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Polnisch dominiert auf dem Spargelfeld

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Polnisch dominiert auf dem Spargelfeld

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    Die Erntehelfer auf den Spargelfeldern von Klaus Bürger (rechts) sind ausschließlich Polen. Mit deutschen Arbeitslosen hat Bürger keine guten Erfahrungen gemacht. Die Gesetzgebung hat das eingesehen und das Pflichtkontingent an deutschen Kräften beispielsweise für den Bereich der Agentur für Arbeit Schweinfurt auf zehn Prozent zurückgefahren.
    Die Erntehelfer auf den Spargelfeldern von Klaus Bürger (rechts) sind ausschließlich Polen. Mit deutschen Arbeitslosen hat Bürger keine guten Erfahrungen gemacht. Die Gesetzgebung hat das eingesehen und das Pflichtkontingent an deutschen Kräften beispielsweise für den Bereich der Agentur für Arbeit Schweinfurt auf zehn Prozent zurückgefahren. Foto: FOTO Norbert Finster

    Kreis Schweinfurt

    Der eine kam mit dem Fahrrad und wollte mittags wieder heim, dem anderen war der Arbeitsbeginn um 6 Uhr zu früh, der nächste wollte einfach nur bestätigt haben, dass er sich vorgestellt hat und wieder seiner Wege gehen. Das war 2005. Damals hatte sich Spargelbauer Klaus Bürger aus Unterspiesheim über die Agentur für Arbeit deutsche Arbeitslose zum Spargelstechen aufs Feld geholt.

    „Ich war daran interessiert, Deutsche zu beschäftigen, schon wegen der Verständigung, aber es funktionierte nicht“, sagt Klaus Bürger heute. Nachdem der 51-Jährige bei der Agentur für Arbeit seinen Bedarf an Spargelstechern gemeldet hatte, riefen sechs Interessenten bei ihm an. Vier haben sich dann auch tatsächlich vorgestellt. Fast alle waren ohne Führerschein. Nach drei Tagen war der letzte deutsche Erntehelfer wieder verschwunden.

    Unter dem Strich ist für Klaus Bürger nur Verwaltungsaufwand geblieben. „Anmelden, abmelden, abrechnen für einen oder zwei Tage, das hatte ich davon, dass ich einen Beitrag leisten wollte, die Leute von der Straße weg zu bekommen.“

    5,10 Euro die Stunde brutto gibt es als Mindest-Stundenlohn für den Spargelstecher, egal ob Deutscher oder Ausländer. Hier liegt offensichtlich die Ursache des Problems: Denn für einen Polen ist das auch nach dem EU-Beitritt seines Landes immer noch viel Geld, während der deutsche Arbeitslose in den meisten Fällen höhere „Bezüge“ von der Agentur für Arbeit erhält, ohne dass er einen Finger krumm macht.

    Allerdings sind auch die Polen inzwischen wählerischer geworden, sagen Klaus Bürger und Peter Schönfelder, Pressesprecher an der Agentur für Arbeit in Schweinfurt, übereinstimmend. Schönfelder: „Immer mehr Arbeitswillige aus dem östlichen Nachbarland stornieren ihre Registrierung in Deutschland, weil der Job als Erntehelfer in den Benelux-Staaten, in Dänemark oder Großbritannien inzwischen viel attraktiver geworden ist.“

    Das hängt nicht nur mit höheren Stundenlöhnen zusammen, sondern auch mit der Bestimmung, dass hierzulande Einkünfte teilweise der polnischen Sozialversicherung unterliegen, so dass die Abgaben den Lohn der Erntehelfer schmälern. Außerdem dürfen EU-Ausländer in den genannten Ländern länger arbeiten als in Deutschland.

    Dennoch sind in der Saison 2008 laut Schönfelder immer noch 80 Prozent der Erntehelfer aus Polen. Der Rest kommt hauptsächlich aus Rumänien. „Auch Bulgaren dürften mittlerweile hier arbeiten, aber wir haben noch mit keinem einzigen praktische Erfahrung gemacht“, erzählt Peter Schönfelder.

    Die Erfahrungen Bürgers mit Polen und Deutschen teilt Berufskollege Leander Nöth aus Röthlein. Mehr möchte er aber – wie viele andere Spargelbauer – zu diesem heiklen Thema nicht sagen.

    Bis zu vier Monaten oder 50 Arbeitstage im Jahr darf ein Erntehelfer aus den neuen EU-Staaten maximal in Deutschland arbeiten. Ein Landwirt darf ausländische Helfer höchstens acht von zwölf Monaten im Jahr beschäftigen.

    Peter Schönfelder hat ein gewisses Verständnis für die Nöte der Landwirte. Denn die Agentur schickt fast ausschließlich Empfänger des Arbeitslosengelds II zu den Landwirten. Für die Bezieher von Arbeitslosengeld I wäre der Mindestlohn für das Spargelstechen absolut unattraktiv. Diese Arbeit gilt für diese Gruppe außerdem als nicht zumutbar.

    Keine Befürchtungen, so Schönfelder, brauchen die Landwirte übrigens vorerst bei der Kontingentierung ausländischer Arbeiter zu haben. Die liegt zur Zeit bei 90 Prozent. Vor drei Jahren noch sollte dieser Satz von Jahr zu Jahr um 15 Prozent zu Gunsten deutscher Arbeitskräfte zurückgefahren werden. Doch aufgrund der Erfahrungen seit 2005 hat die Politik die Finger davon gelassen und das Kontingent für ausländische Helfer erst einmal eingefroren.

    Klaus Bürgers Kontingent für seine drei Hektar Spargel sind maximal sieben Hilfskräfte. Rechnerisch müsste er erst bei mehr als zehn einen Deutschen nehmen. Weil er darauf verzichten kann („Mit deutschen Arbeitslosen gebe ich mich nicht mehr ab.“), hat er ausschließlich Polen angefordert. Sechs von ihnen erschienen, einer zog kurzentschlossen Belgien als Arbeitsplatz vor.

    Der Unterspiesheimer bezahlt seine Leute nicht nach Stunden, sondern nach dem Gewicht des gestochenen Spargels. Bei 60 Cent pro Kilo kann ein tüchtiger Spargelstecher deutlich mehr verdienen als den Mindestlohn. Und Bürger ist großzügig: Er rechnet mit den Polen das gesamte Gewicht der Ernte, also einschließlich des Abschnitts, ab. Der Abschnitt kann bis zu 25 Prozent des Gesamtgewichts betragen. Nicht alle unter Bürgers Kollegen verfahren so.

    Nach wie vor ist der Spargelbauer mit der Leistung der Leute zufrieden. Doch auch die Polen haben ihre Tricks. „Neulich kam einer und erzählte mir, ein Kollege würde 70 Cent fürs Kilo zahlen“, berichtet Bürger. Erst die Rückfrage habe ergeben, dass der Kollege auch nur 60 Cent zahlt.

    Mit Rumänen hat Bürger übrigens noch keine Erfahrung. „Ich habe gehört, dass sich Polen und Rumänen nicht besonders vertragen, deswegen bleibe ich lieber bei den Polen.“

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