Die Band Brainless lud im Schweinfurter Stattbahnhof zum „Wreck Up Your Neck“-Festival. Klar, dass es bei diesem klangvollen Namen handgemachte Musik der härteren Gangart zum Kopfschütteln und mächtig eins auf die Trommelfelle geben würde. Für den Abend hatte sich Brainless drei weitere Combos zur Unterstützung geholt, unter anderem die seit 2008 wiedergegründete Thrash-Metal-Größe Accuser aus Siegen.
Eröffnet wurde mit Thrash Core von Legal Hate, die auch sofort für Betriebstemperatur sorgten. Sängerin Aline Hamela drückte das Publikum mit satten Death Growls, die in manchen Augenblicken an die Ex-Arch-Enemy-Röhre Angela Gossow erinnerten, an die Wand, stets untermalt durch die fliegende Double Base von Drummer Thorsten Vollhardt sowie den einprägsamen, natürlich tief gestimmten Gitarren und Bass im Hintergrund. Die seit 2013 in dieser Besetzung spielende Band zauberte für ihren Part vor allem Songs von der letzten ihrer vier Scheiben „Avoider“ hervor und setzte das erste Ausrufezeichen des Abends.
Musikalische Zeitreise in die 90er-Jahre
Hernach wurde es „old school“, als Brainless die Bühne betraten und, wie sie selbst betonten, keinen Song spielten, der nicht Minimum 20 Jahre auf dem Buckel hat. Gemäß ihres Bandmottos „Thrash or be thrashed“ boten Sänger Dieter Simon und seine drei Kollegen den Zuhörern eine musikalische Zeitreise zum Thrash Metal der alten Schule aus den 90er-Jahren. Klar erkennbar die Einflüsse der Altmeister wie Heathen, Metallica oder Iron Maiden, denen Brainless zum Trotz allerdings stets ihren eigenen Stil aufsetzten.
Ihr letztes von zwei Full-Length-Alben brachten die Unterfranken mit Reality Hurts 1999 heraus. Ein wenig erstaunt stellte Simon fest, dass die vor so langer Zeit verfassten Texte Politik und Krieg betreffend immer noch aktuell seien.
Als Dritte in der Reihe gaben Brain Damage die Ehre. Die von Vendetta-Gründungsmitglied Micky Wehner ins Leben gerufene Formation gibt ihre Mischung aus Thrash und Progressive Metal seit 2009 zum Besten. Dies geschah zunächst nur im Studio, erst 2013 fiel die Entscheidung, auch auf die Live-Bühne zu gehen. Seither – nach einiger Rotation in der Besetzung – fand Wehner seine aktuellen Mitstreiter 2016 per Aufruf in einem sozialen Netzwerk, der zweite Gitarrist Florian Helbig stieß dieses Jahr dazu.
Knackige Gitarrensoli
Mit viel Dynamik kamen die Gastgeber auf die Bühne, Sänger Florian Negwer shoutete die gesellschafts- und kriegskritischen Texte mit viel Metall in der Stimme heraus und rannte für simuliertes Sirenengeheule auch schon mal mit einem Megaphon über die Bühne. Allerdings lag doch einige Abwechslung in den Songs, die immer wieder durch knackige Gitarrensoli durchsetzt, zum Teil auch melodisch daherkamen, wie beispielsweise „The Fall“ von der ersten Scheibe „Born to lose…Live to win“. Es dominierte jedoch die aktuelle Platte „Mind Crimes“ in der Brainless-Setlist. Mit Songs wie „Suicidal Humanity“, „War Crimes“ oder „Chaos“ heizten die Lokalmatadoren dem Publikum mächtig ein und erzeugten so einiges an Kopfschütteln, was ja durchaus als Kompliment zu werten ist.
Die Ohren zum Klingeln gebracht
Negwer hatte schon angekündigt, dass man sich freue, mit Headliner Accuser den Stattbahnhof in Grund und Boden zu rammen. Dass die „Alten Herren“ in 32 Jahren nichts verlernt haben, wurde von Anfang an klar. Gewohnt kraftvoll enterten Accuser, begleitet von Sirenen, die Bühne und brachten auf Anhieb die Ohren der Anwesenden zum Klingeln. Die aktuelle Besetzung um das letzte Gründungsmitglied Frank Thoms (Gitarre, Gesang) kam nach einigen Wirren zusammen, die die Band nach der Auflösung schließlich 2008 wiederbelebte.
Einzig Leadgittarist Dennis Rybakowski bestieg den Accuser-Tross erst 2014. 2018 brachten die Siegener mit „Mastery“ das letzte Werk auf den Markt, beglückten die anwesenden Fans allerdings auch mit früheren musikalischen Ergüssen. Drückende Gitarren, Blast Beats sowie der kratzende Gesang Thoms? bildeten einen würdigen Abschluss für diesen Abend voller Schwermetall, der für die nächste Auflage vor allem aufgrund des musikalischen Niveaus durchaus ein paar Zuschauer mehr verdient hätte.