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SCHWEINFURT: Polizisten der Schweinfurter Inspektion arbeiten im Vier-Schichten-Modell

SCHWEINFURT

Polizisten der Schweinfurter Inspektion arbeiten im Vier-Schichten-Modell

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    Dienstgruppen sind 24 Stunden erreichbar: Kurt Fleischmann von der Dienstgruppe notiert einen Einsatz. Die Kollegen Benjamin Hubka und Tobias Rost (stehend rechts) warten auf Informationen.
    Dienstgruppen sind 24 Stunden erreichbar: Kurt Fleischmann von der Dienstgruppe notiert einen Einsatz. Die Kollegen Benjamin Hubka und Tobias Rost (stehend rechts) warten auf Informationen. Foto: Foto: Hannes Helferich

    Erreichbar ist die Polizei immer. Rund um die Uhr sitzen Beamte am Telefon oder Streifenbesatzungen stehen Gewehr bei Fuß. Die Inspektion Schweinfurt hat sich für das Vier-Schichten-Modell entschieden, dem nicht etwa die Arbeitsschichten, sondern die Dienstgruppen den Namen geben. Jeweils 20 Kolleginnen und Kollegen gehören einer der vier Dienstgruppen A, B, C und D an, die sich nach einer festen Regel in den drei Schichten von 6 bis 13, 13 bis 20 und 20 bis 6 Uhr abwechseln.

    Als Beispiel soll die Dienstgruppe B stehen, für die die Polizeihauptkommissare Benjamin Hubka und Kurt Fleischmann sowie Polizeiobermeister Tobias Rost auch Rede und Antwort über ihre Arbeit standen.

    Gruppe B beginnt am Dienstag von 13 bis 20 Uhr, ist wieder am Mittwoch von 6 bis 13 Uhr an der Reihe, der Stresstag ist, weil es am Mittwoch nochmals von 20 bis 6 Uhr weitergeht. Die Mittwochsschicht von 13 bis 20 Uhr fährt eine andere Gruppe. So setzt sich das fort.

    Dem 24-Stunden-Dienst an zwei Tagen folgen zwei freie Tage, die „die Kollegen brauchen“, sagt Schweinfurts Polizeichef Detlef Tolle. Er weiß, dass das Modell funktioniert, aber auch Kräfte raubt, wenngleich der Altersdurchschnitt der vier Teams mittlerweile bei etwa 36 Jahren liegt.

    Kurt Fleischmann ist 59 Jahre alt. Warum tut er sich den Schichtdienst noch immer an? „Weil ich mir nicht vorstellen kann, mich hinter Aktenbergen zu verstecken und weil es Spaß macht“. Der Polizeihauptkommissar aus Schweinfurt ist allerdings selten draußen unterwegs. Er sitzt als so genannter Funksprecher in der lokalen Einsatzzentrale im Gebäude in der Mainberger Straße, wo sehr viele Anrufe landen.

    Zu tun hat das mit der Rufnummer der Schweinfurter Polizei: Die „2020“ ist prägnant, die Bürger kennen die Nummer, wählen deshalb eher „2020“ als „110“, mit der man bei der Einsatzzentrale in Würzburg landet. Freilich: Würzburg kriegt jeden Einsatz, den Fleischmann in Gang setzt, mit. Das Gros der Anrufe sind keine Einsätze, sondern „Lebensberatung in jeder Hinsicht“, verrät Fleischmann. Ärger mit dem Freund, der 15-jährige Sohn schwänzt die Schule, Fragen zum Kraftfahrzeug, solche Sachen. „Zum Glück gibt es keine Bildtelefone“, flachst Fleischmann in Anspielung auf sein Alter. Jetzt weiß der Reporter, warum die Kollegen froh sind, dass es „den Kurt“ gibt. Es ist nicht nur sein „reicher Erfahrungsschatz“, man kann sich bei ihm auch „Menschlichkeit abschauen“, sagt Rost (30).

