Das Dieselross ist eigentlich schon ein älterer Herr, ein Oldtimer, um es genau zu nehmen. Fast 60 Jahre hat der Bulldog der Firma Fendt auf dem Chassis, seit Oktober ist der Grafenrheinfelder Verein für Heimat-Kultur- und Brauchtumspflege – kurz HeiKuBra genannt – der stolze Besitzer dieses seltenen Gefährts. Nur etwas mehr als 6200 Stück wurden damals vom Typ F15 H6 gebaut, in einer Scheune in der Nähe von Kitzingen fristete er bis zum Oktober vergangenen Jahres sein Dasein als Ausstellungsstück.
Doch der HeiKuBra war nach der Kirchweih auf der Suche nach einem eigenen Bulldog für die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen. „Alt und Deutsch“ lauteten die Auswahlkriterien, die sich bei der zum Verkauf stehenden Bulldog-Sammlung in Hoheim als realisierbar erwiesen. Es war die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick und mit 2500 Euro noch dazu ein Schnäppchen freut sich Stefan Zimmerer, der nun in ehrenamtlicher Kleinstarbeit den „alten Bua“ auseinanderlegt, sagt Vorsitzender Karl Werner schmunzelnd.
Kein Problem für den Mann vom Fach, als Karosserie- und Fahrzeugbau-Meister bei Mercedes hat er in 25 Jahren schon so ziemlich alles gesehen und auseinandergelegt. Und doch ist der Bulldog eine ganz besondere Herausforderung, denn Zimmerer legt höchsten Wert auf Originalität. Neben der eigentlichen Restaurationsarbeit ist sehr viel Zeit für die Recherche draufgegangen. In guten Internetshops sind die meisten Ersatzteile problemlos erhältlich, selbst der originale grüne Fendt-Lack ist vorrätig. Erstaunlich fand Zimmerer übrigens, dass die originalen FAG-Kugellager doch tatsächlich billiger waren, als die chinesischen Nachbauten. Nicht, dass der traditionsbewusste Fachmann den ausländischen Einbau auch nur in Erwägung gezogen hätte.
Seit Dezember investiert das HeiKuBra-Mitglied fast jede freie Minute nach Feierabend und samstags für das alte Dieselross, das er gerade in der Kulturscheune in seine mit tausend Zetteln beschrifteten Einzelteile zerlegt. Am Wochenende geht ihm oft Michael Warmuth zur Hand, der auch die Besorgung der Ersatzteile organisiert. Ehefrau Elke hat für die Leidenschaft ihres Mannes großes Verständnis, auch sie ist in der Automobilbranche und weiß, was es bedeuten kann, ein altes Gefährt wieder fahrtüchtig zu machen. Und wenn dann alles fertig ist, hat der Bulldog – davon ist Zimmerer überzeugt – einen weit besseren Standard als bei der Erstzulassung 1954.
Prädikat „Unbezahlbar“
Am liebsten wäre es ihm dann, wie er grinsend zugibt, wenn der Oldtimer als neues fendtgrün-glänzendes HeiKuBra-Aushängeschild nur ohne Schuhe gefahren wird. Angepeilt ist die Fertigstellung zur Kirchweih, doch ob das klappt hängt davon ab, wie intensiv die Unterstützung im Verein ist. Für Stefan Zimmerer ist das Restaurieren jedenfalls ein Ausgleich zum verantwortungsvollen Berufsalltag.
„Schrauben ohne Druck“ lautet die Devise, obgleich er jeden Schritt akribisch dokumentiert. Zum Abschluss der Restauration steht das Gutachten eines Sachverständigen, das den Wert des Oldtimers bestimmt. Doch den hat Zimmerer schon jetzt parat: „Unbezahlbar“ im Sinne der Brauchtumspflege, ein Liebhaberstück mit Seltenheitswert, das bei dem rührigen Kulturbewahrungsverein genau den richtigen Platz gefunden hat. Neben dem großen Grafenrheinfelder Erntedankfestzug, soll das Dieselross mit Kurzzeit- oder historischem Kennzeichen durch die Gegend düsen.
Auch im gemeindlichen Ferienspaßprogramm, hofft Zimmerer, könnte der Bulldog zum Einsatz kommen und Kindern alte Kulturgüter näherbringen. Auf Zimmerers Restaurationskünste wartet unterdessen noch so was wie ein Zeitgenosse des Dieselrosses – ein 1964er Mercedes 190 DC mit Heckflosse, den Zimmerer im Hof seiner Eltern deponiert hat. Der wird sich aber wohl noch ein wenig gedulden müssen.