Und wieder klingelt das Telefon bei Jörg Rosa, Geschäftsführer der Stepf Tabakwaren. Ein älterer Mann ist am Apparat und versteht die Welt nicht mehr. Plötzlich spucke der Automat keine Zigaretten mehr aus. Rosa erklärt was zu tun ist, weist den Mann darauf hin, dass er nun eine Bankkarte braucht, auf der ein Altersmerkmal gespeichert ist.
Während Nichtraucher die Aufregung um die "neuen" Zigarettenautomaten nicht verstehen, sie als positives Zeichen im Kampf gegen den Glimmstengel werten, fühlen sich Raucher bevormundet. So auch Verena G. aus Schweinfurt. Sie ist weit über 18 Jahre und besitzt eine gültige EC-Karte - wie sie glaubhaft vor dem Zigarettenautomaten versichert. Trotzdem schaut die 31-Jährige beim Kauf in die Röhre, denn das Jugendschutzmerkmal ist auf ihrer Karte nicht vermerkt.
"Alles was neu ist, erscheint erstmal fremd", erklärt Rosa die Unsicherheit vieler Raucher. In den vergangenen zwei Jahren rüstete er seine 1000 Automaten im Landkreis und die etwa 150 Automaten in der Stadt auf. Kosten für den Einbau des Kartenlesegerätes und die Umstellung: 500 Euro pro Gerät.
70 Prozent weniger Umsatz
Hinzu kommen nun erhebliche Umsatzeinbußen, "in der ersten Januar-Woche waren es fast 70 Prozent". Doch Rosa denkt positiv: "Der Automat wird wieder an Bedeutung gewinnen." Ziel sei nämlich ein bequemes und bargeldloses Einkaufen dank des aufgeladenen goldenen Chips auf der Bankkarte: "Karte rein, Zigaretten raus." Hinzu kommt - da stimmt ihm Klaus Müller-Wolf (Wolf-Tabakwaren) aus Gerolzhofen zu: "Der Automat ist der sicherste Verkäufer in Bezug auf den Jugendschutz." Auch Müller-Wolf, der im Verbreitungsgebiet Franken insgesamt 5000 Automaten bedient, sieht momentan eine sehr rückläufige Tendenz. Zahlen will er noch keine nennen: "Viele Raucher haben sich erst jetzt eine neue Bankkarte bestellt und überbrücken die Zeit."
Des einen Leid ist des anderen Freud: Schweinfurter Tabak-Geschäfte, Supermärkte und auch Tankstellen verzeichnen derzeit ein Plus im Verkauf von Glimmstengeln. "Oft haben unsere Kunden die vier Euro noch in der Hand, die eigentlich für den Automaten bestimmt waren", sagt Anne-Marie Heusinger von der Tabak-Boutique in der Markthalle. Besonders ältere Leute kämen mit dem neuen System nicht zurecht.
Zigaretten an der Tankstelle
Den gestiegenen Umsatz hat auch Maria Schmich aus dem Geschäft City-Tabak am Roßmarkt bemerkt: "Allerdings müssen wir unsere Kunden vermehrt nach dem Alter fragen. Denn Jugendliche unter 16 Jahren, die vorher problemlos am Automaten Zigaretten ziehen konnten, versuchen es nun bei uns." Schmich glaubt nicht daran, dass die neuen Automaten die Jugend vom Rauchen abhalten werden.
Über einen Anstieg des Zigarettenverkaufs freut sich auch Sieglinde Schmitt von der Esso-Tankstelle in der Landwehr-Straße: "Unsere Kassen quellen vor Kleingeld schon fast über." Ebenso an der Agip-Service-Station in der Ignaz-Schön-Straße. "Es werden erheblich mehr Zigaretten an der Tankstelle gekauft und die Leute schimpfen über die Automaten", so Antje Mühlbauer.
Auch bei den Banken herrscht Hochkonjunktur: So hat sich die 18-jährige Theresa gerade eine neue Karte bestellt. "Mit meiner hat es am Automaten nicht geklappt", sagt sie etwas genervt. Während das Altersmerkmal bei einigen Kreditinstituten schon seit längerer Zeit umgesetzt ist, gibt es Banken, die noch nicht entschieden haben, ob es überhaupt eingeführt wird. Dennoch existiert eine zweite Möglichkeit: Der EU-Führerschein. Denn auch mit diesem ist das Zigaretten-Ziehen möglich.
Für Kneipen und Restaurant-Betreiber mit einem hauseigenem Automaten hat der Bundesverband die so genannte "Ziggi-Card" ausgegeben, eine Checkkarte mit aufgeprägtem Jugendschutzmerkmal. Sie kann vom Besitzer an den rauchenden Gast ausgegeben werden.