Für die Mitarbeiter in der Stabsstelle Beschäftigung und Grundsicherung waren es sehr unangenehme Minuten. Da stand dieser junge Mann, sichtlich aufgebracht und aggressiv und rief so etwas wie „sie hätten Glück, dass er auf Bewährung sei. In Berlin hätten sie so eine abgestochen ...“. Eine Mitarbeiterin, die ihn bat, zu gehen, beleidigte er mit „Halts Maul“, bevor er verschwand. Nun stand der 26-Jährige vor dem Amtsgericht und das nicht zum ersten Mal.
Was tun mit diesem jungen Mann, der so viele Chancen bekam und sie letztendlich alle ungenutzt ließ? Der gestohlen hat, um seine Heroinsucht zu finanzieren, der Leute bedroht und beleidigt, der aggressiv, unzuverlässig und schwer zugänglich ist und von dem die Ärzte in der Forensik in Werneck sagen, es habe keinen Sinn, ihn weiter dazubehalten.
Das Amtsgericht Schweinfurt entschied, ihm nicht noch einmal die Chance einer Bewährung zu geben und verurteilte den 26-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen Beleidigung, Bedrohung und Diebstahl. Vorher muss er allerdings die Reststrafe aus der letzten Verurteilung verbüßen. Das heißt, sobald er in Werneck entlassen wird, muss er in Haft.
Massive Wutausbrüche
Der Jugendrichter am Amtsgericht hatte die Geschichte des jungen Mannes nach der letzten Verurteilung 2008 gut zusammengefasst: 1987 geboren, Vater unbekannt, wächst ohne geordnete Erziehung bei den Urgroßeltern auf. Im Jugendhilfezentrum, anschließend in der Pflegefamilie und in der Schule zur Erziehungshilfe fällt er durch massive Wutausbrüche auf. Das wird auch in verschiedenen therapeutischen Einrichtungen nicht besser. Auch eine Rückkehr zur Mutter mit Familienhilfe funktioniert nicht, er wird ohne Abschluss aus der Schule entlassen.
Nach einer ersten Jugendstrafe bekommt der Junge die Chance einer Auslandsmaßnahme, lebt 15 Monate in Sibirien. Die Betreuer beschreiben die Monate als „Zeit zwischen Hoffnung und Enttäuschung“. Ab 2005 begeht er weitere Straftaten. Eine stabile Phase 2008 mit Ausbildung und Aussicht auf eigene Wohnung ist nicht von Dauer. Ende 2010 wird bei dem jungen Mann eine schwere Tumorerkrankung entdeckt, er wird operiert, geheilt ist er noch nicht.
Die jetzt verhandelten Vorfälle ereigneten sich 2011 und 2012. Neben etlichen Diebstählen, um die Heroinsucht zu finanzieren, ging es vor allem um den Vorfall am 4. April 2011 in der Stabsstelle in Schweinfurt. Was genau der Angeklagte damals gerufen hat und wer von den Mitarbeitern sich wirklich bedroht fühlte, konnte nicht mehr ganz genau geklärt werden.
Wohl keine weitere Therapie
Die Frage war nun, ob es sinnvoll sei, den 26-Jährigen noch einmal in Therapie zu schicken. Das Gericht schloss sich der Meinung des Gutachters an, der die Erfolgsaussichten verneinte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.