Gegen den Gesundheitspark prozessiert ein vermögender Nachbar. Umstritten ist er auch politisch – aus Sicht seiner Gegner viel zu groß angelegt und schädlich für die Innenstadt-Praxen und Apotheken. Das Alte Krankenhaus muss laut Stadtratsbeschluss dem Gesundheitspark weichen – die Grünen wollen es wegen seines architektonischen Seltenheitswertes erhalten und haben ein Bürgerbegehren initiiert. Vereine und Schulen mussten und müssen aus dem Bau ausziehen – aber eine radiologische Privatpraxis, eine Millionen-Investition, hat nur eineinhalb Jahre vor dem geplanten Abriss neu eröffnet.
Zweifel an der Wirtschaftlichkeit
All das vermengt sich in den Augen der Kritiker zu einer einzigen Merkwürdigkeit und löst Spekulationen aus, die es längst in den OB-Wahlkampf geschafft haben. Jüngst, bei einer Podiumsdiskussion im Brauhaus, zweifelten Stefan Labus (Schweinfurter Liste) und Marc-Dominic Boberg (Grüne) öffentlich die Wirtschaftlichkeit der neu eröffneten Radiologischen Praxis Dr. Lorenz Jäger im Untergeschoss an. Mindestens eine Million Euro müsste da investiert worden sein, was sich nie und nimmer rechnen könne, schreibt beispielsweise Boberg auch in einer Pressemitteilung. Labus sprach seine Mitbewerberin um den OB-Sessel, Christiane Michal-Zaiser, als Leopoldina-Aufsichtsrätin direkt darauf an. Der Radiologe habe privat investiert, erwiderte die proschweinfurt-Kandidatin, das dürfe er ja, mehr wisse sie nicht.
Eine Spekulationen lautet: Die Investition des Radiologen Jäger in ein Krankenhaus, das in 17 Monaten abgerissen wird, ist so unwirtschaftlich, dass dahinter das Leo selbst oder eine andere Investorengruppe stecken muss. Er selbst habe rund eine Million investiert, sagt dazu Jäger, und er betreibe die Praxis alleine. Er führt bereits eine privatärztliche Radiologie-Praxis in Saarbrücken und seit einer guten Woche die in Schweinfurt – ebenfalls privatärztlich. Kassenzulassung hat er dafür nicht. Seine Kundschaft sind Privatpatienten oder Selbstzahler.
Mindestens fünf Praxen führe der Radiologe und Privatdozent, behauptet dagegen ein Informant. Jäger dementiert: Es sind nur zwei – in Saarbrücken und Schweinfurt. Die Praxis in Garmisch-Partenkirchen, die als Internet-Auftritt noch existiert, gebe es nicht mehr.
Wie kommt Dr. Lorenz Jäger ausgerechnet auf Schweinfurt? Er ist in Würzburg aufgewachsen, hat dort studiert und die ersten Jahre seiner akademischen Tätigkeit verbracht, „Unterfranken ist meine Heimat“, sagt er. Aber im Gegensatz zu Würzburg, wo schon mehrere Radiologen zu Hause seien, gebe es in Schweinfurt bisher nur eine einzige Praxis, „eine ideale Situation, um Konkurrenz aufzubauen“.
„Leopoldina“-Teppichboden
Dass für den relativ kurzen Aufenthalt im Alten Krankenhaus „natürlich Mehrkosten anfallen“, räumt Jäger ein. „Aber die Frage ist doch, wann hat man Zeit und kann seine Kräfte dafür einsetzen?“ Jetzt hatte er offenbar Zeit dafür. Wie aber schafft er es, zwei Praxen gleichzeitig zu betreiben? Die in Schweinfurt müsse erst anlaufen, Termine würden sinnvoll zusammengelegt. Außerdem gebe es das Internet, über das er jederzeit mit dem Saarbrücker Kollegen auch in Schweinfurt kommunizieren könne, so Jäger.
