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SCHWEINFURT: Nachsommer: Bach trifft Breakdance

SCHWEINFURT

Nachsommer: Bach trifft Breakdance

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    Nachsommer: Bach trifft Breakdance
    Nachsommer: Bach trifft Breakdance

    Am Freitag und Samstag beginnt mit der Show „Red Bull Flying Bach“ im Konferenzzentrum der 13. Schweinfurter Nachsommer. Das Konzept: Die Musik Johann Sebastian Bachs wird mit Breakdance visualisiert. Erfinder und Regisseur ist Christoph Hagel, Jahrgang 1959, Dirigent und Opernregisseur, ist Schüler von Leonard Bernstein und Sergiu Celibidache. Neben seinem Engagement vor allem im Berliner Bereich war Hagel auch mehrere Jahre in Lateinamerika tätig. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen Operninszenierungen an ungewöhnlichen Orten, etwa „Don Giovanni“ im E-Werk, 1997, mit Katharina Thalbach, „Zirkus um Zauberflöte“, 1998, mit George Tabori, „Apollo und Hyacinth“, 2006 zur Wiedereröffnung des Bode-Museums und später dort „Orpheus und Eurydike“ und „Die Hochzeit des Figaro“, „Die Zauberflöte“, 2008, in der Baustelle der U-Bahnstation „Bundestag“, „Die Schöpfung“, 2011 im Berliner Dom als Tanztheater und eben „Red Bull Flying Bach“, das Breakdance Crossover mit der Truppe Flying Steps, das 2010 in der Neuen Nationalgalerie Premiere hatte.

    Frage: Bach und Breakdance – was war zuerst da, die Idee, dass man Bach einmal anders vertanzen könnte, oder ist Ihnen beim Breakdance der Gedanke gekommen, dass Bach dazu passen könnte?

    Christoph Hagel: In diesem Fall war zuerst die Truppe „Flying Steps“ da. Ich habe die gesehen und gedacht, das ist ja genial, damit könnte man was machen. Und dann hatten die von sich aus die Idee, einmal ein großes klassisches Projekt zu machen. So fing das an. Ich habe mir die verschiedenen Breakdance-Techniken und -Stile angeschaut, und nach zwei Tagen – das ging ziemlich schnell – habe ich gesagt: Bach! Bach wäre das Richtige!

    Nun ist Bachs Werk ziemlich groß und ziemlich vielschichtig.

    Hagel: Da die Truppe so genau und so individuell tanzt, bin ich draufgekommen, man könnte sogar Fugen vertanzen. Und so haben wir die ersten zwölf Präludien und Fugen des Wohltemperierten Klaviers gewählt – also die hohe Schule von Bach.

    Das Wohltemperierte Klavier gilt ja – im Gegensatz etwa zu den Passionen, die einen dramatischen und durchaus narrativen Verlauf haben – als abstrakte Musik. Wie gehen Sie das an?

    Hagel: Das ist tatsächlich sehr abstrakte Musik. Aber in dieser Abstraktheit sehr komplex und faszinierend. Und genauso ist der Tanz. Mir ging es erst mal darum, die Musik wirklich im Kontrapunkt, also Note für Note, in Breakdance zu übersetzen. Und so wie die Präludien und Fugen einem Verlauf folgen – auch wenn es nur der der Tonarten ist –, haben die Jungs gesagt, wir wollen auch eine Geschichte erzählen. Und dann haben wir zusammen eine Geschichte von Breakdancern erfunden.

    Wenn ich an die ersten zwölf Präludien und Fugen denke, fallen mir ein paar ein, die gut geeignet scheinen, wegen ihres motorischen Charakters, etwa D-Dur, d-Moll, a-Moll. Aber bei Stücken wie cis-Moll, es-Moll oder der f-Moll-Fuge, die fast meditativen Charakter hat, stelle ich mir das relativ schwer vor.

