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SCHWEINFURT: Naggerd durch Bambärch: Kellerkommando im Stattbahnhof

SCHWEINFURT

Naggerd durch Bambärch: Kellerkommando im Stattbahnhof

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    Aus der Region, für die Region: Das Bambärcher „Kellerkommando“ im Schweinfurter Stattbahnhof.
    Aus der Region, für die Region: Das Bambärcher „Kellerkommando“ im Schweinfurter Stattbahnhof. Foto: Foto: Uwe Eichler

    Traditionelle fränkische Volksmusik verbindet sich mit modernen Elementen: So ließe sich in dürren Worten beschreiben, um was es bei „Kellerkommando“ geht. Nur, wie wird man so einem Musikantenstadl auf Haschkeks mit dürren Worten gerecht? Die Vorband „Skyline Green“ heizt im Stattbahnhof vor, dann marschieren die durchgeknallten Kerwa-Musikanten ein, mit Gamsbarthut, Knicktrompete, Zylinder, die Treppe runter zu reichlich Publikum, oft mit Schiebermütze und Lederjacke. Im Hintergrund leuchtet das K im Neonlicht der Fast-Großstadt.

    Auch wenn sich „Kellerkommando“ seine 14 Beine in aktueller Besetzung von überallher zusammengesammelt hat (Posaunist Ilya Khenkin etwa stammt aus Sibirien) – die herrlich durchgeknallte Band ist letztlich eine Hommage an Bambärch. Bereits 1012 zur Welthauptstadt erklärt, somit New York des Mittelalters, bis heute hippe Touri- und Studihochburg, ein Provinzstädla von Weltformat. Das in seinen engen Gassen abgespacte, coole Typen wie E.T.A Hoffmann (ein Liebhaber des Mohnsafts) oder den (zum Glück) leicht versponnenen Nazi-Wegbomber Stauffenberg beherbergt hat. Hier schäumt das echte Glück zwischen Sand- und Oberer Königsstraße, wie das Kellerbier im Krügla: „Auf den Keller gehen“ meint in Oberfranken Vorglühen im Biergarten, um dann ausgiebig zu „schwofen“, die Nacht tanzend zum Tag zu machen.

    Frontmann Dada Windschi, alias David Saam, am neongelben Akkordeon hat 2009 mit Bassist Sebastian Schubert das „Kellerkommando“ gegründet. Außerdem einen Bamberger Antistadl ins Leben gerufen, erzürnt ob eines Musikantenstadls in der Welterbestadt. Für den gelernten Musik-Ethnologen ist authentische Volksmusik wahrer Rock'n'Roll und R'n'B: Erlaubt ist, was ehrlich ist und unverkrampft, am besten a weng dräggerd, Lieder, die aus dem brodelnden Leben von unten her hochdampfen – und trotz einer gewissen Grundmelancholie wieder Spaß in müde Glieder jagen.

    Legendär ist das Video zu „Maus“, wo die Brassband („Speck, Speck, leckerlecker Speck“) a Naggerdä durch Bambergs ehrwürdige Altstadt trägt, in prachtvoller Sänfte: sinnlicher Spott auf jede kleine, heile, abgeschottete Biederbürgerwelt. In den deftig krachenden Liedern geht es gegen Nazis und Homophobe, um unkeusches Verhalten, Liebeslust und Frust, Hitze und Frost. Der Karpfen schwimmt im Bierteich, „Eieiei, die Gaaß is gfreggt“ trifft auf den Vogelfänger. Spätestens, wenn Rapper Dre Soulo dazwischen hippt und hoppt, herrscht reines musikalisches Chaos. Bei diesem punkigen Provokantenstadl merkt man auch die Handschrift von Mirko Schaffer, Produzent der Ärzte, mit dem die sieben ihr neuestes Vinyl pressen, nach dem Album „Dunnerkeil“ und EPs wie „Sabberlodd“.

    Zugegeben: „Kellerkommando“ schwimmt nicht als Hecht im Karpfenteich in Schweinfurts schwarzer Seele, zu liberal ist Bambergs kleine kesse Schwester. Aber die Feuerzeuge der Jungs dürfen brennen, die Hintern der Mädels wackeln zu unerhörter, krampflösender Tanzmucke. „Mondscheinbrüder“ nennt sich der flotte Abräumer, Hymne auf alle Frischgebliebenen nach 24 Uhr.

    Glücklich darf sich schätzen, wer die Schallplatten (so was gibt's noch) der kuriosen Kellerkinder mit nach Hause trägt, die ihren Balkan-an-der-Regnitz-Beat zuletzt wieder von der Bühne unters Volk tragen: Man wird hoffentlich noch mehr hören, von so viel schräger Schwofmusik.

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