Hat das Leopoldina-Krankenhaus irgendwie mitgemischt? Ist es gar beteiligt an der zweiten Radiologie-Ansiedlung innerhalb der Stadt? Wer die Jäger-Praxis im Untergeschoss des Alten Krankenhauses betritt, könnte durchaus den Eindruck gewinnen. Auf dem orangefarbigen Teppichboden im Flur prangt – wie oben im Krankenhaus – der Namenszug „Leopoldina“. In diesen Räumen residierte bis vor einem knappen Jahr noch die Leo-Krankenpflegeschule, die aber ausgelagert wurde, bis der Gesundheitspark fertig ist. Jäger belegt auch nur die eine Hälfte im Untergeschoss, die andere Seite wird vom Leo weitergenutzt für den Schreibdienst, was wiederum den Leopoldina-Teppich erklärt. Auch die Schmerztherapie und die psychiatrische Institutsambulanz haben im Übrigen im Altgebäude eine vorübergehende Bleibe gefunden, weil im Leopoldina wegen Brandschutzumbauten derzeit kein Platz dafür ist.
An der Ansiedlung der Dr. Jäger-Radiologie sei das Krankenhaus nicht beteiligt sei, versichert Geschäftsführer Adrian Schmuker. Er habe „mit Sicherheit nicht das Geld, einer Praxis die Geräteausstattung zu finanzieren“, teilt er schriftlich mit. Es liege allein in der Verantwortung des Praxisbetreibers, ob er sich zutraut, die Investitionen zu finanzieren. Nach seinem Wissen werde die gesamte Praxisausstattung und Technik in den neuen Gesundheitspark umziehen, sobald der erste Bauabschnitt bezugsfertig ist. Dem Vernehmen nach soll das im August 2011 der Fall sein. Dann soll auch die Hans-Weinberger-Akademie umziehen, die unter anderem Physiotherapeuten ausbildet und noch im Alten Krankenhaus untergebracht ist.
„Noch Leichen im Keller“
Was die Zusammenarbeit mit der bislang einzigen Radiologie-Praxis Professor Friedrich betrifft, schreibt Schmuker ohne Umschweife, „dass wir sehr unzufrieden mit der jetzigen Situation sind und den Vertrag kündigen wollen“. Wie berichtet, ist das „Leo“ durch einen langfristigen Vertrag gebunden, all seine stationären Patienten an diese Praxis zu überweisen. Dem Vernehmen nach läuft am Landgericht in diesem Punkt bereits eine Auseinandersetzung.
Das Ziel ist laut Schmuker, ein eigenes MRT (Gerät zur Magnetresonanztomografie) im Leopoldina-Krankenhaus unter eigener Verantwortung zu betreiben. Das sei aber „ein anderes Thema und hat nichts mit der neuen Praxis zu tun, die wäre uns hier auch nicht hilfreich“. Das Leopoldina begrüße allerdings „sehr die Ansiedlung von Herrn Dr. Jäger insbesondere als Mieter und fester Bestandteil des neuen Gesundheitsparks, um auf lange Sicht eine breite diagnostische Versorgung dort anbieten und den Gesundheitspark attraktiv gestalten zu können“.
Jüngst erst hatte das Landgericht Schweinfurt einen Antrag der Praxis Prof. Friedrich auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Ansiedlung der neuen Praxis Dr. Jäger zurückgewiesen. Tenor des Beschlusses: Es gibt keinen Gebietsschutz für Radiologen vor Konkurrenz.
Der orangefarbene „Leopoldina“-Teppichboden in der Radiologie eignet sich kaum, eine geschäftliche Verbindung zwischen Schmuker und Jäger herzuleiten. Über den ansehnlichen Bodenbelag marschierten schon die Leo-Krankenpflegeschüler, er wurde übernommen. „Das wird noch eine lustige Geschichte, da liegen noch Leichen im Keller“, hatte Boberg eben bei einer Pressekonferenz zum Thema Leopoldina, Radiologie, Altes Krankenhaus behauptet. Er muss sie nur noch finden.