"Wer einmal Mürschter Tropfen getrunken hat, der bleibt dabei", sagt Bruno Weber im Brustton der Überzeugung. Der 72-Jährige gebürtige Schlesier hatte 1966 die Produktion des Likörs von seinem Landsmann Johann Gebauer übernommen, der nach der Vertreibung in Folge des Zweiten Weltkrieges in Münnerstadt gestrandet war. Dort hatte Gebauer, der nur unweit von Webers Heimatort Adamsthal im schlesischen Liebenthal ein Unternehmen zur Herstellung von Fruchtsäften betrieben hatte, in Räumen des Deutschordensschlosses eine Brennerei eingerichtet.
Alchimisten-Küche
Von den Mürschtern wurde der kleine Betrieb nur "Alchimisten-Küche" genannt. Und der erfreute sich vor allem großer Beliebtheit bei den "Studentlich". So wurden jene Gymnasiasten bezeichnet, die als Stadtschüler ein Zimmer in Münnerstadt genommen hatten. "Für zehn Pfennig gab es bei Gebauer einen Schnaps", erinnert sich Bernd Eckert, der Geschäftsleitende Beamte der Stadt. In der Alchimisten-Küche wurde auch der Name für Gehbauers magenfreundlichen Kräuterlikör geboren.
Auf Gebauer stieß Weber aber wegen einer ganz anderen Geschichte. Als es ihm nach einer Gallenoperation Anfang der 60er Jahre gar nicht gut ging, machte ihn seine Mutter auf den Wacholderbeerensaft, ein anderes Produkt aus dem Hause Gebauer, aufmerksam. Nach einer sechswöchigen Kur mit dem als Arzneimittel anerkannten Getränk fühlte sich Weber, der damals noch als Meister in der Schleiferei bei SKF tätig war, merklich besser.
Nach seiner Genesung nahm er dann Kontakt zu Gebauer auf, der sich schon damals mit dem Gedanken trug, aus Altersgründen seinen Betrieb abzugeben. Da aber keiner seiner drei Söhne Interesse zeigte, erwarb Weber von Gebauer die Rezepte samt der Einrichtung der Brennerei und begann in einem Nebengebäude seines Hauses in Marktsteinach mit der Produktion. Im Laufe der Jahre vergrößerte sich der jetzt fünfköpfige Familienbetrieb zusehends. Neue Maschinen wurden angeschafft, um den immer strengeren gesetzlichen Richtlinien Rechnung zu tragen und die Produktion zu steigern. Haupterzeugnis der "Weber GmbH - Natursäfte und Spirituosen" sind aber nicht die Mürschter Tropfen, sondern mit "Gebauers Spitzwegerichsaft" ein als Heilmittel anerkanntes Hustenmittel.
An die 100 000 Flaschen werden davon jährlich bundesweit vertrieben. Aber auch von den Mürschter Tropfen, eine von zehn Spirituosensorten aus der Produktpalette, werden Jahr für Jahr Tausende produziert und bis in die USA versandt.
Kaum Werbung
Und doch sind die Tropfen in der Stadt, die ihnen den Namen gab, bislang kaum über den Status eines Geheimtipps hinausgekommen. Ausgeschenkt wird der Likör zwar in vielen Münnerstädter Gaststätten, für den Hausgebrauch zu kaufen gibt es die Spirituosen aber nur im Deutschherrnkeller, im Naturladen Petsch und in Inges Lädchen. Natürlich kennen die Einheimischen ihre Bezugsquellen, Werbung in Bezug auf Touristen wird für die Mürschter Tropfen aber nicht gemacht.