    Hagel: Schauen Sie es sich an! Aber Sie haben Recht – cis-Moll ist bei uns die Darstellung der Ewigkeit, der langsam verlaufenden Zeit. Da sind wir auf eine Zeitlupe gekommen, einen Slow-Motion-Film. Das f-Moll-Präludium ist ein Konfliktmoment in der Geschichte, die wir erzählen. Ein depressiver Moment. Die f-Moll-Fuge halte ich für das wichtigste Stück, das wir überhaupt gemacht haben. Da haben wir tatsächlich versucht, das Thema zu choreografieren, und das ist dann weniger Breakdance als vielmehr zeitgenössischer Tanz. Es geht um eine Ohrfeige. An einer bestimmten Stelle kommt immer eine Ohrfeige. Die f-Moll-Fuge ist eine sehr interessante, kontroverse Arbeit. Bach arbeitet natürlich mit großen Kontrasten, und in einem Stück, das eine Minute zwanzig dauert, kann man nicht nur happy breakdancen die ganze Zeit. So bekommt der Breakdance durch den Bach eine große Tiefe, und Bach bekommt wiederum große Vitalität.

    Ging es auch darum, das Körperliche bei Bach zu entdecken, das Sinnliche?

    Hagel: Könnte man sagen. Da es erst mal sportlich und fröhlich ist, ist es körperlich. Aber sinnlich im Sinne von erotisch ist es nicht. Das Wort wäre eher „jugendlich“.

    Wie war denn der Zugang der Tänzer zu dieser Art Musik?

    Hagel: Das ging ganz schnell, das war erstaunlich. Bei ein paar Sachen, die ich vorgeschlagen habe, haben sie gesagt, das passt nicht zu uns. Bei der Fis-Dur-Fuge hatte ich zuerst alles durchchoreografiert. Das war eine riesen Arbeit von zwei Wochen. Und dann haben wir uns das angeguckt und gesagt, das versteht kein Mensch. Dann haben wir es aufs Wesentliche reduziert. Es sind ja drei Themen in der Fis-Dur-Fuge, und wenn man gleichzeitig jede Gruppe oder jeden Tänzer ein Thema tanzen lässt, dann löscht sich das sozusagen aus. Dann versteht man gar nichts mehr. Aber mir war immer wichtig, dass man die Fugen sehen kann. Und die Technik, wie Fuge funktioniert, haben die Tänzer schnell verstanden. Das sind Tänzer, die haben immer mit Musik zu tun, man darf die nicht für doof halten.

    Die wenigsten Menschen werden wahrscheinlich in jeder Fuge immer alle Stimmen mitverfolgen können.

    Hagel: Richtig, aber es gibt ein paar Stücke, wo das funktioniert, d-Moll zum Beispiel geht wunderbar. Das sind aber nur wenige. Bei drei oder vier haben wir es ganz sauber durchgezogen. Und bei den anderen haben wir versucht, die Essenz herauszuarbeiten.

    Bei Bach gibt es ja auch noch das Thema Zahlensymbolik – haben Sie versucht, auch das herauszuarbeiten?

    Hagel: Nur oberflächlich. In c-Moll zum Beispiel, aber da ist es ganz simpel, da begreift es jeder. Aber alle Zahlenzusammenhänge kann man in wissenschaftlicher Weise nicht umsetzen.

    Sie spielen die Präludien und Fugen selbst am Klavier – ist das richtig?

    Hagel: Ich hatte eigentlich andere Verpflichtungen, aber jetzt habe ich beschlossen, doch nach Schweinfurt zu kommen. Ich spiele vier Präludien und Fugen, das Cembalo spielt vier, vier kommen vom Band. Und dann gibt es noch die d-Moll-Toccata auf der Orgel, das ist der Rausschmeißer.

    Die Shows: Freitag, 7. September, und Samstag, 8. September, Konferenzzentrum, 19.30 Uhr. Es gibt für beide Tage noch Karten im Vorverkauf, etwa beim Ticketservice Mainfranken in der Geschäftsstelle dieser Zeitung in Schweinfurt, Schultesstraße 19a, oder online über www.ticketmaster.de – Restkarten werden bei allen Veranstaltungen auch an der Abendkasse ab eine Stunde vor Beginn angeboten, Aufpreis 3 Euro.

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