschine, die das Druckhaus kürzlich angeschafft hat. Die „Speedmaster“ schafft statt der bisherigen 10 000 Bögen bis zu 18 000 pro Stunde und biete den höchsten Automatisierungsgrad im Bogenoffsetdruck, sagt Geschäftsführer Norbert Hettrich: mehr Druckaufträge pro Bogen und deutlich niedrigere Rüstzeiten beim Auftragswechsel durch das Plattenwechselsystem.
Nur woher kommen die vielen Aufträge? Die Wirtschaftskrise ist längst nicht vorüber, und gerade diese hat die alte Druckhaus GmbH vor einem Jahr in die Insolvenz geführt. „Flyeralarm“ habe vor allem Auftragsvolumen mitgebracht, sagt Hettrich. Nur 25 Prozent der heutigen Druckarbeit stamme aus früherem Bestand, Dreiviertel der Aufträge kämen von „Flyeralarm“ fast ausschließlich über Online-Portale.
Markt dramatisch im Umbruch
Der Markt sei dramatisch im Umbruch, sagt Hettrich. Großindustrie-Kunden mit Broschüren in hohen Auflagen, von denen die alte GmbH abhängig war, ließen jetzt in Osteuropa und Asien drucken. Der einstige Markt mit direktem Kontakt zwischen Druckerei und Kunde sei in den letzten Jahren um 30 Prozent geschrumpft, aber bei den Online-Portalen stiegen die Umsätze. Hier sei das Druckhaus Weppert nun sehr wettbewerbsfähig im Geschäft.
Was an bisherigen Großaufträgen weggebrochen sei, könne nur durch eine viel größere Menge an Kleinaufträgen aus einem größeren Markt ausgeglichen werden. „Flyeralarm“ sei mittlerweile europäischer Marktführer. Was am deutschen Markt weniger wird, komme als Volumen aus dem europäischen wieder zurück. „50 Prozent der kleinen Druckereien, die heute noch den Auftrag vom Kunden ins Haus gebracht bekommen, werden in den nächsten drei Jahren verschwinden“, sagt Hettrich. Allein im April habe es im Umkreis von 100 Kilometern vier Insolvenzen gegeben. Jüngst habe in Bamberg eine Druckerei geschlossen und 30 Facharbeiter entlassen müssen. „Es findet eine brutale Auslese statt.“
In dieser Situation soll das „Druckhaus Weppert Schweinfurt“ zu den Gewinnern gehören. Von den Insolvenzen in der Branche profitiere das Unternehmen insofern, „dass wir für unser Wachstum jetzt qualifiziertes Personal bekommen, da hatten wir vorher echte Schwierigkeiten“. Die alte Druckhaus GmbH hatte 80 Beschäftigte. Sie wurden nach der Insolvenz von der neuen GmbH übernommen, heute sind 113 Mitarbeiter im Betrieb: 50 in Vollzeit, 58 in Teilzeit und fünf Auszubildende.
„Wir hatten damals drei Optionen, mit ,Flyeralarm' haben wir genau den richtigen Partner gefunden, der hat uns Stabilität gebracht“, ist Hettrich überzeugt. Große Wachstumssprünge wie in der Vergangenheit sieht er nicht mehr. Dank größerer Produkttiefe und der Internationalisierung des Geschäfts werde das Druckhaus aber auch in Zukunft wachsen können.
1000 Pakete und Vorkasse
In der alten GmbH seien zuletzt 8,5 Millionen Euro umgesetzt worden – heute sind es elf Millionen. Täglich holt UPS 800 bis 1000 Pakete ab. Aufträge würden mit modernsten Maschinen in Rekordzeiten bearbeitet und ausgeliefert. Hettrich sieht die Firma auf gutem Weg. Ein wichtiger Vorteil im Online-Geschäft sei auch die Zahlungsweise: Vorkasse, das bedeute sofortige und hohe Liquidität. Früher wartete das Druckhaus oft 90 Tage, bis das Geld endlich einging. Für manche Insolvenz ist das die Hauptursache.