    Die meisten Einsätze gibt es für die rein rechnerisch neun Streifenpaare pro Dienstgruppe am Freitagnachmittag sowie in den Nächten auf Samstag und Sonntag. Freitags sind „einfach mehr Leute“ unterwegs, das heißt mehr Autoverkehr und mehr Ladendiebe. An den Wochenenden ist naturgemäß nachts mehr los.

    Gleichwohl: Jeder Dienst ist anders. Die Nächte letztes Wochenende etwa waren, völlig untypisch, bis 4 Uhr sehr ruhig. Eine trügerische Ruhe, denn die Schicht endete mit zwei Stunden Dauertrubel. Alkoholbedingte Einsätze vor Diskotheken, ein Nachbarschaftsstreit, Randale in der City, Unfälle. „Bei uns kann man keine Uhr stellen“, sagt Hubka (36), der Chef der Gruppe B. Sein Kollege Rost, beide wohnen im Landreis, sieht genau darin den Reiz seines Berufes. Kein Arbeiten nach Schema F, „ich weiß nie, was der nächste Moment bringt“. Belastend ist vor allem die Nachtarbeit, weil oft Alkohol im Spiel ist. Oft fehlt es den Beamten gegenüber an Respekt, „aber wir müssen immer Mensch bleiben“, sagt Rost und schiebt ein „im Rahmen der Möglichkeiten“ nach. Manches Mal sei Rückzug „die bessere Verteidigung“, antwortet er auf die Frage nach der Gefährdung, die es natürlich gibt. Alkohol enthemmt, lässt sonst normale Menschen ausflippen, jede Contenance verlieren. „Da muss sich A auf B verlassen können“, streut Polizeichef Tolle ein.

    Das Klima stimmt

    Deshalb ist es wichtig, dass das Klima stimmt und „das stimmt“, sagt Rost. Man erlebe gemeinsam viel Unangenehmes, das „schweißt zusammen“. Drei Polizistinnen schieben ihren Dienst „bei der B“. Sie tragen zur guten Chemie bei, sind bei vielen Einsätzen wichtig, etwa beim Familienstreit. Die Ehefrau, die Schläge abgekriegt hat, öffnet sich einer Frau gegenüber eher. Der alkoholisierte Schläger nimmt sich gegenüber einer Polizistin zurück.

    Der Schichtdienst erfordert auch Verzicht, aufs Champions-League-Spiel am Dienstabend, den Ausflug mit der Familie am Wochenende, den eigenen Sport. Alle räumen das ein. Hubka ist zweifacher Familienvater und sagt ganz offen, dass es erstens „angenehmere Modelle“ gibt und zweitens der Vierschichtdienst „auf Dauer schon belastet“. Auch Rost ist verheiratet, glaubt aber die rechte Mischung zu finden. Und auch Fleischmann sagt, dass man am Ende der Doppelschicht – im Beispiel der Mittwoch – „schon platt und richtig müde ist“. Den richtigen Beruf, sagen alle, haben sie dennoch gewählt.

    Menschen bei der Polizei

    „Hinweise bitte an die Polizei unter

    20 20“. So steht es nahezu täglich

    in der Zeitung, wenn Zeugen für eine

    Straftat oder einen Verkehrsunfall gesucht werden. Die Menschen, die bei der Polizei arbeiten, stellt diese Zeitung in einer Serie vor. Im vierten Teil geht es um die vier Dienstgruppen, die sich nach einer festen Regel in drei Schichten rund um die Uhr abwechseln. Die Inspektion Schweinfurt zählt rund 200 Beschäftigte, 80 gehören den Dienstgruppen an, jeweils also 20 Polizistinnen und Polizisten. Wenn ein Ereignis mehr Personal nötig macht, kann und wird die jeweilige Dienstgruppe um Kräfte aus dem Einsatzzug und/oder der Verkehrspolizei aufgestockt. hh

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